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Bis dass der Tod uns scheidet

Bis dass der Tod uns scheidet

Titel: Bis dass der Tod uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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bevor wir uns eingehender damit befassen konnten, war er eingenickt.
    Ich ließ den sterbenden Mann schlafen. Unsere Unterhaltungen ermüdeten ihn, aber sie schienen ihm zu gefallen. Das war das mindeste, was ich für den Mann tun konnte, der mehr wie ein Vater zu mir war, als Tolstoy es jemals gewesen war.
     
    Ich trat in den Flur hinaus und sah, wie Elsa zur Wohnungstür ging. Sie hatte ihre Dienstbekleidung abgelegt und trug ein rosafarbenes Kleid, das ihre Rundungen betonte. Sie brachte vielleicht fünf Kilo mehr als ihr Idealgewicht auf die Waage, aber bei ihr wirkte das vorteilhaft.
    Ich ging zu ihr an die Tür.
    »Ich wollte mich dafür bedanken, wie sehr Sie sich um Gordo kümmern«, sagte ich.
    »Er ist ein guter Kerl«, meinte sie, »mit freundlichen Augen, die alles sehen. Zu ihm komme ich immer als Letztes, für den Fall, dass er mich braucht.«
    »Möchten Sie zum Essen bleiben?«, fragte ich sie und rechnete schon mit ihrer üblichen abschlägigen Antwort.
    »Ja«, antwortete sie. »Das würde ich gern.«
     
    Ich ging in die Küche und sagte Katrina, wir hätten einen Gast beim Essen.
    »Sie ist eine so liebe Frau«, sagte meine Gattin. »Ein Glück, dass wir sie haben.«
    »Gordo meint, er hätte heute Morgen einen Streit gehört.«
    »Wirklich?«, meinte Katrina, dann: »Ach. Er meint wohl mit Carlos.«
    »Der Hausmeister?«
    »Er kam rauf und sagte, die Jungs würden Zigaretten aus dem Fenster werfen. Ich sagte ihm, hier im Haus raucht niemand.«
    »Hm«, brummte ich und fragte mich, was sie wohl zu verheimlichen hatte.

10
    Hinter der Küche gibt es eine kleine Speisekammer mit Regalen an allen Wänden – vom Boden bis zur Decke. Hier bewahrt Katrina ihre Gewürze, Zutaten und allerhand rätselhafte Utensilien auf. Ich habe einen dreibeinigen Mahagonihocker hineingestellt, um in meiner eigenen Wohnung etwas Ruhe zu finden, solange Gordo im Sterben lag.
    Ich hockte also auf diesem kleinen Boxerstuhl und versuchte, meine innere Balance wiederzufinden.
    Zuzuschauen, wie Gordo dahinsiechte, war hart für mich. Vor zehn Tagen hatte er die letzte Dosis der giftigen Medizin bekommen, die die Ärzte ihm verschrieben hatten.
    Gordo war ein Kämpfer, ich auch. Ihn vom Krebs dahinwelken zu sehen, war so, wie seinen Champion einen Tag nach seiner Glanzzeit zu einem blutigen Haufen zusammengeprügelt zu finden.
    Wäre der Magenkrebs ein Mann, dann hätte ich ihm die Kehle durchgeschnitten, ihn in den Hudson geworfen und wäre dann essen gegangen, ein blutiges Steak und blutroten Wein.
    Es klopfte an der Kammertür.
    »Ja?«
    »Ich bin’s, Daddy«, sagte Katrinas Tochter.
    »Komm rein, Schätzchen.«
    Die Tür ging auf, Licht und Lärm aus Katrinas Küche drangen herein.
    »Warum sitzt du im Dunkeln?«, fragte das Mädchen und machte das Licht an.
    Shellys Haut war dunkelolive, und ihre Augen waren definitiv mandelförmig. Nicht geschwungen wie bei Chrystal und ihrer Nachahmerin, sondern tatsächlich asiatisch. Shelly war die Tochter eines anderen Mannes, eines Diamantenhändlers aus Jakarta, den Katrina mal hatte heiraten wollen – nachdem sie mich abserviert hatte. Allerdings kam er bei einem Erdbeben ums Leben, und Shelly wurde mir als mein Kind untergeschoben.
    Das schlanke Mädchen ließ sich auf meinen Schoß plumpsen, legte mir ihre Arme um den fast kahlen Kopf und gab mir einen Kuss oberhalb des linken Ohrs.
    »Wie geht es dir, Daddy?«
    »Normal eigentlich«, antwortete ich. »Den Kopf unter der Wasseroberfläche, aber immer noch besser als zwei Meter unter der Erde.«
    Sie drückte meinen Kopf fester.
    »Bist du traurig wegen Onkel Gordo?«
    »Hab ich dir jemals erzählt, dass ich hinten im Boxstudio auf einer Pritsche schlafen durfte, wenn ich mal wieder aus einem der Pflegeheime abgehauen war?«
    »Ja, aber das kannst du mir noch mal erzählen.«
    »Essen«, rief Katrina.
    Ich stand auf und nahm Shelly in die Arme. Sie mochte es, wie ein Kleinkind getragen zu werden, und ich liebte sie, auch wenn wir nichts gemeinsam hatten, vom Blut in den Adern bis zu den Perspektiven im Leben.
     
    Ich setzte mich an den Esstisch aus Hickoryholz. Es war groß genug für zehn, doch in letzter Zeit waren wir nur zu viert – Shelly und Twill, Katrina und ich. Dimitri aß nicht mehr mit uns, seit seine Freundin Tatyana Baranovich mit ihrem neuen Lover Vassily Roman nach Russland abgedüst war. Katrina und Shelly brachten die zugedeckten Servierplatten, als Gordo in der Tür erschien, gestützt auf einen

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