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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cliffhanger
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einem Fluss, dessen Farbe an Durchfall erinnerte. Überhaupt,
fehlte der Sphinx nicht die Nase? Wieso sollte ich den Nil runterschippern, nur
um jemanden anzuglotzen, dem das halbe Gesicht abhandengekommen war? Ich
hatte schon eine Nymphe ohne Kniescheibe, und das reichte mir an Entstellungen.
Ich kapier das nicht, so viel Tamtam wegen ein paar Ruinen - nichts als Schutt unter
einem anderen Namen. Die Schweiz, das war schon besser, alles sauber und
ordentlich und tipptopp in Schuss; Spieldosen in Form von Sennhütten, Kühe mit
Glocken dran, Wanderungen über blumenübersäte Wiesen und malerische Bergpfade.
    Gar keine schlechte Idee.
    Iss war noch nicht da. Ich schloss die Wohnwagentür auf
und öffnete das große vordere Fenster. Der letzte Hauch von Mirandas Parfüm
musste zwar längst verflogen sein, aber ich wollte kein Risiko eingehen. Ich
suchte auch nach anderen Spuren, Zigarettenstummel mit einem Fleck von ihrem
Lippenstift am Filter, eine von ihren Promizeitschriften, die sie manchmal
mitbrachte und auf denen sie den Stars, die sie nicht ausstehen konnte, einen
Schnurrbart verpasste, solche Sachen, aber es war so sauber wie im Vanden Pias.
So hab ich es gern, der Wohnwagen, das Taxi, alles picobello. So hätte ich den
Bungalow auch gern, aber solange Audrey drin war, konnte ich eher ein Segel
aufs Dach montieren und mit dem ganzen Haus rüber nach Cherbourg kreuzen. Sie
hängt ja nicht mal die richtigen Handtücher ins richtige Bad, die rosa
Handtücher ins rosa Bad und die blauen Handtücher ins blaue. »Na und?«, sagt
sie, wenn ich mich beschwere. »Es sind Handtücher, oder? Demnächst verlangst
du noch von mir, in der richtigen Farbe zu pinkeln.« Farbkoordination. Nicht
ihre starke Seite, außer bei Braun.
    Iss erschien ganz kurz nach mir, ihr kleiner Fiat holperte
über den Weg wie ein Sack Kartoffeln. Sie brachte ihn mit einem Schwenk zum
Stehen und kam herübergeeilt. Sie hatte sich gut gehalten über die Jahre, mit
ihrem dunklen Bubikopf und den tiefliegenden Augen und der Taille, die nicht
viel anders war als zwanzig Jahre zuvor, aber dennoch, der Tratsch, die
Trennung von Ted, die leeren alkoholgetränkten Tage, das alles kam über ihre
Haut zum Vorschein. Auf ihren Schultern lag eine Last, ihre Haut hatte eine
blässlich graue Farbe, und ihre Augen waren rot unterlaufen, doch trotz
alledem strahlte sie eine Entschlossenheit aus, die Sache durchzustehen, um
jeden Preis. Das merkte man schon an dem Schwung, mit dem sie die Tür aufriss.
    »Iss«, sagte ich, als sie hereinkam, »ist das klug, uns
hier zu treffen?«
    »Ist doch egal«, sagte sie. »Raus damit.«
    »Womit?«
    »Der Ruck am Lenkrad. Ich kenne deine kleinen Marotten,
Al, wie du fährst. Das machst du, wenn du beunruhigt bist. Das hast du auch
gemacht, als ich dir damals erzählt hab, dass ich schwanger bin. Da wusste ich,
dass ich recht hatte, bei Ted zu bleiben. Und gestern hast du es wieder
gemacht, als Ted den gelben Regenmantel erwähnt hat, den Mimi anhatte. Also,
was ist los? Hast du sie gesehen?«
    Im Ernst, wie unfair kann das Leben sein? Ich hatte gedacht,
ich hätte alles bedacht - die Gattin, der Unfall, die sichere Route zurück nach
Hause -, und vierundzwanzig Stunden später zeigen alle mit dem Finger auf mich.
    »Ganz und gar nicht, Iss. Audrey hat bloß den gleichen
Regenmantel.«
    »Und?«
    Ich holte tief Luft. Ich durfte jetzt keinen Fehler
machen. »Sie ist an dem Nachmittag draußen gewesen. Ganz kurz. Bei Kim.«
    »Bei Kim? Weshalb denn das?«
    »Um sich was zum Kochen auszuborgen.«
    »Von Kim Stokie?«
    »Genauer gesagt, von Gaynor.«
    »Von der einzigen Frau in der Straße, die niemanden ins
Haus lässt? Klingt ganz schön verzweifelt.«
    »Ist es auch. Also, sie wollte nichts zum Kochen. Sie
wollte was zu trinken. Whisky.«
    »Whisky?«
    »Whisky. Sie ist in letzter Zeit nicht gut dabei, Audrey,
alkoholmäßig.«
    »Und das war der Grund? Weil sie draußen war, um beim
Nachbarn was zum Saufen zu schnorren? Deshalb der Ruck am Lenkrad?«
    »Ich mach mir Sorgen um sie, Iss. Wir kommen nicht mehr
miteinander klar.«
    Iss lachte, ein bitteres Aufstoßen.
    »Al Greenwood macht sich Sorgen um seine Frau. Na, du
zeigst ja auf einmal ganz neue Seiten. Also, sie ist los, den Whisky besorgen,
und was dann?«
    »Sie ist zurückgekommen.«
    »Wie lange war sie weg?«
    »Iss, ich hab nicht drauf geachtet. Ich hatte mich aufs
Ohr gelegt.«
    »Du glaubst also, sie
ist nur rasch rüber zu den Stokies, aber sie könnte auch

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