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Bis dass der Tod uns scheidet

Bis dass der Tod uns scheidet

Titel: Bis dass der Tod uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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dreißig, in Schwesternuniform statt Zivil, karamellfarben und dünn, mit einem strengen Zug im Gesicht. Dennoch zeigte Colette Martin alle Anzeichen freundlicher Ablehnung.
    »Mr. McGill?«, fragte Schwester Martin.
    Ich habe nie herausgefunden, woher sie meinen Namen kannte. Ihren kannte ich nur wegen des Namensschilds über ihrer winzigen linken Brust.
    »Ja?«
    »Kommen Sie bitte mit.«
    Ich stand auf und folgte Schwester Martin in einen langen Gang, in dem Wände, Boden und Decken alle in demselben fast farblosen grauen Ton gehalten waren. Alle fünf Meter etwa kamen wir an einer Reihe von gelbgrünen Fahrstuhltüren vorbei. Drei Fahrstuhlreihen weiter blieb sie stehen und wählte sorgfältig einen Schlüssel aus, der in das Schloss neben dem Fahrstuhl passte. Sofort glitten die Türen auf, und wir betraten einen erstaunlich großen Raum.
    Schwester Martin wählte einen zweiten Schlüssel aus und steckte ihn in das Schloss zum sechzehnten Stock.
    Es gab keinerlei verbalen Austausch zwischen uns beiden. Es gab nichts mitzuteilen, nichts durch Worte zu gewinnen. Ich stand einfach da, wartete, dass wir ankamen, und als die Türen sich öffneten, trat Schwester Martin beiseite und bedeutete mir, allein auszusteigen.
     
    Das Wohnzimmer, das ich betrat, war eine Palette aus Blau- und Grautönen. Es gab ein Fenster, aber die hellgrauen Rolläden waren geschlossen, darüber hing eine durchsichtige blaue Gardine. Der Tisch in der Ecke war nur fast weiß, und die Stühle (verwandt mit dem Rehlein im Erdgeschoss) hatten an Grün gedacht, aber auf halbem Wege aufgegeben.
    Ich glaube nicht, dass ich jemals eine derartige räumliche Ruhe erlebt habe. Es war wie das Erlebnis eines Zazen-Atemzugs in einem Raum, real und vollkommen ätherisch zugleich.
    »Hallo.«
    Ihre Hautfarbe war hellgelb , wie die Alten gesagt hätten, die Farbe einer dunklen Zitrone. Ihr Kleid war cremeblau mit einem Hauch Satin. Die graubraunen, dicken Haare waren aus einem wohlgeformten runden Gesicht zurückgekämmt, das unaufdringlich und hoch konzentriert zugleich wirkte.
    Wir mochten vielleicht im selben Jahr geboren sein.
    »Mrs. Chambers«, sagte ich.
    »Azure«, erwiderte sie und sprach den Namen ebenso dreisilbig aus, wie ihr Mann es getan hatte.
    Der Gedanke, dass Nate und sie auch trotz der Trennung eines Gemüts waren, machte mich glücklich.
    Sie drehte leicht den Kopf, und ich verstand, dass sie mir einen Platz anbot.
    Ich wusste auch, dass ich die Hände sinken lassen, gemessen sprechen und sie anschauen musste, ohne sie direkt anzustarren. Sie war die Hoheit, ich der Untertan, aber diese Unterscheidung hatte nichts mit Hierarchie zu tun, eher mit Pflichtenteilung.
    Als ich mich in meinen Sessel niederließ, hörte ich leise eine Pianosonate, vielleicht aus einem anderen Raum.
    Hinter Azure war die Wand zurückgesetzt. In diesem flachen Alkoven stand die einzige Abweichung von der ansonsten perfekten Umgebung. Es handelte sich um einen kleinen, kohlschwarzen Tisch, auf dem goldene Rahmen mit Porträts von ihren Kindern und ihrem Mann standen.
    »Und Sie heißen?«, fragte sie und widmete mir ihre ganze wohlwollende Aufmerksamkeit.
    »McGill«, antwortete ich und hoffte, das Wort würde nicht zu spitz oder scharf sein.
    »Sie haben eine Nachricht von Chrystal für mich?«
    Ich sah zu den Porträts hinter ihr hinüber.
    »Ihre Töchter ähneln sich sehr.«
    »Ja, sehr.«
    »Sind die beiden manchmal miteinander verwechselt worden?«
    »Als sie elf und zwölf waren, haben sie öfter Plätze getauscht. Mich haben Sie nicht täuschen können, aber selbst ihre Tanten und Onkel ließen sich manchmal narren.«
    »Wie haben Sie sie unterscheiden können?«, fragte ich.
    »Im Stehen konnte man erkennen, dass Shawnie die Kleinere war. Waren sie allein oder saßen sie, konnte man es an den Augen erkennen. Chrystal hat klassische Augen, und Shawnie sieht immer so aus wie ein wildes Geschöpf, das sich in die Zivilisation verlaufen hat und den Weg zurück in die Wildnis nicht mehr findet.«
    Bei dieser Analyse musste ich an die langen Unterredungen denken, die Nate und sie gehabt haben mussten. Ich spürte seinen Verlustschmerz – und den ihren.
    »Warum sind Sie hier?«, fragte ich.
    »Wo?«
    »Hier, an diesem Ort?«
    »Ach ja«, meinte sie. »Ich habe ein Leiden, ein psychisches Leiden.«
    »Mir kommen Sie ganz normal vor.«
    »Hier drin bin ich das auch. Aber der Lärm und das Chaos da draußen treiben mich in den Wahnsinn. Es gibt ein

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