Bis dass der Tod uns scheidet
geschlafen hatten, redeten wir … stundenlang. Der Sex hatte mir nicht sonderlich gefallen, aber er konnte sich unterhalten, ohne in Konkurrenz zu treten, und lieben, ohne von Lust oder Dominanz beherrscht zu werden.«
Unsere Blicke kreuzten sich bei diesen letzten Worten, und ich zögerte. Auch das war ein neues Gefühl für mich. Ich fragte mich, ob ich wohl etwas übersehen hatte, eine Grenzüberschreitung, eine Gewöhnung an eine Beziehung, die ich so zuvor noch nicht erlebt hatte.
»Cyril hat mir erzählt, dass er glaubt, eine Kraft zu besitzen, einen Fluch, der ohne seinen Willen agiert«, erklärte Chrystal. »Sein Medium, ein Mann namens Marlowe, hat dies offenbar als Tatsache hingestellt, und wenn ich auch nicht an solches Zeug glaube – seine Frauen sind trotzdem tot.«
In Gedanken ging ich diesen langen pinkfarbenen Flur entlang. Ich wollte noch eine Weile dort verbleiben, um die Bedeutung dessen zu verstehen, was Chrystal vermitteln wollte.
Aber ich hatte einen Job zu erledigen.
»Du glaubst also, er hat sie umgebracht?«, fragte ich.
»Ich glaube, dass er glaubt, es getan zu haben, und ich bin Künstlerin – mein ganzes Leben besteht aus Vorstellungen.«
»Shawna hat mir erzählt, Cyril sei in ein anderes Schlafzimmer umgezogen und telefoniere die ganze Nacht mit einer Frau.«
»Er hat schon immer sein eigenes Schlafzimmer gehabt«, erwiderte Chrystal. »Sex stand nie im Mittelpunkt unserer Beziehung. Aber er war distanziert, und er hat spätnachts telefoniert. Er hat abgenommen, und manchmal war er wochenlang weg.«
»Und deshalb bist du hierhergekommen?«
»Ich habe das Collier verkauft und bin fort. Ich habe Cyril gesagt, ich hätte den Eindruck, er sei meiner überdrüssig, und ich wolle nicht so enden wie seine vorherigen Frauen.«
»Was hat er darauf erwidert?«
»Er hat geschworen, dass er nicht sauer auf mich ist und nur ein paar Monate braucht, um wieder klar denken zu können. In Ordnung, habe ich gesagt, ich würde ihn im Herbst anrufen.«
»War er damit einverstanden?«
Sie zog die Schultern hoch, kam herüber und setzte sich auf meinen Schoß.
Ich küsste sie und fragte: »Aber warum hast du dann Shawna zu mir geschickt?«
»Hab ich nicht.« Sie schüttelte den Kopf, und ich küsste sie noch einmal.
»Welchen Sinn hätte es denn, dass sie einfach so bei mir auftaucht? Und wer würde sie umbringen wollen?«
»Vielleicht ist sie direkt zu Cyril gegangen«, spekulierte Chrystal.
»Und glaubst du, er wäre in der Lage, sie umzubringen?«
Sie stand auf, kehrte zu ihrem Stuhl zurück, und am liebsten hätte ich kein Wort mehr über die ganze Angelegenheit verloren.
»Ich weiß nicht«, antwortete sie nach einer langen Gedankenpause. »Ich habe nie Angst vor Cyril gehabt. Ich habe die Gewalt gespürt, die ihn geformt hat, aber sie schien keinerlei Motilität zu besitzen.«
Der Gebrauch dieses Wortes rüttelte mich wach. Mir wurde plötzlich vor Augen geführt, wie komplex Chrystal war, eine merkwürdige Mischung aus Schwarzenviertel und Doktorandin, von einem Matrosen der Handelsmarine und einer Frau, die in vollkommenem Gleichgewicht ist, solange man ihr keine grellen Farben zeigt.
»›Die Gewalt, die ihn geformt hat‹, sagst du?«
»Sein Vater war ein brutaler Kerl«, klärte mich Chrystal auf. »Er hat seine Brüder und ihn geschlagen, und die Mutter auch. Die einzige Möglichkeit, wie Cyril Rache an seinem Vater nehmen konnte, bestand darin, im Geiste so zu tun, als habe er ihn umgebracht.«
»Und wie kommt da die Erbschaft ins Spiel?«
»Ich habe ihn vor der Hochzeit dazu bewegt, einen Ehevertrag aufsetzen zu lassen, in dem unsere Gelder getrennt werden, aber zum vierten Hochzeitstag hat er sein Exemplar zerrissen. Er hat gesagt, er liebt mich und vertraut mir.«
»Sieben Jahre, richtig?«, fragte ich, womit ich die Dauer ihrer Ehe meinte.
Chrystal nickte.
»Er hat mich engagiert, dir eine Botschaft zu überbringen«, erklärte ich.
»Welche?«
»Ich liebe Dich und wäre niemals wütend wegen irgendeiner Deiner Taten oder Fehltritte.«
Die tollpatschige Formulierung malte Chrystal den Hauch eines Lächelns auf die Lippen.
»Ich muss dich was fragen«, sagte ich.
»Wird mich das davon abhalten, dich noch einmal zu besteigen?«
»Womöglich.«
»Das ist eine Begabung«, fand sie. »Es ist schwerer, eine Frau zu bremsen, musst du wissen.«
»Du scheinst nicht sonderlich schockiert darüber zu sein, dass Shawna möglicherweise tot ist.«
»Sie haben viele
Weitere Kostenlose Bücher