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Bis dass der Tod uns scheidet

Bis dass der Tod uns scheidet

Titel: Bis dass der Tod uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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nur an dich gedacht. Ich habe all meinen Willen zusammengenommen, um dich wieder gesund und lächelnd zu sehen. Doch später, als du außer Gefahr warst, ging mir auf, dass dies dein Leben war, und selbst wenn wir zusammen sein können, wirst du immer und immer wieder in diesem Bett liegen, bis du dich eines Tages nicht wieder davon erholst.«
    Sie sah mir in die Augen, hoffte vielleicht darauf, dass ich ihre Behauptung widerlegen würde. Aber ich hatte nichts darauf zu sagen.
    »Theda liebt dich und ich auch, Leonid. Ich würde mein Leben für dich geben. Ich würde alles tun … Aber selbst wenn du Katrina verlässt, wie könnte ich dich dann ganz in mein Leben holen, im Wissen, dass du gewalttätig und sinnlos ums Leben kommen wirst?«
    Die Töne des Klaviers ergaben in diesem Augenblick musikalisch keinen Sinn. Dissonanzen, die von nirgendwo herkamen und im Raum verschwanden wie Kinder, die von einem sich schnell drehenden Karussell sprangen.
    Ich hatte keine Antwort auf ihre Frage, also lehnte ich mich zurück und nickte.
    »Wirst du mich weiter lieben?«, fragte sie.
    »Ich bringe dich nach Hause«, antwortete ich.

35
    Irgendwo zwischen Trey’s und Bett rief ich Zephyra an und bat sie, mir einen Platz erster Klasse für den frühesten Acela-Schnellzug nach Baltimore zu buchen. Ich wies Mardi per SMS an, sie solle bei den Immobilienmaklern rings um die Stadt nach einem Kauf suchen, den Chrystal Chambers im Jahr nach dem ersten Erfolg als Malerin getätigt hatte.
    Das Gespräch mit Aura hatte mich, trotz der Flasche Wein, ziemlich ernüchtert. Sie sah mein Leben, wie es war, und liebte mich dafür. Sie liebte, wer und was ich war, und gleichzeitig war das mehr, als ihr Herz ertragen konnte.
    Dieser Gedanke verfolgte mich auf der frühmorgendlichen Taxifahrt zum Bahnhof und den langen Betonbahnsteig zum Erste-Klasse-Wagen entlang. Er setzte sich zu mir auf den Einzelplatz auf der rechten Seite des eleganten Waggons.
    »Erste Klasse, Sir?«, fragte mich eine nicht mehr ganz junge Weiße. Sie hatte rosa-schmutzigblonde Haare, und über dem Kragen blitzte die Andeutung einer Tätowierung auf.
    »Ja.« Ich reichte ihr den Maschinenausdruck, den ich bei Betreten der Penn Station erhalten hatte.
    Sie hielt mir eine Speisekarte hin. Ich winkte ab.
    »Hab im Bahnhof einen Bagel gegessen«, erklärte ich.
    Sie zuckte mit den Schultern und ging weiter zum Platz hinter mir.
    »Guten Morgen«, sagte sie mit Wiedererkennen in der Stimme.
    »Guten Morgen«, erwiderte eine ältere, männliche Stimme mit deutschem Akzent.
    Ich kannte die Stimme – nur die Stimme, nicht den Mann, zumindest nicht persönlich. Es war die Stimme eines Prominenten, den ich aus den Medien kannte.
    Um wen handelte es sich?
    »Sind Sie auf dem Weg zum Präsidenten?«, fragte die Frau.
    »Nur ein Essen«, antwortete der Mann. »Wie geht es Ihren Kindern?«
    Geschmeichelt antwortete sie: »Bestens.«
    »Sind sie gut in der Schule?«
    »Rebecca schon. Felix will nur durch die Gegend fetzen.«
    »Jungen brauchen länger, um sich einzugewöhnen«, sagte der Mann.
    »Das will ich hoffen.«
    Ein weiterer Mann betrat die Kabine. Alles an ihm verriet, dass er für Amtrak arbeitete, aber nicht als Ingenieur oder Kofferträger. Er war älter, fast sechzig, mit einem Blick, der deutlich nach Ärger suchte. Er taxierte mich und ging dann weiter zum Besitzer der Stimme, die ich erkannte, aber noch nicht einordnen konnte.
    »Guten Morgen, Sir«, sagte der Sicherheitsmann von Amtrak.
    »Mr. Landsdale«, begrüßte ihn die Stimme.
    »Behandeln Sie alle zuvorkommend?«
    »Bestens.«
    »Ich hoffe, Sie können denen da unten mal in den Hintern treten, Sir«, sagte der schlanke, grauhaarige Troubleshooter. »Die da unten wollen doch unser Land in ein zweites Russland verwandeln.«
    Der Promi lachte leise und sagte: »Das Rad dreht sich immer weiter, Mr. Landsdale. Wenn Sie lang genug warten, landen Sie wieder genau dort, wo Sie angefangen haben.«
    »Das hoffe ich«, meinte Landsdale, aber ich war mir nicht sicher, ob er die Symbolik verstanden hatte.
    Während die beiden sich unterhielten, stiegen etwa ein Dutzend weiterer Erste-Klasse-Passagiere ein. Frauen und Männer in Geschäftskleidung, mit Handys und Aktentaschen, Laptops und kleinen DVD-Playern.
    Ich stand auf und verstaute William Williams’ Tasche im Gepäckfach über mir. Ich warf einen Blick nach rechts und erkannte, dass der Mann hinter mir niemand Geringeres war als Rainier Klaus, von manchen auch der

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