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Bis ans Ende des Horizonts

Bis ans Ende des Horizonts

Titel: Bis ans Ende des Horizonts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Sayer
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wie ein echter Kerl im Sitzen aussah – allenfalls einen Knöchel auf das andere Knie gelegt –, wie man korrekt, aber nonchalant salutierte und wie Männer ihre Zigarettenkippe mit Daumen und Mittelfinger wegschnippten.
    »Und eines solltest du nicht vergessen«, fügte er noch hinzu, »Männer fluchen andauernd.«
    »Scheißkerl!«, schrie sie. »Arschloch! Hurensohn!«
    »Außerdem pinkeln sie im Stehen.«
    Pearl schnaubte verächtlich. »Das kann ich ja noch üben.«
    Bevor sie das Zimmer verließ, bat sie ihn noch einmal inständig, sie zu begleiten, aber er schüttelte den Kopf und kroch wieder in sein Bett. Hier wollte er so lange wie möglich bleiben, bevor er in weniger als sechsunddreißig Stunden abreisen musste.
    Als sie schon in der Tür stand, hörte sie noch, wie Martin murmelte: »Übrigens …«
    Sie behielt den Türknauf in der Hand und drehte sich noch einmal um.
    Er starrte nach oben, als sei der Stuck an der Decke eine künstlerische Offenbarung. »Über die Buschtrommel habe ich gehört, dass Roma ein Baby bekommen hat. Einen Jungen. Mit blauen Augen. Jeder sagt, dass er mir wie aus dem Gesicht geschnitten ist.«
    Völlig überrascht öffnete Pearl den Mund, um ihn zu beglückwünschen, aber als sie seinen Gesichtsausdruck bemerkte, hielt sie inne. »Wir sehen uns später noch«, sagte sie.
    Sie hängte ein »Bitte nicht stören«-Schild an die Tür ihres Schlafzimmers, damit ihre Eltern nicht in ihr Zimmer gingen, wenn sie nach Hause zurückkehrten. Sie schlich an Lulu vorbei durch die Küche und zum Hinterausgang nach draußen. Martins Instrumentenkasten mit seinem Saxofon hatte sie dabei.
    Hinter einem Lastwagen gegenüber dem Eingang zum Trocadero verborgen fiel ihr beim Anblick des Gebäudes auf, dass sie schon lange nicht mehr wahrgenommen hatte, wie imposant und elegant zugleich diese Tanzhalle nach außen wirkte: Vom Dach stieg ein markanter Turm aus Sandstein auf, der jetzt in der Abenddämmerung von der untergehenden Sonne umrahmt war. Das Vordach mit seinen grünen und schwarzen Streifen aus Stahlblech. Die schimmernden Glastüren, durch die sie da und dort den Marmorfußboden im Vestibül und die schimmernden Granitwände erkennen konnte.
    Sie hatte Martins Instrumentenkasten abgestellt und zwischen die Beine geklemmt und beobachtete von der anderen Straßenseite schon eine Weile, wie sich die lange Schlange uniformierter Amerikaner von der Straße her langsam über die Treppe und in das überfüllte Foyer vorschob. Statt der Türsteher in ihren langen roten Mänteln, die sich normalerweise um den Einlass kümmerten, standen heute sechs amerikanische MP s, Militärpolizisten, am Eingang und ließen jeden Besucher nur einzeln eintreten. Einige kleinere Handgemenge hatte es bereits gegeben. Zwei Zivilisten in Anzügen hatten bereits versucht, unter irgendeinem Vorwand ins Innere zu gelangen, auch eine sehr hübsche Frau im Abendkleid am Arm eines ziemlich dicklichen GI s. Da die beiden Bürger sich partout nicht abwimmeln lassen wollten, wurden sie kurzerhand in Gewahrsam genommen und zu einem Polizeiwagen abgeführt, der ein Stück weiter weg geparkt war. Der dickliche GI ließ die junge Frau prompt im Stich, als ihr der Eintritt von den MP s verwehrt wurde, und betrat das Trocadero ohne sie.
    Pearl übte noch einmal, wie Martin zu klingen. Ihr Tonfall war der gleiche, aber seiner war natürlich um Etliches tiefer und klangvoller. Die Schlange auf der Straße war deutlich kürzer geworden. Vier MP s gingen hinein, sodass nur noch zwei den Eingang kontrollierten. Pearl erkannte sofort, dass dies die günstigste Gelegenheit für sie war. Sie schluckte noch einmal, atmete tief durch, zog die Schultern zurück und spannte die Gesäßmuskeln an. Sie nahm Martins Saxofonkasten auf den Arm und wie beim musikalischen Einsatz zählte sie still für sich herunter – und eins, und zwei, und drei, und vier –, und dann schoss sie vor über die George Street, mitten hindurch zwischen Taxis und anderen Autos, vorbei an den GI s, die noch in der Warteschlange standen, und die Stufen hinauf, und ohne einen Blick auf die MP s zu werfen, stürzte sie direkt auf die Eingangstür zu.
    »He, Freundchen!« Einer von den beiden Militärpolizisten packte sie am Arm. Für den Bruchteil einer Sekunde fürchtete sie, ihre Verkleidung hätte nicht funktioniert und es wäre zu offensichtlich, dass in der Männeruniform eine Frau steckte. Doch das Wort »Freundchen« klang ihr sofort in den Ohren – damit

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