Bis auf die Haut
Bett, stehst wie unter Schock und lachst. Gabriel sieht dich an. Mein Gott, sagt er, mein Gott. Du richtest dich auf. Fährst ihm mit den Fingern durchs Haar. Du musst dich konzentrieren: Es kann hier nicht nur um deine eigene Lust gehen, jetzt ist Gabriel an der Reihe. Weil er dir so viel gibt, willst auch du ihn mit Lust überschütten: Zum ersten Mal im Leben setzt du dir zum Ziel, einen Mann zu erregen, bis er völlig ausgepumpt ist.
Mit deinen Händen, deinen Lippen, deiner Zunge. Wenn du kannst.
Du leckst ihn also, wo
er
es will: vor allem an der flachen Vorderseite seiner Penisspitze und dann die Unterseite entlang, er kann deinen Mund dort kaum ertragen und bekommt doch nicht genug davon, und während du ihn leckst, drückst du fest auf die Wurzel seines Schafts. Ihr seid beide auf Entdeckungsreise, lernt beide so viel, und du blickst hoch in seine Augen: ekstatisches Staunen bei euch beiden. Dann der Rand seines Anus. Seine Eier, den festen Saum weiter unten, und jetzt ist er es, der dich bittet, ja nicht aufzuhören.
Drittens der heimliche Kuss in der Öffentlichkeit, voll bekleidet. Der Schlafzimmerkuss, unbekleidet, die Stellen dafür. Viertens eine Kerze. Der Griff einer Haarbürste. Der Hals einer Champagnerflasche, und wie aufregend sanft müsst ihr beide dabei sein. Warum können dich unbelebte Objekte mehr erregen als je ein Penis?
Fünftens der Vibrator. Auf deiner Klitoris und hart in dir. Unter seiner Schwanzspitze, in seinem Arsch. Und du genießt es, wie er das Gesicht zusammenpresst, wenn er kommt.
Sechstens Pornohefte. Du trägst ihm auf, sie zu kaufen. Du bist nur scharf auf die Seite mit den Leserbriefen, auf nichts anderes; es interessiert dich nicht, was er mit dem Rest macht. Du schwelgst darin, alle Worte auszusprechen, die dir nie ohne Verlegenheit über die Lippen gekommen sind:
Fotze, ficken, Arsch
. Du bist die Hausfrau mit dem Engelsgesicht, die plötzlich ein so dreckiges Mundwerk entwickelt, dass Äußeres und Inneres nicht mehr zusammenpassen. Fick mich, forderst du ihn auf, komm, schieb ihn mir rein in die Fotze, und du bist entsetzt und gleichzeitig erregt über die Worte, die da aus dir heraussprudeln.
Siebtens an Bettpfosten geknotete Handgelenke. Zur Reglosigkeit gezwungen, die Augen verbunden, gefesselt.
Achtens die Dusche, gegen die Fliesen gepresst werden.
Neuntens der Schlaf. Um seinen Rücken geringelt, dein Körper seine Decke, deine Hand auf seinem Herzen, denn manchmal, erklärst du ihm, ist das alles, was eine Frau will.
Zehntens die Penetration. Das erste Mal zählte nicht, dabei konnte er nichts lernen. Jetzt brauchst du Zeit dafür, damit er es richtig hinbekommt; du bist fest entschlossen so lange daran zu arbeiten, bis es funktioniert. Er bewegt sich zu ruckartig, zu mechanisch, es reibt; du wusstest, das das so sein würde, seinen Bewegungen fehlt die Musik, und natürlich kommt er viel zu schnell. Bei Cole hast du dir immer gewünscht, dass er schnell kommt, aber jetzt ist es etwas anderes, du musst das Grandiose daran finden, von dessen Existenz du überzeugt bist. Du hattest gehofft, mit Gabriel würde es anders sein, aber beim Ficken sprüht kein Funke. Du strengst dich heroisch an, deine Enttäuschung vor ihm zu verbergen, dich nicht frustriert und schmollend abzuwenden.
Du holst tief Luft.
Du sagst ihm, ihr bräuchtet beide noch etwas Übung. Er müsste seinen Rhythmus etwas verlangsamen, dir in die Augen schauen und sich nicht in seiner eigenen kleinen Welt verschanzen. Du sagst ihm, im Moment hättest du überhaupt nichts davon. Er wendet mit einem Ruck seinen Kopf ab, wird wütend, glaubt, er wäre weit gekommen, will sich nicht sagen lassen, dass das nicht reicht. Er zieht sich schroff zurück und hinterlässt eine klebrige Sauerei. Du streckst zärtlich, mit einer entschuldigenden Geste die Arme nach ihm aus, doch er stürmt ins Bad und schreit heraus, er hätte jetzt genug.
Du rufst ihn eine Woche lang nicht an.
Du rufst am Vormittag der nächsten Sitzung an und gleich hebt er ab, viel zu schnell.
Kann ich dich heute Nachmittag sehen?
Ja. Mürrisch, kurz angebunden.
Gut, erwiderst du voller Wärme, ich freue mich sehr; du wusstest, dass er so reagieren würde. Und du hast ein solches Verlangen nach ihm.
Ganz allmählich bringst du Gabriel dazu, langsamer zu werden; du lässt ihn nur ganz kurz herein und entziehst dich ihm, sobald er die Dinge überstürzen will. Du bringst ihm bei, dass der Schlüssel zum Paradies im Warten
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