Bis das Glück mich findet
die Bilder wahrzunehmen, die über den Bildschirm flimmerten.
Um zwei Uhr morgens waren sie endlich wieder daheim in Fairview. Kelly auf dem Rücksitz wachte auf, als Brendan vor dem Haus den Motor abstellte. Dominique schaute sich forschend in der Straße um, ehe sie die Haustür aufsperrte.
»Ich bin sicher, dass in dem Gebüsch Fotografen lauern«, erklärte sie ihr Verhalten.
»Wie in Atlantic View.« Kelly gähnte und ging ins Haus.
»In dem Gebüsch um Atlantic View haben Fotografen gelauert?«, fragte Brendan ungläubig.
»In den Büschen, am Tor, in der Straße vor dem Haus deiner Mutter … Sie waren überall«, antwortete Dominique.
»War es schlimm?«, fragte Brendan.
»Na, was glaubst du?«
»Tut mir so leid.«
»Ich weiß. Und dieses ständige ›Tut mir leid‹ kannst du dir ersparen«, sagte Dominique, während sie ihre Jacke an den Garderobenhaken hängte. »Ich gehe jetzt schlafen. Du kannst wieder in deiner Kammer übernachten.«
»Domino …«
»Hör mal, Brendan, ich werde dir in den kommenden Wochen den Rücken stärken. Das schulde ich dir und deiner Familie. Ich bin es auch Kelly schuldig. Aber momentan habe ich einfach keine Lust, mit dir zu schlafen. Eigentlich müsstest du unheimlich dankbar sein, dass ich dich überhaupt hier wohnen lasse.«
»Selbstverständlich bin ich dankbar«, versicherte er. »Und ich weiß auch, dass wir beide es schaffen können. Irgendwann.«
»Dann ist es ja gut.« Sie ging die Treppe hinauf in ihr Schlafzimmer und machte energisch die Tür hinter sich zu.
Kapitel 32
A m nächsten Tag schon war die Nachricht von Brendans Rückkehr zu den Medien durchgedrungen. Ciara, seine Anwältin, begleitete ihn zu seinem Termin bei der Polizei, während Dominique zur Arbeit fuhr. Kelly blieb im Bett. Sie war zwar wach, als ihre Eltern das Haus verließen, schlief aber anschließend gleich wieder ein. Sie hatte noch nicht die Energie, sich dem neuen Tag zu stellen.
Brendan und Ciara verbrachten fast zwei Stunden in dem Bürogebäude der Steuerfahndung, dem Bureau of Fraud Investigation in der Harcourt Street. Als sie das Gebäude wieder verließen, warteten draußen schon die Reporter, aber Brendan ignorierte sie und stieg in ein Taxi, das vor dem Eingang stand. Er dirigierte den Chauffeur auf Umwegen zu Dominiques Haus, falls irgendjemand ihm folgte. Er hatte sich so ein Verhalten während seiner Zeit im Ausland angewöhnt, auch wenn es ihm das Gefühl gab, ein Krimineller zu sein, was er im Übrigen vehement von sich wies. Und nach seinem Gespräch mit den Beamten der Steuerfahndung war in ihm die Hoffnung aufgekeimt, dass auch Letztere nicht so über ihn dachten. Auch Ciara teilte seinen Optimismus. Er hatte sich vielleicht dumm verhalten, aber ein Verbrecher, nein, das war Brendan nicht, so beurteilte sie ihren Mandanten. Und natürlich hatte er auch Pech gehabt, da sich alles gegen ihn verschworen hatte.
Bei seiner Rückkehr fand er das Haus verlassen vor. Dominique war ja bei der Arbeit, doch wo Kelly steckte, davon hatte er keine Ahnung. Von Dominique wusste er, dass seine Tochter eigentlich ein paar Tage in der Hauptstadt bleiben wollte, und falls sie inzwischen ihre Meinung geändert hatte, wäre sie logischerweise am vergangenen Tag gleich in Cork geblieben, also ging er davon aus, dass sie noch hier war. Doch welche Pläne sie für die kommenden Tage hatte, das hatte ihm niemand gesagt.
Es war ein merkwürdiges Gefühl für ihn, allein in diesem Haus zu sein. Er spazierte durch die winzigen Zimmer, nahm Gegenstände in die Hand, die ihm nicht vertraut waren – neue Bücher und Zeitschriften, ein gerahmtes Foto von Dominique und Kelly, das offenbar nach seiner Flucht aufgenommen worden war, eine DVD eines Spielfilms, der erst vor Kurzem herausgekommen war. Auch das Inventar des Hauses war neu für ihn – das Geschirr, das Besteck, die Bettwäsche, die Handtücher; nichts stammte aus Atlantic View. Obwohl er gewusst hatte, dass eine Heimkehr nach Atlantic View ausgeschlossen war, war er doch stets davon ausgegangen, dass sich in dem Haus, das Dominique gemietet hatte, zumindest noch die alten, vertrauten Gegenstände befinden würden. Doch sie hatte ihn ja am Wochenende wieder daran erinnert, dass nicht nur das Haus verkauft worden war, sondern auch das gesamte Inventar. Ihre Schilderung hatte ihn getroffen wie ein Schlag in die Magengrube. Er hatte damit gerechnet, dass man sich von einzelnen Stücken würde trennen müssen, aber das enorme Ausmaß
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