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Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Titel: Bis an das Ende der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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noch nie gekonnt. Unerträglich, dieses Wissen, dass etwas, das er getan hat, den Jungen zum Weinen bringt. Dass diese ganze Unternehmung nur damit enden kann, dass der Junge weint, damit, dass der Junge traurig ist, weniger Kind als zum Zeitpunkt ihrer Abreise. Er legt dem Jungen die Hand auf die Schulter.
    Ich meine nur … ich weiß, dass es ziemlich lange her ist, aber -
    Unvermutet trüben Tränen ihm die Sicht.
    Aber du hast mir immer eine Menge bedeutet.
    Der Junge nickt.
    Das musst du mir glauben. Ich würde dir nie weh tun. Ich hab dich lieb.
    Der Junge schaut auf seine Fäuste, die auf seinen nackten Schenkeln liegen, die Finger fest um die Daumen gepresst.
    Kommst du zu mir?, fragt der Mann leise.
    Er hebt den Arm. Der Mann weiß nicht, woher er die Gewissheit nimmt, dass der Junge kommen wird, aber er kommt – rutscht über die Sitzbank, unter den erhobenen Arm des Mannes, und drückt das Gesicht an seine Brust. Der Mann senkt sein Gesicht in das Haar des Jungen und schnuppert daran, riecht seine Kopfhaut, duftend selbst durch die Gerüche von Schweiß und Angst, schön auf dieselbe Weise, auf die auch das Gesicht des Jungen unter all seinem Schmutz und Talg und Sonnenbrand immer noch schön ist, schön und weiß und rein. Er nimmt die schmale, leichte Hand des Jungen in seine.
    Und eine Weile schläft der Junge in dieser Haltung. Der Mann bleibt länger wach, kostet die Nähe aus. Nach etwa einer halben Stunde fährt der Junge hoch; als er sieht, wo er ist, macht er sich rasch los und rückt hinüber zur Tür, sein Gesicht angespannt und beleidigt.
    Hey, sagt der Mann. Der Junge verschränkt die Arme vor der Brust und starrt aus dem Fenster.
    Ist doch nichts dabei, sagt der Mann. Früher, als du klein warst, hast du auch an meiner Schulter geschlafen. Erinnerst du dich nicht?
    Der Junge schüttelt den Kopf.
     
    Aber er erinnert sich doch. Er hatte es nicht mehr gewusst, bis der Mann es gesagt hat. Er erinnert sich daran, wie der Mann an den Abenden heimkam, wie er der Mutter des Jungen einen Kuss gegeben hat, wie er mit ihnen auf der Couch vor dem Fernseher saß. Wie sie zu dritt zu Abend gegessen und dabei ferngeguckt haben. Wie er zwischen seiner Mutter und dem Mann gesessen hat. Er hört die Erwachsenen lachen. Spürt wieder den Arm des Mannes. Erinnert sich, wie er nach oben getragen wurde, wie sein Kopf leicht an den Brustkasten des Mannes stieß.
    Der Mann drückt ihn.
    Er erinnert sich an einen Gutenachtkuss.
    Denk immer dran, dass ich dich lieb hab, sagt der Mann jetzt. Es klingt, als würde er weinen.
     
    Sie essen in der Cafeteria, tiefnachts. Der Junge bestellt Pfannkuchen, und der Mann sitzt da und raucht und sieht ihm beim Essen zu. Der Junge wünscht, er würde das bleiben lassen; er möchte ein mal etwas tun können, ohne dass der Mann ihn anstarrt. Na gut, einmal hat er das ja. Er ist ohne Aufpasser in den Park gelaufen, und schon hatte er die Bescherung.
    Er schaudert und spürt, wie sein Magen Anstalten macht, ihm das Essen durch die Kehle wieder nach oben zu drücken.
    Er ist müde. Er möchte schlafen, in einem richtigen Bett schlafen. In seinem eigenen Bett bei sich zu Hause. Er möchte schlafen oder wenigstens in Ruhe sein Essen essen, aber immer wieder glaubt er den Mann mit dem Messer zu sehen, mal an einem der anderen Tische, mal zur Eingangstür hereinkommend. Und immer sitzt der Mann neben ihm und starrt und starrt. Der Mann macht sich Sorgen um ihn, das weiß der Junge, aber er mag es trotzdem nicht. Also schaut er so stur wie möglich auf seinen Teller.
    An der Wand gegenüber sitzt auch ein Junge, der frühstückt. Ein Mann ist bei ihm und schläft, den Kopf auf den Armen. Der Junge starrt ihn an, und sie beobachten einander, bis der Mann sagt: Iss langsam auf, ja? Wir müssen weiter.
    Der Junge an dem anderen Tisch senkt den Blick, als hätte er etwas gesehen, das er lieber nicht gesehen hätte.
     
    Im Wagen küsst der Mann ihn. Der Junge ist noch dabei, sich anzuschnallen, da lehnt der Mann sich herüber und gibt ihm einen Kuss auf die Backe. Es ist ein bewusst lauter, bewusst schmatzender Kuss; das Geräusch erschreckt den Jungen, hallt durch die Watteschichten in seinem Kopf.
    Der Junge biegt sich von dem Kuss weg und sieht das Lächeln des Mannes, nur Zentimeter von seinem Gesicht entfernt, riecht Kaffee und Zigaretten und den Kaugummi, den der Mann kaut, um den Geruch zu überdecken. Der Junge rückt von ihm ab, aber der Mann legt ihm seinen schweren Arm um die

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