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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischnapping
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aber als dann die Kinder da
waren, fand ich es irgendwie nicht mehr in Ordnung, mein neues Leben so
herauszustellen, während Robin in einer Urne auf dem Kaminsims steckte.«
    Ich schaute zu Torvill rüber. Ich wusste, wie sie sich
fühlte. »Es mag komisch klingen, Carol, aber das ist vielleicht der beste
Platz für ihn, wo seine Mum ihn jeden Tag sehen kann.«
    Sie putzte sich die Nase. »Komisch, dass sein Scrabble-Set
nie gefunden wurde. Ich hätte es gern als Andenken behalten.«
    Ich beugte mich vor, schob das Wörterbuch zwischen die
Polster. Aus den Augen, aus dem Sinn. »Ja, seltsam, nicht? Es muss ihm aus der
Tasche gefallen sein. Er ist auf dem Weg nach unten ja doch ganz schön
rumgepurzelt.«
    Sie fing an zu weinen.
    »Na, na, Kleines. Ich bin sicher, er hat nichts gespürt,
zumindest nach dem ersten Aufprall mit dem Kopf.«
    »Deshalb wein ich nicht, sondern wegen dem Haus hier. Hier
ist rein gar nichts mehr von mir, Dad. Ich hab die ersten sechzehn Jahre
meines Lebens hier verbracht, und es ist so, als hätte ich nie existiert,
nichts, nicht mal ein Foto.«
    Sie hatte recht. Ich hatte das Gleiche empfunden, als ich
zurückkam. Wir hatten also doch einen Draht zueinander, ein Gefühl für dieses
Haus. Ich war fast froh, dass sie da war.
    »Weißt du, mir ist es genauso ergangen, als ich nach vier Jahren
Gefängnis zurückkam und unser Haus so vorfand. Deine Mum hat alles ausgemistet,
als sie abgehauen ist, um mit dieser Frau neu anzufangen. Deine Sachen, meine,
alles. Aber es sind zum Glück noch jede Menge Kisten und Zeug in der Garage.
Dein alter Schlitten, den Kim und ich für dich gebaut haben, die Blechtrommel,
mit der du uns allen immer den letzten Nerv geraubt hast, alles Mögliche.
    Ich wette, da ist auch noch irgendwo das Foto von dir mit
meiner Chauffeursmütze auf dem Kopf. Weißt du noch? Ich wollte das alles an
diesem Wochenende mal durchgehen, nachsehen, was noch da ist, das eine oder
andere runterholen, an die Wand hängen, auf den Kaminsims stellen, was weiß
ich, wie ... wie eine Art Ausstellung von Dingen aus unserer Vergangenheit,
sozusagen eingelegt in Erinnerung.« Gott, wie kam ich bloß auf so was?
Manchmal läuft es einfach besser, als du für möglich gehalten hättest. Carols
Unterlippe bebte.
    »Das wäre schön«, sagte sie und wischte sich die Augen.
»Weißt du, wenn ich wirklich geglaubt hätte, dass du es nicht warst ... ich
meine, was meinst du, warum ich so Knall auf Fall mit Bruno abgehauen bin?«
    Ich tätschelte ihr Knie. »Schon gut. Ich muss dich wohl
einfach vom Gegenteil überzeugen, was? Ich weiß nur nicht, wie, außer
vielleicht, ich gehe ins Jenseits und hole Robin zurück. Wenn ich das könnte,
würde ich es tun.«
    »Ehrlich?« Ihre Augen waren ganz groß und feucht.
    »Natürlich. Im Moment bin ich etwas durch den Wind,
Kleines. Ich versuche, wieder ins Lot zu kommen, mit dir, mit den Leuten im
Dorf, sogar mit den Fischen. Erinnerst du dich an Torvill?« Ich deutete auf den
Kaminsims. Ihrer Miene nach zu urteilen freute sie sich wirklich, dass Carol
zurück war. »Schon gut. Komm, wir drehen eine Runde durch den Garten, machen
eine kleine Nachtwanderung. Ich bin dabei, den Teich neu anzulegen, mit
Fischen, einem Wasserfall und allem, was dazugehört. Er wird noch besser als
der alte. Komm und schau ihn dir an.«
    Wir gingen hinaus in den abendlichen Garten. Es war
wesentlich besser gelaufen, als ich es für möglich gehalten hatte. Herrje, sie
hatte sogar eine Hand auf meinem Arm. Was dachte sie wirklich? Dass ich den
guten alten Robin um die Ecke gebracht hatte, aber es vielleicht keine Rolle
mehr spielte? Der Mond war aufgegangen, beschien die Nymphe. Sie mochte ja aus
Stein sein, aber mein lieber Scholli, was für eine Figur.
    »Schön, nicht?«, sagte ich. »Warte mal, bis ich erst Karpfen
drin habe.«
    Carol blickte einen Moment lang wie gebannt. »Was ist das
da?«
    »Das ist die Nymphe. An die musst du dich doch erinnern.
Mum hat sie immer zugehängt, wenn sie morgens ihren Kaffee trank.«
    »Nicht die, Dad. Das da.«
    »Ach das. Das ist mein Hai. Meine erste Skulptur. Wie
findest du ihn? Ich spiele mit dem Gedanken, so was profimäßig zu machen.«
    »Was macht der da?«
    »Was meinst du?«
    »Er greift ihr Bein an, Dad! Ich fass es nicht, du hast einen
Hai gemacht, der ihr das rechte Bein abbeißt. Hast du denn überhaupt kein
Gefühl?«
    Sie gab mir einen Stoß und stapfte davon.
    Ich ging zu der Nymphe, tätschelte ihr den Kopf.
    »Also

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