Bis dass der Tod uns scheidet
herbringen. Wenn Sie noch etwas brauchen, hier ist meine Karte.«
Sie stand auf, um meine Karte zu nehmen, streichelte stattdessen aber meine Finger.
»Möchten Sie noch auf ein Glas Wein bleiben?«, fragte sie.
Sie holte ein zweites Glas und schenkte mehr als nur einmal ein.
Ich erinnere mich an den ersten Kuss.
38
Der Duft von Röstkaffee lag in der Luft.
Sonnenschein sammelte sich in den gelben Chiffongardinen, durch die die kühle Helligkeit auf das weiße Bett fiel. Nirgendwo in diesem Künstlerhaus hing ein Bild an den Wänden. Auf meiner Uhr – das Einzige, was ich noch anhatte – war es sieben Uhr siebzehn.
Ich klopfte auf das Uhrenglas und lächelte.
Als ich mich aufsetzte, fiel mir die erste Flasche Wein wieder ein. Ein sehr guter Tropfen.
Meine Kleidung lag zwei Schritte entfernt säuberlich zusammengefaltet auf einem Eschenholzstuhl mit gerader Rückenlehne. Ich stand auf, plumpste aufs Bett, stand wieder auf, besiegte das Schwindelgefühl und zog mir, kaum schwankend, Hose und Hemd an.
Chrystals Küche war vorwiegend gelb gehalten. Die Spüle war mit leicht unebenen zitronengelben Kacheln ausgelegt, der Boden ein grapefruitgelbes Linoleum mit grünen Flecken hier und da. Wände und Schränke, Decke, Tisch und Stühle waren alle in der Farbe dunkelgelber Rosen gestrichen. Der altmodische Herd war aus gelbem Emaille, unser Frühstück kochte auf kleinen blauen Gasflämmchen.
Chrystal trug nichts außer einem übergroßen violetten T-Shirt.
Ich steckte eine Hand durch den Kragen und umfasste eine Brust, während ich ihr den Nacken küsste. Sie erwiderte die Leidenschaft, indem sie sich an mich drückte.
»Was gibt’s denn Leckeres zum Frühstück?«, flüsterte ich ihr in die Wolke aus Haar.
»Wenn du deine Hand nicht wegnimmst, dann dich, auf dem Stuhl da.«
Ich küsste sie noch mal und zog mich dann vielleicht fünfzehn Zentimeter zurück.
Sie sah mich von oben bis unten an, holte durch geblähte Nasenlöcher tief Luft und lächelte.
»Das war sehr nett gestern Nacht«, sagte sie. »Manchmal braucht man etwas und weiß nicht mal, was es ist.«
Ich seufzte und nickte.
Sie wies auf den Stuhl, mit dem sie mir gerade gedroht hatte.
Mein Blick stellte eine Frage.
»Keine Sorge«, antwortete sie. »Erst füttere ich dich.«
Ich setzte mich schnell hin, und sie lachte.
»Weizenvollkornwaffeln, gebackene Eier und Hickory-Räucherschinken«, zählte sie auf und machte sich dann daran, diese Worte in die Wirklichkeit umzusetzen.
Sie schenkte mir schwarzen Kaffee ein und bot mir heiße Milch an, die ich dankend ablehnte.
Ich schaute ihr beim Kochen zu und schwieg. Sie summte nicht, aber das war auch das Einzige, was fehlte. Mir fiel auf, dass ich mich in meine zurückhaltende Klientin verliebt hatte, als sie mit Fatimas Stimme im Ohr lächelte. Ich war fasziniert von der Liebe, die sie für andere hegte.
»Was?«, fragte sie, während ich mein Herz, einen flatternden, gelben Schmetterling, anlächelte.
»Setz dich«, bat ich sie.
Sie brachte das Frühstück auf einem butterfarbenen Tablett und setzte es mir vor.
Ich erlebte das unvertraute Gefühl von Peinlichkeit.
Nach ein paar Minuten linkischen Schweigens erklärte sie: »Rede mit mir, Leonid McGill.«
»Erst«, fing ich an und musste schlucken, um meine trockene Stimme anzufeuchten. »Erst dachte ich, du hättest ein paar von deinen Stahlbildern aufhängen sollen. Dann wurde mir klar, dass die Zimmer selbst, wie sie dekoriert und bemalt sind, die Kunstwerke sind.«
Chrystal lächelte, und ich kam mir vor wie ein Kind, das seiner Mutter die richtige Antwort gegeben hatte.
»Ich habe schon immer gewusst, dass ich Künstlerin werden würde«, sagte sie, streckte die Hand aus und berührte meine Hand. »Und zwar nicht Wasserfarben oder Radierungen. Ich wollte hart arbeiten, mit gefährlichen Materialien. Ich wollte weich machen, was hart ist, und undurchdringlich, was weich ist.«
»Darüber hast du schon als Kind nachgedacht?«
»Nicht in diesen Worten, aber die Ideen haben sich nicht geändert, seit ich vier bin. Ich habe Cyril nicht geheiratet, weil er reich ist«, fuhr sie fort. »Sondern, weil ich beim ersten Besuch in seinem Haus den langen Flur zu seinem Büro sah und ihm sagte, dass ich ihn grell pink anmalen wolle. Ich sagte, wenn er mir das erlauben würde, dann könne er mit mir machen, was er wolle.«
»Und deshalb hast du ihn geheiratet? Weil er dich zwei Wände hat bemalen lassen?«
»Nachdem wir miteinander
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