Bis ans Ende der Welt (German Edition)
nach seinem Beruf ausfragte. Er behauptete, die göttliche Energie nur weiterzuleiten. Joanna kam weinend zu mir und beklagte sich über Elisabeth. Als ob ich Sissi böse sein könnte, keiner konnte es. Also bat ich den Heiler, ihr bei den Schme r zen zu helfen. Erstens konnte es nicht schaden, zweitens war ich neugierig, ob es funktioniert. Und in der Tat, sofort sind alle Schmerzen von Joanna abgefallen – die vom Camino und die vom Schwimmbecken. Also wiederholte ich das Exp e riment mit Monika und Lüdtke, und tatsächlich, auch hier voller Erfolg. Nun mußte ich die Mädchen wieder versöhnen. Joanna fühlte sich verletzt, und El i sabeth wies lachend alle Schuld von sich. Joanna habe sie darum gebeten, sie ins Wasser zu schubsen. Das gefiel mir genauso wenig, wie wenn sie Kälbchen mit dem Stock piekte. Es schien mir eine schattige Seite von ihr zu sein. Also wusch ich beiden den Kopf, weil sie sich zanken und amüsieren, sich um mich nicht kümmern und mir nicht helfen. Das brachte sie wieder auf Trab, und wir kon n ten endlich Einkaufen gehen. Und dort trafen wir gleich das Pärchen, dessen Kamera wir gefunden haben, und wir gaben sie ihnen zurück. Der Herr hat g e geben, der Herr hat genommen. Die arme Sissi war darüber etwas traurig, aber ich freute mich, weil das Paar ihre verliebten Fotos zurück bekam. Aber womö g lich war das wieder nur eine der Illusionen, die ich hege. Übermütig meinte ich, eine Flasche guten Rotwein und später unsere Fotos auf einer CD wären ein pa s sender Finderlohn. Froh über die Rückgabe versprach der Schwarze alles, hielt später aber nicht das Wort. Und so sind unsere verliebten Fotos verlorengega n gen. Ich hätte mir es gleich denken können.
Das Abendessen verlief dann etwas chaotisch, weil keiner so recht bei der Sache war. Erst trieben sich die Mädchen irgendwo herum, und ich mußte am gedec k ten Tisch auf sie warten. Dann war ihnen das Essen zu scharf, dann aber besa n nen sie sich wieder und lobten meine Kochkünste, als sie merkten, wieviel mir daran lag. Elisabeth war wohl traurig wegen Joanna und vielleicht auch wegen der Kamera, und Joanna war noch immer verstimmt. Die Gefühle schwankten schnell von einem Pol zum anderen. Joanna wollte plötzlich nicht mehr mit uns im Zimmer, sondern allein im Zelt schlafen. Dabei war das Zimmer schon b e zahlt. Aber sie ließ nicht locker, und Sissi, plötzlich wieder um sie besorgt, wol l te dann unbedingt bei ihr bleiben. Vermutlich aber traute sie sich wieder nicht, mit mir allein zu sein. Also ließen mich die Mädels einfach sitzen und zogen ins Zelt, wo sie sich tausend Dinge erzählten, und ich saß allein beim Wein am K a minfeuer. Das war mir ein Trost, weil ich Kaminfeuer sehr mag, und ich sah a l so dem Spiel der Flammen zu. Aber schöner wäre es bestimmt mit den Mädchen zusammen. Der Herr war heute nicht mit uns.
Conques , km 1510
Ich wartete, bis das Feuer ausging und ging schlafen. Wie üblich sicherte ich die Tür mit dem Pilgerstab, dann wickelte ich mich nackt in die frischen Laken ein und versang im Schlaf. Ausgeplündert sind die tapferen Streiter, sie sinken hin in den Schlaf; allen Helden versagen die Hände. [36] Um vier Uhr früh aber wurde die Tür geöffnet, wodurch der aus dem Gleichgewicht gebrachte Pilgerstab mit großem Krach zu Boden ging und mich wie beabsichtigt sofort weckte. Ich lugte unter den Laken hervor und sah Elisabeth kleinlaut ins Zimmer huschen. Sie vergaß, daß ich immer auf diese Weise die Tür sicherte. Nun war es ihr wohl etwas peinlich, und sie verkroch sich im Bett gegenüber unter den Decken. Es war schon merkwürdig, daß sie gerade jetzt ins Zimmer zurückkehrte. Draußen war es nicht kalt, zum Streiten unter den Mädchen wäre es sowieso viel zu spät, keine von ihnen schnarchte, und ich traute mich nicht zu glauben, Sissi wäre um diese Stunde nach Liebe schmachtend meinetwegen gekommen. Und ich hatte sie einfach zu lieb, um es unter diesen unklaren Umständen herausfinden zu wollen. Also schlief ich gleich wieder ein in den herrlich frischen Laken. Eines davon gehörte eigentlich Elisabeth, das habe ich in guter Absicht an mich g e nommen, da sie ja unbedingt im Zelt schlafen wollte, aber damit war jetzt nichts mehr zu machen.
Am Morgen war die liebe Sissi nicht aus dem Bett zu bringen. Sie schien in der Nacht nicht viel geschlafen zu haben, nun holte sie es im besten Tageslicht nach. Der Sonnenstrahl streichelte vergeblich ihre rosa Wange, mit Zureden war
Weitere Kostenlose Bücher