Bis dass der Tod uns scheidet
Bambusstock und mit Elsas Hilfe. Sie strahlte ihn an wie eine stolze Mutter ihren Jüngsten, der die ersten Schritte wagt. Gordos Kopf glänzte von der Anstrengung, aber er mühte sich weiter und schaffte es bis zu dem Stuhl am Fußende des Tischs.
»Ein Hoch auf Lazarus!«, verkündete ich.
Er hob eine Hand zum Segen, und ich lächelte.
Elsa setzte sich rechts von Gordo, Shelly links.
»Twill!«, rief Katrina. »Dimitri!«
»Dimitri?«, fragte ich meine Frau.
»Er gehört doch wohl auch zur Familie.«
»Aber …«
Bevor ich noch etwas sagen konnte, kamen die Brüder schon ins Zimmer gepoltert. Der stämmige Dimitri war dunkel, mein Braunton, Twill war schlank und tiefschwarz, ohne einen Hauch vom nordischen Blut seiner Mutter in der Haut.
Der kräftige, erdverbundene Dimitri setzte sich mir gegenüber, Twill saß neben mir.
»Was läuft, Pops?«, fragte Twill. Er war nicht blutsverwandt, wie seine Schwester, aber vom ersten Tag an war er mein Liebling gewesen.
»Läuft?«, entgegnete ich. »Mann, ich liege flach auf dem Rücken, und der Schiri hat bereits neun angezählt.«
Gordo hörte den Witz, grinste und nickte mit dem Kopf wie ein Wackeltroll, den sich die Leute früher in die Heckscheibe ihrer Autos gestellt hatten.
Katrina und Shelly nahmen die Deckel von den Servierplatten und enthüllten ein Gelage aus gebratenen Schweinskoteletts, gehacktem und in Butter gedünstetem Spinat und Kohl, Kartoffeln, mit Speck, Zwiebeln und Essig gekocht, und selbstgemachtem Apfelmus. Katrina war eine Zauberin in der Küche.
»Hey, Junge«, sprach ich meinen einzigen richtigen Sohn an.
»Dad«, sagte er.
Ich hatte versucht, seiner Freundin zu helfen, deshalb steckte Dimitri in einem Konflikt. Wo er sonst nur seine Verachtung zum Ausdruck gebracht hätte, reagierte er nun mit lauwarmem Respekt. Das war definitiv eine Verbesserung in unserer Beziehung, aber der Weg war noch weit für uns.
»Wie läuft’s in der Schule?«, fragte ich ihn.
»Ich war in letzter Zeit nicht da.«
»Und was hast du stattdessen so gemacht?«
»Nix.«
Er schaute auf den Teller, den seine Mutter vor ihn gestellt hatte. Das war alles, was er an dem Abend von sich gab. Sein Kummer tat mir weh, aber welchen Rat konnte ich ihm geben? Mir war das Herz auf die gleiche Weise gebrochen worden, ich war ebenso verloren.
Ich drehte mich zu Twilliam. Er sagte gerade etwas zu seiner Schwester, und die hielt Gordos Daumen fest.
»Was ist mit dir?«, fragte ich Twill.
»Dasselbe«, sang er fast.
»In welchen Schlamassel gerätst du gerade?«
»Ich doch nicht, Pops. Jetzt, wo ich nicht mehr in die Schule gehe, arbeite ich dreißig Stunden die Woche bei D’Agostino. Muss Geld verdienen, damit ich ausziehen kann, wenn du mich lässt.«
»Du bist erst siebzehn.«
»In dem Alter hat Alexander der Große schon eine Legion geführt.«
»Was weißt du denn von griechischer Geschichte?«
»Was immer mir Mardi Bitterman erzählt. Sie liest ihre drögen Bücher und erzählt mir die Story.«
»Ist sie jetzt deine Freundin?«, wollte Katrina wissen.
»Wir sind befreundet, aber ob sie eine Frau ist oder nicht, könnte ich nicht aus erster Hand sagen.«
»Twill«, schimpfte Katrina. »Das ist gemein.«
So plätscherte die Unterhaltung dahin, Dimitri brütete, Twill umtänzelte jede Frage, die man ihm stellte. Gordo bekam eine Spezialsuppe, die Katrina gekocht hatte, und kämpfte tapfer gegen die Schwerkraft des Schicksals an, während Shelly ihm von einer Reise erzählte, die sie in den Senegal machen wollte. Elsa las Gordo jeden Wunsch von den Augen ab. Ihre Sorge um ihn beruhigte mich ein wenig.
Wir aßen, und nach einer Weile brachte Katrina ein paar Flaschen ordentlichen spanischen Rotwein auf den Tisch. Der Alkohol schien Gordo zu beleben. Er erzählte Geschichten aus den alten Zeiten und von den Boxern, die er zwischen einem Kampf in Cincinnati zu einem anderen am folgenden Tag in Cleveland hatte trampen sehen.
»Damals«, verkündete er, »kämpfte ein Mann von Sonnenaufgang bis Sonnenaufgang. Dass er im Ring stand, merkte er nur daran, dass er eine Pause hatte, wenn der Gong schlug.«
In jener Nacht gab mir Katrina einen beiläufigen Kuss, bevor sie einschlief. Das hatte nichts zu bedeuten. Sie hatte eine Affäre mit Dimitris Schulfreund Bertrand Arnold. Vielleicht dachte sie, ich würde das nicht wissen. Ich missgönnte ihr nicht die Leidenschaft. Von mir hatte sie jedenfalls keine zu erwarten, und wenn sie körperlich befriedigt
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