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Bis auf die Haut

Bis auf die Haut

Titel: Bis auf die Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikki Gemmell
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die Brüche gegangen sind, die tollsten und schrecklichsten Outfits bei den letzten Preisverleihungen, Schwangerschaften in Hollywood, Festnahmen. Du hast deine Schuhe abgestreift und kauerst mit angezogenen Knien an deinem Tisch, Ausdruck deines Wunsches, wieder jung zu sein und ein aufregenderes Leben zu führen.
    Ein Mann schaut dir mit einer drolligen Geste über die Schulter und versucht auszuspähen, was du da liest, du blickst erschrocken hoch. Er fragt dich, ob du nach der Arbeit zusammen mit ein paar anderen »Stammgästen« ein Gläschen trinken gehen möchtest. Du lässt deinen Blick durch den Raum zu den anderen sechs Leuten schweifen und merkst, dass sich alle untereinander kennen, eine Clique. Du willst schon instinktiv ablehnen, wie es deine Art ist, immer sagst du nein zur zweiten Tasse Tee, zum angebotenen Platz in der U-Bahn, zum Drink nach der Arbeit. Aber diesmal hält dich etwas davon ab.
    Aber ja, vielen Dank, sehr gerne.
    Der Mann lächelt. Vielleicht schielt er auf deinen Ehering zwischen den anderen Ringen. Du schaust ihn an, als sähst du ihn zum ersten Mal. Für sein Alter hat er schon recht schütteres Haar, das er ganz kurz geschnitten trägt. Seine extravagante schwarze Samthose will nicht so recht zu seinem gestreiftem Hemd passen. Er ist jünger, als du dir vor ein paar Wochen aus der Entfernung gedacht hast, sieht besser aus als nach deinem ersten raschen Urteil. Nach einer Sekunde weißt du, dass du nie mit ihm schlafen würdest, ein Spiel, das du bei jedem Mann spielst, dem du begegnest. Das liegt nicht nur an der Samthose, er ist einfach nicht dein Typ. Er wird deine Lippen nicht zum Beben, deine Wangen nicht zum Erröten bringen, keine Gefahr, dass du bei ihm ins Stottern gerätst. Du lächelst ihn herzlich an, kannst dich entspannen.

47. Lektion Jedes Mädchen weiss zu tanzen und sollte sich
fürwahr anschicken, sich darin auszubilden
    Den drei Männern und der Frau, die mit in den Pub kommen, erzählst du rasch mehr als beabsichtigt, kontakthungrig und leicht beschwipst, wie du bist. Sie wissen nichts von dir. Ein erfrischendes Gefühl, wie wenn du ins Ausland gezogen wärst, wo niemand deine Vergangenheit kennt; du kannst dich Zug um Zug neu erfinden. Dein Buch stellst du voller Kompetenz und Selbstvertrauen, witzig und lebhaft vor, und während du sprichst, sprühen neue Ideen für dein Projekt wie von selbst hervor. Du erzählst von der gehorsamen Ehefrau, die spätabends im Verborgenen schreibt, ihre Feder fliegt über die Seiten, bis sie ihren Mann an der Tür hört. Dann versteckt sie schnell ihr Buch und schlägt ihre Bibel auf, legt ihre Fingerspitzen auf die hochroten Wangen, um ihm ruhig und gefasst begegnen zu können. Sie macht ihrem Geliebten Andeutungen über das Buch, an dem sie schreibt, sie muss einen Geliebten haben, ja, unbedingt.
    Ihr Mann findet alles heraus. Er schleift sie an den Haaren zum Schrank, sperrt sie hinein und verschließt die Ohren vor ihren Schreien, sie bettelt um Gnade, er erwidert kein Wort. Nach vielen Tagen wird aus ihrem Geschrei Gewimmer, das schließlich ganz erstirbt. Der Liebhaber erfährt nie, was geschehen ist. Ihre Dienerin berichtet ihm, die Herrin wäre weit weg in ein strenges Kloster geschickt worden, er sucht das ganze Land ab, kann sie aber nicht finden. Und er wird nie wissen, ob sie ihn wirklich geliebt hat oder nur so tat. Er stirbt als gebrochener Mann. Der Ehemann ebenso.
    Vielleicht, vielleicht.
    Heute Abend läuft es wunderbar. Die Clique braucht nicht zu wissen, dass zu Hause eine totenstille Wohnung auf dich wartet. Du beobachtest erstaunt die Frau, zu der du geworden bist, bestehst darauf, die nächste Runde zu übernehmen, und fragst dann nach dem nächsten Treffen.
    Morgen, antwortet der Mann in der Samthose. Wir kommen fast jeden Abend hierher.
    Dann also bis morgen: Und schon bist du draußen, als hättest du noch etwas anderes vor. Beflügelt von der hinreißenden Vorstellung, die du gerade gegeben hast, gehst du die Straße entlang.

48. Lektion Zu wissen, was richtig ist, ist gut; das Richtige zu thun ist besser
    Der folgende Sonntag.
    Du blätterst die Beilagen der Sonntagszeitungen durch. Nimmst dir zum ersten Mal wieder Theos Kolumne vor. Seit Marrakesch konntest du dich nicht mehr dazu überwinden, sie zu lesen. Du hast die Seite in den Müll wandern lassen, bevor Cole einen Blick darauf werfen konnte.
    Auch diese Woche gibt es wieder die üblichen Anfragen:
    Liebe Frau Dr. Theo, ich bin beim Sex so

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