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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischnapping
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stand auf dem Schild:
    ZU VERKAUFEN
    1 preisgünstiger Fisch
    £ 250
    Ich stellte mich auf die Straße und begutachtete mein Werk.
Ich fand, der Fisch sah echt gut aus, richtig sexy, trotz Bauch, aber irgendwas
fehlte noch.
    Unter den Preis fügte ich in Großbuchstaben EIGENHÄNDIGE
ARBEIT DES KÜNSTLERS hinzu, nur um auf die Tatsache aufmerksam zu machen, dass
ich im Unterschied zu EH (Eumel Hirst) die Arbeit nicht anderen überlassen
hatte. Ich weiß, ich weiß, die gute Alice hatte mir bei den Mustern und so
geholfen, aber Sie verstehen, was ich meine. Ich stand gerade wieder auf der
Straße, um die Rechtschreibung zu überprüfen, als ein Pärchen auf mich zukam.
Urlauber, zwei Tage, ihrer fleckigen Hautfarbe nach zu urteilen. Sie hatte
ausgebeulte Kakishorts an und ein grünes Top mit Spaghettiträgern über
sommersprossigen Schultern. Er trug eins von diesen tuntigen rosa Jachthemden,
eine affige weiße Hose, hatte die Hände in den Taschen, als täte er uns allen
einen Riesengefallen, dass er da war. Unter den Arm hatte er eine aufgerollte
Zeitung geklemmt. Sie trug ein Buch. Ich habe das nie kapiert, das Bedürfnis,
am Strand zu lesen. Erstens einmal sind Strände nicht dafür geschaffen.
Entweder du liegst auf dem Rücken, hältst das Buch über den Kopf und musst in
die Sonne blinzeln, oder du bist gezwungen, auf dem Bauch zu liegen und dich
auf die Ellbogen zu stützen. Beide Positionen sind denkbar unbequem für die
Arme. Du könntest dir eine Liege mieten und in einer geraden Linie zwischen all
den anderen Deppen sitzen, die aussehen wie entkleidete Golfer auf einer
Krankenhausstation, aber dann könntest du genauso gut dem Leben endgültig Adieu
sagen, nach Hause gehen, dir die Kugel geben und so die Welt für uns Übrige
erträglicher machen. Außerdem vernachlässigst du die drei Hauptgründe, warum du
überhaupt am Strand bist, nämlich: 1. Rausch ausschlafen, 2. braun werden und
3. die Bräute im Angebot begutachten, die genau wie du kräftig mit Nummer 1 und
2 zugange sind. Vollzeitbeschäftigungen, da werden Sie mir zustimmen.
    Der Typ trat neben mich, betrachtete den Fisch. Er fing
an, mit dem Kopf zu nicken. Der Koi sprach zu ihm. Auch ich konnte ihn hören.
    »Das ist sehr wahr«, sagte er nach einer Weile.
    »Was?«
    Er deutete auf das Schild. »Dass Kunst Arbeit ist, eigenhändige
Arbeit des Künstlers. Getränkt von Blut, Schweiß und Tränen. Geprägt von seiner
Handschrift. Sind Sie in diesem Fall der fragliche Künstler?«
    Ich hätte beinahe Ja gesagt, aber ich sah aus dem Augenwinkel,
wie er mich musterte, mich taxierte. Er glaubte nicht, dass ich das Zeug zum
Künstler hatte, das merkte ich ihm an. Was ich machte, konnte nichts taugen. Er
würde mir ein ordentliches Trinkgeld geben, wenn ich ihn jeden
Donnerstagnachmittag auf eine flotte Nummer zu seiner Geliebten kutschieren
würde, aber für so was hier würde er kein anständiges Geld hinblättern.
Jedenfalls nicht mir. Ich passte nicht ins Künstlerbild, nicht in seins.
    »Was, ich? Aber nein, nicht doch. Ich bin bloß sein Händler.
Der Künstler heißt Blind Lionel, früher mal Wools führender Unisex-Friseur.
Bemerkenswert, nicht?«
    Die Frau murmelte zustimmend.
    »Ist er völlig blind?«
    »Kommt drauf an. Wenn er Haare bearbeitet oder Holzstücke
wie das da vor Ihnen, hat er den sechsten Sinn, ein räumliches
Vorstellungsvermögen, das ihn lenkt. Er kann die Form des Fisches sehen, die Form des Kopfes, obwohl er gar nichts sieht.
Seine Hände folgen einfach, wie ein Laserstrahl. Kettensäge, Schere, spielt
keine Rolle. Ansonsten ist er so blind, wie sein Stock weiß ist.«
    »Faszinierend. Und ist das das einzige Stück, das er ausstellt?«
    »Im Augenblick ja. Die Nachfrage ist diese Saison so groß,
er kommt kaum nach. Aber Ende der Woche hat er sicher wieder zwei fertig. Er
hat sich auf Kois und Haie spezialisiert, aber er macht mit Vergnügen auch
andere Fische, wenn Sie eine bestimmte Vorliebe haben. Seebarben, Gründlinge,
er hat sie alle drauf. Wenn Sie zwei kaufen, gibt's obendrein noch einen
Gratishaarschnitt.«
    Ich entfernte mich. Sie tuschelten, dann dankten sie mir
und gingen. Scheißspießer. Trotzdem, Blind Lionel zu überreden, als mein
Strohmann zu fungieren, war gar keine so schlechte Idee. Er würde mitmachen,
wenn dabei Kohle für ihn raussprang. Er freute sich über jede sich bietende
Gelegenheit, andere mit seinem Leiden übers Ohr zu hauen. Außerdem, auch wenn
ich den Fisch nicht verkauft hatte, in

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