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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischnapping
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zuwerfen, aber keiner von uns hat das je getan, oder?
Das heißt, keiner außer Gutmensch Parker, und der saß immer da, in seinen
Pantoffeln, lutschte an seinem Kuli, ganz aufgeblasen von seiner eigenen
Herzensgüte. Diese Pantoffeln waren ein weiterer Punkt, schauderhafte Dinger
mit Rundnase und Schottenmuster, die Dudelsackmusik spielten, wenn man am
Bommel zog. Dann kamen die morgendlichen Stretchübungen, die er an der
Küchentrennwand absolvierte, wobei er versuchte, das Wohnmobil umzukippen und
gleichzeitig meinen Kaffee zu trinken. Anschließend fing das Gesumme an. Im
Bungalow war es mir nicht sonderlich aufgefallen, aber im Wohnmobil verfolgte
es dich überall. Es hatte keine Melodie, jedenfalls keine, die ich erkennen
konnte, es war einfach da, wie ein Furz, der nicht verfliegen wollte, den alle
ignorieren mussten. Robin summte beim Zeitunglesen, er summte beim Spülen, und,
was am schlimmsten war, er summte auf dem Chemieklo. Auf derart kleinem Raum
hältst du dich bei so was bedeckt. Aber dieser Robin hätte genauso gut die Tür
auflassen und Eintrittskarten verkaufen können. Schon bald bohrte es sich in
meinen Kopf. Schon bald hörte ich es sogar, wenn er nicht summte.
    Am Nachmittag des Regentages wurde ich langsam unruhig.
Es sah nicht danach aus, dass der Regen aufhören würde. Ich wollte trotzdem
raus, aber Robin hatte eine bessere Idee. Audrey hatte so einen kleinen
versilberten Pokal ganz hinten im Geschirrschrank gefunden, so einen, wie sie
Kindern an Schulsporttagen verliehen werden.
    »Wie wär's, wenn wir ein richtiges Scrabble-Turnier veranstalten«,
sagte Robin, »den Rest des Tages. Wer die meisten Punkte erzielt, kriegt den
Pokal.«
    Es war eine bescheuerte Idee, aber so eingesperrt, wie wir
im Wohnmobil waren, stürzten wir uns begeistert darauf. Wir beschlossen, eine
richtig große Sache draus zu machen. Wir warfen uns in Schale. Ich trug meinen
besten Blazer mit Messingknöpfen. Robin kramte diesen Smoking mit Quasten
hervor. Audrey zog ihre grün-orange karierte Lieblingsgolfjacke mit Fliege an,
polierte den Pokal und förderte eine Dose Kekse zutage. Carol hatte ihre weiße
Schlaghose und eine Bluse mit Kordelzug an. Ich entkorkte zwei Flaschen Wein,
während Carol eine Punktetabelle für alle geplanten Partien anfertigte. Runde
eins: ich gegen Carol, Audrey gegen Robin; Runde zwei: Robin gegen Carol, ich
gegen Audrey; Runde drei: Carol gegen Audrey und schließlich ich gegen Robin.
Es konnte losgehen.
    Die ersten Spiele liefen wie erwartet. Ich schlug Carol,
Robin schlug Audrey. Es war spaßig, wie wir um den Tisch saßen,
Schokoladenkekse mampften, Wein tranken, über Audreys Rechtschreibung lachten.
Vielleicht, dachte ich, hatte sie ja doch recht mit diesem Quatsch von wegen Beziehungen
vertiefen. In der nächsten Runde schlug Robin Carol, und ich schlug Audrey.
Auch das war keine Überraschung. Inzwischen war es sechs Uhr. Wir legten eine
Pause ein für Würstchen mit gebackenen Bohnen, während der Regen aufs Dach
hämmerte, als wollte er reingelassen werden. Was kümmerte es uns? Ich öffnete
noch eine Flasche Wein für die Kinder und holte für Audrey und mich was
Anständiges hervor. Sobald alle wieder versorgt waren, setzten wir uns für die
letzten zwei Partien hin, Audrey gegen Carol und ich gegen Robin. Den Mädchen
ging es darum, sich zu amüsieren. Sie hatten sowieso keine Chance, den Pokal zu
gewinnen. Aber Robin und ich? Wir lagen punktemäßig dichter beieinander als erwartet.
    Der erste Aufreger kam, als Audrey Carol schlug. Das war
wie ein Omen, wie eine Vorbereitung, Audrey und ich gegen Carol und Robin, die
Oldies gegen die Youngster, die Beschränkten gegen die Allwissenden. Vielleicht
hatte es gar nichts damit zu tun, aber kaum hatte ich mich Robin
gegenübergesetzt und er zupfte sich am Bart, als wäre es eine ausgemachte
Sache, wusste ich, dass ich eine Chance hatte. Wie gesagt, ich hatte in den
ersten beiden Runden gut abgeschnitten, fast so viele Punkte erzielt wie er.
Aber das war es nicht. Es war vielmehr so, dass ich im Laufe der Wochen Fortschritte
gemacht, darüber nachgedacht, den Spielverlauf beobachtet hatte. Ich hatte mir
auch so ein kleines Handbuch gekauft, 100 ultimative
Scrabble-Tipps, und drin rumgelesen, wenn ich im Vanden Pias saß
und auf die nächste Tour wartete. Jetzt hatte ich das Gefühl, dass meine große
Stunde gekommen war. Inzwischen spürte ich den Scotch, und von Anfang an, vom
ersten Wort an, das ich aufs Brett legte - WILDFANG

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