Birne sucht Helene
sterben.«
Eli war nie bewusst gewesen, wie wichtig ihrer Mutter das Thema war. Sie hatte es immer als typischen Mutterwunsch abgetan, den sie äußern musste, so wie das Krümelmonster nun mal nach Keksen schrie. Jetzt ergriff Eli ihre Hand.
»Aber, Mama. Ich kann noch keinen Mann heiraten, den ich nicht liebe, nur um dich glücklich zu machen. Sosehr ich mir auch wünsche, dass du … stolz auf mich bist.«
»Aber das bin ich doch, Kind. Immer gewesen. Was meinst du, was ich von dir alles beim Kaffeekränzchen erzähle?«
Eli musste lachen. »Was gibt es da schon groß zu berichten? Buchhändlerin, unverheiratet, lebt in einer zugigen Altbauwohnung mit klemmendem Badezimmerfenster.«
»Red doch keinen Blödsinn.« Ihre Mutter setzte sich auf, was ihr merklich Schmerzen bereitete. »Du bist genau das geworden, was du immer werden wolltest. Bücher waren schon dein Liebstes, als du noch ein kleines Kind warst. Selbst als du noch gar nicht lesen konntest. Du bist deinen Weg gegangen, ohne dich ablenken zu lassen. Während die Kinder der anderen Mütter noch zu Hause wohnten, standest du schon auf eigenen Füßen. Ich hätte dich gern länger bei mir gehabt, aber ich war auch so stolz, was du alles geschafft hast, ganz allein, auch deine Ausbildung. Komm her, mein Mädchen.«
Sie nahm Elis Kopf und drückte ihr einen dicken Schmatzer auf die Stirn. Eli blickte schnell zum Fenster hinaus, damit ihre Mutter die Tränen in ihren Augen nicht sah.
»Ich werde dich nicht mehr hetzen. Das verspreche ich dir. Du machst das schon, das weiß ich ja auch. Ich will doch nur, dass du glücklich bist. Nichts anderes, Kind.«
»Undich will, dass du ganz schnell wieder gesund wirst!« Eli musste schniefen.
»Dann musst du mir beim nächsten Mal noch mehr Pralinen mitbringen. Aber ohne Nüsse. Oder ein leckeres Stück Kuchen. Das Zeug hier im Krankenhaus kannst du nämlich nicht essen.«
Eli ärgerte sich plötzlich über sich selbst. Eigentlich war ihre Mutter gar nicht so übel. Darauf hätte sie ruhig eher kommen können.
»Weißt du was?«, schlug Eli kurzentschlossen vor. »Ich koche dir was!«
Ihre Mutter hob abwehrend die Hände und grinste verschmitzt. »Oh, Eli. Willst du etwa, dass ich nie mehr hier rauskomme?«
»Nein, das will ich nicht.«
Es war so schön, wieder mit ihr lachen zu können.
Und dafür musste sie nur von der Trittleiter fallen.
Die Asiatin war eine Chinesin, sie hieß Yu Ling und drei Wochen später war es endlich so weit. Der Frühling stürmte nach Köln wie ein ungeduldiger Liebhaber. Man konnte die sich öffnenden Blüten der Haselnusssträucher und Birken fast explodieren hören, so eilig hatten sie es. Picknickwetter.
Paul hatte die Zeit bis zum Ausflug ins Grüne nicht tatenlos verbracht. Köln war voller Kochschulen und Kochkurse – und er hatte jede freie Minute in ihnen verbracht. Sushis rollen, Tapas füllen, Cocktails mixen, Paul war mittendrin statt nur dabei. Er ging dahin, wo’s weh tat. Paul schnitt sich in die Fingerkuppen, verbrannte sich die Lippen, bekam Fettspritzer in die Augen, bekleckerte seinen halben Kleiderschrank. Doch er biss sich durch. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn ein echter Mann durfte keine Angst vor Broccoli haben! Nein, er musste ihm mutig entgegentreten und ihn nur mit einer Prise Salz und einer Handvoll gerösteter Mandelsplitter bewaffnet in die Knie zwingen. Die heimischeKüche hatte sich derweil mit jedem nur erdenklichen Kochschnickschnack gefüllt: Dampfgarer, Induktionsherd, Paco-Jet und natürlich ein massiver Holztisch, wie Jamie Oliver einen besaß. Ganz zu schweigen von Kleinigkeiten wie der Tim-Mälzer-Zange.
Paul ging noch einmal alle Speisen durch, die nun auf der Küchentheke standen, bereits ordentlich in kleine Gefäße gefüllt. Ganz links der marinierte Spargel. Der hatte viel Vitamin B 9 – was die Produktion von Histamin anregte, und das brauchten Männlein wie Weiblein, um zum Orgasmus zu gelangen. Paul hatte den Spargel mit viel Basilikum gewürzt – hervorragend gegen Kopfschmerzen. Falls Yu gerade welche hatte, was bei Frauen ja durchaus vorkommen konnte. Basilikum war außerdem gut für die Blutzirkulation und von der konnte man ja nie genug haben …
Rechts daneben: das Gericht mit Mandeln, von denen man schon in der Antike sagte, dass sie Männer wie Frauen leidenschaftlich werden ließen. Der Dichter Alexandre Dumas aß jeden Abend Mandelsuppe, bevor er seine Geliebte traf. Paul hatte die Mandeln in eine
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