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Bis auf die Haut

Bis auf die Haut

Titel: Bis auf die Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikki Gemmell
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monatelang verschwindet und dann plötzlich wieder auftaucht. Weiß der Himmel, was er dann treibt, wie er überhaupt sein Geld verdient. Uns gegenüber bleibt er immer verschlossen. Alles ein bisschen merkwürdig.
    Du reibst dir die Falte zwischen den Augenbrauen und versuchst sie wegzukneten, während Martha lacht: Das sind natürlich alles nur Spekulationen, es ist sogar vage die Rede von einer früheren Freundin, die ihm das Herz gebrochen hat, aber seither wurde keine Frau mehr gesichtet.
    Du weißt nichts von ihm. Du warst noch nicht einmal in seiner Wohnung. Da ist so vieles, was du ihn nie gefragt hast. Bewusst, weil du nichts von einer Freundin im Hintergrund oder gar einer Ehefrau erfahren willst. Es ist besser, wenn du nichts weißt, damit der Zauber nicht gebrochen wird, dazu bist du noch nicht bereit.
    Aber du wirst es langsam überdrüssig, im dicht gewobenen Gespinst deiner eigenen Phantasien zu leben. Seit dort ein richtiger Mann hineingestolpert ist und an den Seidenfäden zu zupfen begann.

59. Lektion Mit Hopfen gefüllte Kissen können zwar dienlich sein,
doch die beste Vorbereitung für einen guten Schlaf
ist harte, ehrliche Arbeit und ein gutes Gewissen
    Als du am späten Vormittag vom Supermarkt nach Hause kommst, ist die Diele voll mit Coles Gepäck und seinem Mantel. Er ist einen Tag früher als erwartet aus Athen zurückgekehrt, ohne Vorwarnung. Aber er hatte noch keine Gelegenheit, die Post durchzusehen, in der du einen zweiten Brief entdeckst. Du steckst ihn tief in die Tasche, während dein Mann über seine Reiseerlebnisse plaudert, was völlig an dir vorbeigeht.
    So schnell wie möglich ins Bad. Du setzt dich aufs Klo und reißt den Umschlag auf.
    Ein paar Tage nur ohne dich, und meine Sehnsucht wird so stark, dass es wehtut. Manchmal spüre ich deine Nähe wie eine große Wärme. Dann ertappe ich mich dabei, wie ich ins Leere lächle. Ich träume davon, dass wir einfach weglaufen, ausbrechen.
    Etwas zerrt beim Lesen heftig in dir, wie eine Hand in deiner Magengrube. Du hältst dir den Brief an den Bauch, spürst das Papier auf deiner nackten Haut. Du stehst auf, bist viel zu lange dort sitzen geblieben, und gibst Cole abwesend einen Kuss auf den Scheitel, als er seine Koffer auspackt, was dich einen Moment lang in eine Zeit zurückversetzt, als eure Liebe noch brannte, doch der Moment ist gleich wieder vorbei. Du sitzt am Küchentisch, die Stirn auf die Hände gestützt; die Zeitung liegt ungelesen vor dir.
    Du denkst an Gabriel.
    Vielleicht ist er wie Ruskin, der die Frauen so sehr idealisiert haben soll, dass er nicht in der Lage war, seine Ehe zu vollziehen, als er zu seinem Entsetzen entdecken musste, dass seine Angetraute Schamhaare besaß. Vielleicht ist Gabriel in Spanien glücklich verheiratet und hat sieben Kinder, vielleicht hat Martha alles nur erfunden, um dich von der Fährte wegzulocken. Vielleicht hat er ein Verhältnis, ist schwul, hat eine Angstneurose, kann es nicht ertragen, jemandem sein wahres Gesicht zu zeigen. Vielleicht gehört er zu jenen, die durchs Raster gefallen sind, davon kennst du mehrere, Brüder und Onkel von Freunden, verlorene Existenzen, die nie festen Tritt im Leben fassen konnten, die den Herausforderungen dieser Welt nicht gewachsen sind, Aussteiger, Einzelgänger, Säufer. Die ihren Eltern und allen, die sie lieben, das Leben zur Hölle machen.
    Und dann geht dir plötzlich ein Licht auf.
    Und wenn er überhaupt noch nie mit einer Frau zusammen war?
    Wenn er einfach nicht weiß, wie er es anstellen soll? Vielleicht ist er noch Jungfrau. Und alles fügt sich wie ein Puzzle ineinander. Die Schüchternheit. Das Zurückzucken vor deinen Berührungen. Die roten Ohren beim Abschiedskuss. Wäre das so unwahrscheinlich? Eine ehemalige Kollegin von dir ist mit ihren zweiunddreißig Jahren noch Jungfrau, und bei deinem Cousin Rupert warst du dir nie ganz sicher. Auch er ist wie Gabriel ein großer, attraktiver, sehr männlich wirkender Mann, auch er scheint wie Gabriel keine Bindungen einzugehen.
    Und wenn es so wäre – würde das Gabriel in deinen Augen herabsetzen? Nein. Es ist sogar seltsam rührend. Und aufregend.
    Eine Idee, die schön ist in ihrer Schlichtheit. Gabriel einweihen, ihm genau das beibringen, was du willst. Einen Mann für deine Lust erschaffen, nichts weiter, den Liebhaber, von dem jede Frau träumt. Du wirst zum ersten Mal bestimmen, wie die Dinge ablaufen, du wirst in der Lage sein, genau das von ihm zu fordern, was du haben willst.

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