Bis aufs Blut - Thriller
kam mir höher vor, als ich ihn in Erinnerung hatte - so rund zehn Millionen höher. Ich fragte den für mein Konto zuständigen Bankmenschen, was die Kündigungsfrist für eine große Abhebung sei.«
Hier verstummte Provost.
»Sie haben die ganzen zehn Millionen abgehoben?«
»Nein, am Ende habe ich sie nur auf ein neues Konto transferiert.«
»Oha.«
»Es war Klines Fehler gewesen. Er bekam den Auftrag, mich zur Räson zu bringen - wie diskret Schweizer Banken auch sein mögen, der NSC hat Mittel und Wege, jeden aufzuspüren. Wir gelangten zu einem Kompromiss. Ich gab die Hälfte des Geldes zurück. Die andere Hälfte behielt ich.«
»Und er ist darauf eingegangen?«
»Es blieb ihm nicht viel anderes übrig.«
»Er hätte Sie töten können.«
Provost lächelte. »Ich habe den NSC nicht in meinem Testament bedacht, Mr. West. Er wäre dadurch trotzdem nicht ans Geld gekommen. Außerdem waren seine Vorgesetzten wütend auf ihn. Sie hätten eine so schmutzige Lösung unter keinen Umständen sanktioniert.«
»Also haben sie ihn mit Arschtritt hinausbefördert?«
»Nein, sie haben ihn mit Arschtritt in den Schatten verbannt. Sein neuer Auftrag lautete, dafür zu sorgen, dass niemand je etwas über die Sache erfahren würde.«
»Und das bedeutete, Reporter davon abzuhalten, zu tief zu buddeln?«
»Exakt.«
»Was auch der Grund ist, warum Eleanor Ricks aufgehalten werden musste.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich hab’s Ihnen schon gesagt, Kline bestritt das. Und er hat nie aufgehört, es zu bestreiten.«
»Das ergibt überhaupt keinen Sinn.«
»Vielleicht hat ja jemand anders Ihre Dienste in Anspruch genommen.«
»Ja, aber ich bin...«
Er erriet meine Gedanken. »Sie sind um die halbe Welt gereist und haben all diese Menschen getötet und sind trotzdem keinen Schritt weiter?«
Ich nickte. Mir drehte sich alles. Meine Ohren spielten weitgehend wieder mit, aber das nützte mir nichts. Das Ganze wollte mir einfach nicht in den Kopf.
»Zwei Ziffern«, redete Provost inzwischen weiter, »mehr hat es nicht gebraucht. Kline war kein begnadeter Stenotypist. Er hat versehentlich zwei Ziffern der Kontonummer umgestellt. Und so begab es sich, dass der NSC die Disciples of Love finanzierte. Das , Mr. West, ist der Grund, warum der Sicherheitsrat die Sache geheim halten muss. Er hat eine religiöse Sekte finanziell unterstützt, und die Zinsen seiner Schenkung finanzieren sie nach wie vor.«
»Wo sind die Beweise?«
»Oh, Beweise habe ich.«
»Wo?« Ich war mir nicht sicher, ob ich ihm glauben sollte. Das konnte noch nicht alles sein. Er schien Probleme mit seinem Erinnerungsvermögen zu haben, also kitzelte ich ihm das Kinn mit dem Colt.
»Vergessen Sie nicht, womit ich mir meine Brötchen verdiene, Provost.«
»Wie könnte ich das vergessen? Es gibt Dokumente in meinem Wandsafe, und Kopien davon hat mein Anwalt.«
Vielleicht lag es am Wort »Anwalt«. Ich spürte fast körperlich, wie es in meinem Kopf klick machte.
»Sie werden Ihren Safe für mich öffnen.«
»Der ist nicht hier, er ist in meinem Haus in Seattle.«
»Schön, dann fahren wir eben dahin.«
»Ich will hierbleiben. Die Kombination ist leicht zu finden. Ich kann sie mir nie merken, deswegen habe ich sie auf einem Notizblock neben dem Telefon stehen. Sie ist als australische Telefonnummer notiert.«
Ich wollte das mit eigenen Augen sehen, musste irgendeinen Beweis für die Wahrheit seiner Geschichte in den Händen halten. Selbst dann würde es nicht genug sein. Ich hatte das alles durchgemacht und Bel und Spike mit hineingezogen, und trotzdem gab es noch immer keine Antwort - jedenfalls keine, die mir Provost hätte liefern können.
Es ertönte ein Schuss. Ich wirbelte mit dem Colt herum. Der dritte Wachmann hatte sich von dort, wo Spike ihn vermutlich liegen gelassen hatte, hierhergeschleppt. Seine ganze Brust war blutig. Dadurch, dass ich das bisschen Leben ausknipste, das noch in ihm steckte, machte ich die Sache auch nicht viel schlimmer. Ich raubte ihm lediglich ein paar Minuten, das war alles.
Doch als ich mich wieder Provost zuwandte, stellte ich fest, dass er einen Herzschuss abbekommen hatte. Die Wache hatte auf ihn gezielt, nicht auf mich. Zweifellos ein Endlösungsbefehl von Kline. Ich fing den Körper auf und ließ ihn behutsam auf die Erde gleiten. Bel blickte kaum von ihrer Arbeit auf. Sie hatte Spike so gut es ging verbunden.
»Er verliert noch immer Blut«, erklärte sie. Nachdem ich nach Provosts Puls gefühlt und
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