Bis das Herz brennt - die inoffizielle RAMMSTEIN Biografie
Sado-Maso-Fantasien, wie sie in „Rein raus“ geschildert wurden, bei Rammstein schon gewöhnt. Auch „Spieluhr“, ein Stück, in dem von einem Kind erzählt wird, das lebendig begraben wurde, nachts aus der Gruft heraus singt, ehe es schließlich befreit wird, jagte zwar Schauer über den Rücken, es rief aber keinen Aufschrei der Empörung mehr hervor. Das Gleiche gilt für „Mein Herz brennt“. Dessen Arbeitstitel war „Sandmann“, eine sehr positive und von Kindern geliebte Gestalt des deutschsprachigen Volksmythos. Er soll die kleinenKinder zum Einschlafen bringen, indem er ihnen Sand in die Augen streut. Rammstein wenden das Lied ins Schaurige, indem der Sandmann den Kindern keinen friedlichen Schlaf verschafft, sondern Albträume in Gestalt von Dämonen und Geistern zusendet.
Die Musik, in welche diese Inhalte verpackt waren, beurteilte der Großteil der Medien positiver als je zuvor bei einem Rammstein-Album. So wurde in der
Stuttgarter Zeitung
vom 23. 08. 2001 eingeräumt: „Dabei bieten Rammstein musikalisch durchaus hohe Klasse. Die Produktion ist perfekt, die Riffs sitzen wie die Faust aufs Auge, gelegentliche Orchester- und Sequenzer-Einwürfe sind perfekt platziert, Songwriting und Produktion optimal aufeinander abgestimmt. Auch wenn einem die Inhalte widerstreben oder einfach nur zu flach und pathetisch sind: Rammstein faszinieren ob ihrer perfekten Inszenierung.“ Tatsächlich waren sich in dieser Einschätzung der Qualität der „Mutter“-Songs fast alle Rezensenten einig, bei den Szene-Blättern sowieso, aber sogar
Musikexpress/Sounds
ließ sich diesmal nicht wie bei den Alben zuvor zu einer vernichtenden Kritik hinreißen, sondern tatsächlich zu einer überdurchschnittlichen Beurteilung mit vier von sechs möglichen Sternen. Dort stand in der Ausgabe 04/01: „Das dritte Album der Berliner ist ein Heidenspaß, auch für Leute, die mit Neuer Deutscher Härte nicht viel anfangen können. Man muss nur Humor mitbringen (…) ‚Mutter‘ mag nun aber Rammstein-Fans wie -Muffel gleichermaßen Freude bereiten. Denn ‚Mutter‘ ist ein Mirakel: eine Platte, die gleichzeitig als Gipfelleistung und als ultimative Parodie ihres Genres funktioniert. Die Über-Neue-Deutsche-Härte-Platte, die Pamela Anderson des NDH-Katalogs, konsequent auf die Lieferung der gewünschten Schlüsselreize getrimmt. Und somit hart an der Grenze zur Selbstverlade.“ Am Schluss konnte sich der Rezensent dann ein paar ganz unterschwellige Seitenhiebe doch nicht verkneifen: „Dazu bratzen die Muskel-Gitarren im Stechschritt, rattern blitzblank die Sequenzer, jubilieren die Chöre, stöhnen scheint’s in Ketten gelegte Jungfrauen, wagnern Synthie-Streicher und wimmern Kinderliedchen zwischen den Riffs. Rock? Comedy? Das muss jeder für sich entscheiden.“
Nahezu ohne Abstriche und auch ohne ironische Spitzen kommt die positive Rezension des oft sehr kritischen Internet-Musik-Portal
laut.de
vom April 2001 aus: „Mit elf Liedern verewigen sich Rammstein erneut auf einem Silberling, den mit Sicherheit wieder Millionen weltweit kaufen werden. Der Grund ist die nahezu perfekte (manchmal auch perfide) Mischung von Provokation und Hitcharakter. Erneut rollt also Till Lindemann das ‚R‘, erneut gibt es textlich eine Mischung aus schaurig-schöner Gruselromantik bis hin zu derben Knüppel-aus-dem-Sack-Fantasien. Man muss schon zugeben: Dieser Gigantismus aus messerscharfen Riffs, monolithischen Songstrukturen, Gänsehaut erregender Schauerromantik und dem düsteren Gesang war noch nie so ambitioniert wie auf ‚Mutter‘. Wie gesagt: Nichts (wirklich) Neues von Rammstein, man erkennt sie immer noch wieder. Sie spielen eben mit neuen Elementen, ohne dass dabei ihre Identität verloren geht. Es ist noch immer Rammstein pur – vielleicht nur noch ein bisschen perfekter, schärfer und aufregender!“
„Mutter“ verkaufte sich genau wie die beiden Vorgänger-Studioproduktionen prächtig. Das Album erschien am 02. 04. 2001 bei „Motor Music“, ein Datum, das Rammstein scherzhaft als „Muttertag“ bezeichneten. Es schoss sofort in Deutschland an die Chartspitze und erreichte auch in Österreich und der Schweiz die Top-Position. In 14 Ländern kam es in die Hitlisten, fünf Mal unter die ersten zehn und zwei Mal in den Bereich der ersten 15. Die schlechtesten Platzierungen wurden in Italien mit Platz 68 und in den USA mit lediglich dem 77. Rang erreicht. Da half es auch nichts, dass in den Staaten eine
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