Bis das Glück mich findet
schüttelte den Kopf. »Verzeih, ich sollte so etwas nicht sagen. Ich habe es nicht so gemeint.«
»Hey.« Sie legte für einen ganz kurzen Augenblick einen Finger an seine Lippen. »Du musst dich mir gegenüber nicht rechtfertigen. Du kannst sicher nicht die ganze Zeit ein Heiliger sein, niemand kann das.«
»Aber ich bemühe mich.«
»Oh, Gabriel. Du machst dir dein Leben aber wirklich schwer. Niemand ist vollkommen.«
»Ich muss mich eben anstrengen.«
»Nein, das stimmt nicht. Du bist ein Mensch aus Fleisch und Blut, Gabriel, keine Maschine.«
»Ich habe eine innere Kraft.«
Sie lachte auf. »Du machst dir selbst was vor, Brady.«
»Doch, es stimmt«, versicherte er. »Ich muss sie nur anzapfen.«
Eine Schar neuer Gäste, die offenbar gerade von einer Shoppingtour kam, wie die prallen Einkaufstüten bezeugten, strömte fröhlich plaudernd in die Bar und bestellte lautstark Drinks.
»Vielleicht sollte ich jetzt besser gehen.« Gabriel schaute auf seine Armbanduhr.
»Bitte nicht«, sagte sie. »Noch nicht.«
»Es wird hier bald sehr voll werden und …«
»Unterhalte dich doch noch ein bisschen mit mir«, bat Emma. »Ich muss mit jemandem reden. Ich brauche das. Mein Leben ist in letzter Zeit so schwierig geworden. Komm doch noch ein bisschen mit hinauf in mein Zimmer, dort sind wir ungestört.«
»Ich glaube nicht …«
»Du meine Güte«, sagte sie ungeduldig. »Du bist Priester. Das ist okay. Es ist wie bei der Beichte.«
Sie wusste, dass es nicht okay war. Sie wusste es, als sie vor dem Spiegel stand, die bernsteinfarbene Haarspange löste und seinen Blick sah, als ihre kastanienbraunen Locken auf ihre Schultern fielen. Sie drehte sich zu ihm um, hob den Kopf und küsste ihn. Und dann vergaß sie alles andere und spürte nur noch seine zärtlichen Lippen und das Kratzen seiner Bartstoppeln auf ihrer Wange und wieder seine Hände auf ihrer Haut, die diesmal jedoch den Reißverschluss ihres Kleids öffneten und es sanft von ihren Schultern schoben.
Es gehören immer zwei dazu, redete sie sich ein, als sie nachher nebeneinander auf dem zerwühlten Laken lagen. Stimmt, ich wollte es tun, er aber auch. Wenn er es nicht ebenfalls gewollt hätte, wäre es nicht passiert. Und sie war froh, dass es endlich passiert war. Das Bedürfnis, mit Gabriel Sex zu haben, hatte ihr Leben begleitet, seit sie ihn das erste Mal gesehen hatte, obwohl er reichlich unerfahren war und sich furchtbar ungeschickt anstellte und das Ganze überhaupt nicht so erotisch und sinnlich war, wie sie es sich ausgemalt hatte. Gerade weil Gabriel so verdammt sexy und maskulin war, war es schwer zu begreifen, dass sie soeben mit ihm nicht den besten Sex ihres Lebens gehabt hatte.
»Das war wunderschön«, sagte Gabriel schließlich. »Ich hätte nie gedacht …«
»Dass die Sünden des Fleisches so wunderbar sein können«, beendete Emma den Satz für ihn.
»So ungefähr.«
Sie setzte sich im Bett auf und betrachtete ihn. Sie hatte sich noch nie mit einem Mann eingelassen, der so attraktiv war wie Gabriel Brady. Wie er sie jetzt anschaute, sah er aus wie auf einem Werbeplakat für Aftershave. Sie musste an das chinesische Sprichwort denken, das ihre Mutter so gern zitierte. Nimm dich in Acht vor dem, was du dir wünschst … Unvermittelt spürte sie ein Stechen in der Brust, und für einen kurzen Moment dachte sie, sie bekäme einen Herzinfarkt. Doch dann fiel ihr wieder ein, dass es wahrscheinlich nur Sodbrennen war. Es machte ihr sehr zu schaffen, seit sie schwanger geworden war.
Gabriel schloss die Augen. »Es tut mir so leid«, sagte er. »Das hier … das hier war falsch. Ich hätte mich nicht so gehen lassen dürfen.«
»Sei nicht so streng mit dir«, sagte sie. »Du konntest einfach nicht anders.«
»Natürlich konnte ich anders«, erwiderte er. »Früher habe ich das ja auch gekonnt.«
Wem, fragte sie sich? Wem hatte er erfolgreich widerstehen können?
»Immer wenn du uns besuchen kamst.« Er öffnete die Augen und schaute sie an. »So, wie du dich angezogen hattest. Du hast immer so wahnsinnig sexy und toll ausgesehen. Aber ich habe es geschafft, dir zu widerstehen.«
Also waren ihre Bemühungen damals, ihm zu gefallen, doch nicht unbemerkt geblieben. Der Gedanke freute sie.
»Ich konnte dich aus meinen Gedanken verdrängen, weil es wichtigere Dinge gab, über die ich nachdenken musste«, erklärte er.
»Und jetzt?«
»Es geht mir seit einiger Zeit nicht besonders. Ich schätze, meine Widerstandskraft ist
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