Bis das Glück mich findet
Schwägerin nachdenklich und nickte dann. Ganz ehrlich, dachte sie, im Gegensatz zu mir hat Emma sofort kapiert, worum es bei der ganzen Sache geht. Das war früher auch schon immer so. Und plötzlich durchzuckte sie der Gedanke, dass es vielleicht ein Glück war, dass Brendan Emma erst bei seiner Hochzeit kennengelernt hatte. Wären sich die beiden vorher begegnet, dann wäre vielleicht … Sie dachte den Gedanken lieber nicht zu Ende. Wer weiß, wo er hinführen würde?
»Wir werden auch noch richtig tolle Schuhe dazu kaufen«, verkündete Emma, nachdem die Verkäuferin das Kleid sorgfältig in Seidenpapier verpackt und in eine Tragetasche gelegt hatte. »Hohe Absätze, und dass du mir ja nicht jammerst!«
»Hey, Moment mal, ich mag hohe Absätze«, erklärte Dominique. »Ich kann nur nicht damit gehen.«
»Du kannst ja heute Abend üben«, erwiderte Emma kühl. »Trag sie einfach zu Hause. Es geht hier nicht nur um dich persönlich, Domino. Du repräsentierst das weibliche Gesicht des Unternehmens. Es ist ungemein wichtig, dass du alles richtig machst.«
Als sie am Abend der Verkaufseröffnung die Treppe herunterkam, wusste sie, sie hatte alles richtig gemacht. Sie hatte sich Emmas Ermahnungen zu Herzen genommen und sich für den Abend, der für Brendan so wichtig war, nicht nur eine neue, schickere Frisur zugelegt, sondern sich auch im Kosmetiksalon Make-up und Maniküre verpassen lassen. Als sie in ihrem silbrig schimmernden Kleid und ihren quälend hohen Absätzen das Wohnzimmer betrat, stieß Brendan einen anerkennenden Pfiff aus.
»Du siehst umwerfend aus«, sagte er.
»Ja, nicht wahr?« Kelly hüpfte auf der Couch herum wie auf einem Trampolin. Sie hatte das Kleid und die Schuhe schon bei der Anprobe an Dominique gesehen und fand auch, dass ihre Mutter wunderschön darin aussah.
»Nun, dann wollen wir mal, Mrs Delahaye«, sagte Brendan lächelnd und bot ihr seinen Arm, »zeigen wir uns der jubelnden Menge.«
»Ihr Wunsch ist mir Befehl, Mr Delahaye«, erwiderte Dominique, während sie auf ihren ungewohnt hohen Absätzen aus der Tür stöckelte.
Nach nur wenigen Minuten war Dominique klar geworden, wie sehr sie die Bedeutung des Verkaufsstarts unterschätzt hatte. Sie hatte die Kommunalpolitiker für unbedeutend und die Medienpräsenz für nebensächlich gehalten. Nie hätte Dominique erwartet, dass die hübsche Exfestivalkönigin Rose of Tralee so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde oder dass das Erscheinen des Innenarchitekten das Interesse von Fotografen wecken könnte. Ständig versuchte sie, sich einzureden, dass das Ganze nur eine Verkaufsmasche war, um Eigentumswohnungen loszuwerden, doch so fühlte es sich nicht an. Es herrschte die Atmosphäre einer festlichen Kinopremiere.
Caryn Jacks, die junge Mitarbeiterin der PR-Agentur, war überall gleichzeitig, koordinierte die Fotografen, arrangierte die Interviews mit der Presse und achtete darauf, dass die Gläser der Gäste stets gut mit Champagner gefüllt waren. Sie machte Dominique mit einem Zeitungsreporter bekannt und bestand darauf, dass sie ihm aus ihrem Leben mit einem Workaholic wie Brendan erzählte, und anschließend ließ sie sie in der Küche in einer der Luxuswohnungen für ein Foto posieren. Die Werbefrau versicherte Dominique immer wieder, wie fantastisch sie sei und dass sie für Brendan von unschätzbarem Wert sei, weil alle Welt glamouröse Gattinnen liebte.
Dominique selbst verspürte die gleiche freudige Erregung, den gleichen Nervenkitzel wie damals, als sie bei der Schulaufführung von Jesus Christ Superstar den Judas gespielt hatte. Die Leute schauten sie an und bewunderten sie, und Dominique genoss es. Auch die Reporter schienen sich gern mit ihr zu unterhalten (auch wenn sich Dominique einzureden versuchte, dass es gar keine richtigen Reporter waren; sie schrieben höchstens für die Immobilienbeilage, und deshalb waren es auch keine richtigen Interviews), und sie lachte und scherzte mit ihnen, wie sagenhaft luxuriös die neuen Wohnungen wären, verglichen mit ihrem eigenen Haus, während der Champagner nie zu versiegen schien. Dann erzählte sie den Reportern von dem Haus, das Brendan gerade in Cork bauen ließ, und wie er sich darauf freue, in der Nähe seiner Eltern und Geschwister leben zu können, und wie nett diese Verwandten in Cork allesamt wären. Als dann die Frage nach ihrer eigenen Familie kam, plapperte sie munter weiter und erzählte ihnen von Kelly, und ehe sie wusste, wie ihr geschah, hatten
Weitere Kostenlose Bücher