Bis dass der Tod uns scheidet
du sicherer.«
Dustys Farbgebung passte zu ihrem Namen. Ihre Haut war gräulich braun, wie ein Mäusefell, und ihre Augen waren ungesund gelb unterlaufen. Sie saß hinter einem alten Lehrerpult und war wohl so alt wie ich, wirkte aber älter.
Das Geschäft war ein langer, schmaler Schlauch mit übereinanderstehenden Waschmaschinen und Trocknern auf der einen und Holzbänken auf der anderen Seite. Kundschaft war keine zu sehen, aber fünf oder mehr Maschinen liefen.
Man ließ wohl seine Sachen bei Dusty, und sie wusch sie dann und berechnete nach Gewicht.
»Haben Sie Wäsche?«, platzte sie heraus.
»Ich bin gleich wieder weg«, erwiderte ich.
»Keine komischen Sachen hier, Mister.«
»Ich suche nur nach einer Freundin.«
»Das hier is keine Bar«, brummte sie, »und auch kein Hurenhaus.«
»Schon okay, DD«, erklang eine Stimme hinter einer großen verchromten Waschmaschine hervor, die wie eine Wache dastand, die die anderen Maschinenbrüder und -schwestern beschützte. Das riesige Ding hatte eine runde Glastür, hinter der rote und orangefarbene Blitze durch schmutzigen Schaum schossen.
Seema steckte den Kopf hinter dem wackelnden Monster aus Chrom und Glas hervor. Sofort starrte sie Chrystal an.
»Wer is’ n das?«, wollte sie wissen.
»Die Freundin, die ich hier besucht habe«, antwortete ich. Jedes einzelne Wort war wahr, auch wenn es da einige zeitliche Ungereimtheiten gab.
Seema blieb argwöhnisch. Sie trug noch immer die schäbigen Sachen vom Vortag. Einzige Ergänzungen waren eine kleine rote Stofftasche, die sie mit beiden Händen umklammert hielt, und ein geschwollenes linkes Auge.
»Und jetzt?«, fragte sie.
»Das sollte ich dich fragen, Mädchen. Hier sind wir. Was möchtest du?«
»Ich muss hier weg«, erklärte Seema. »Ich muss von dem Typen los.«
Dabei sah sie Chrystal an. Bislang war ich nicht davon ausgegangen, dass sie wohl dachte, ich hätte angeboten, sie in einer Art romantischer oder vielleicht geschäftlicher Beziehung aufzunehmen. Dass der Gedanke mir erst jetzt kam, so sehr hatte mich die schlecht beratene Spielerei mit meiner Klientin abgelenkt.
»Hast du Familie?«, fragte ich Seema.
»Keine, die ich sehen will. Außerdem kennt Brody alle meine Leute.«
»Warst du je bei Eastern Light?«, fragte Chrystal.
»Die Kirche drüben hinterm Hafen, meinen Sie?«
»Das ist eine Zuflucht«, erklärte uns Chrystal. »Das Haus wird von Hindus geleitet, aber sie predigen und missionieren nicht.«
»Häh?«, machte Seema.
»Brody ist draußen«, warnte uns Dusty.
Ein meergrüner Chevrolet aus den Achtzigern fuhr an der Fensterfront vorbei. Ich griff in die Tasche und legte meine Hand auf eine Waffe, für die ich in Maryland keine Lizenz hatte. Ich spürte, wie meine Rückenmuskulatur sich anspannte, und musste tief Luft holen, um meine natürlichen Impulse zu beruhigen.
»Lasst uns hinten rausgehen«, sagte ich zu meinen Schützlingen.
Die beiden wussten, dass es in solchen Augenblicken besser war, Befehlen zu gehorchen.
Die Hintertür von Dustys Laden ging auf eine nach Maden und menschlichen Fäkalien stinkende Gasse hinaus. Die Gasse war breit genug für ein Fahrzeug, und eine Reihe von Bewohnern lungerte in Türeingängen, Nischen, Spalten und Ritzen herum. Ich führte die Frauen hinaus, behielt aber meine Hand an der Waffe.
Wir kamen auf die Allen Street und umrundeten den halben Block zur Phillips Avenue. Als wir die Straße zu meinem sonnigen kleinen Auto überquerten, entdeckte ich Brody, der, begleitet von zwei weiteren Männern, gerade Dustys Laden betrat. In diesem Augenblick schaute er zu mir herüber und sah mich an. Seema versteckte sich hinter meinem massigen Körper. Brody erkannte weder meinen Anzug noch meine Gestalt wieder.
Zum Glück für ihn und seine Freunde.
Eastern Light war ein Tempel alten ostasiatischen Zuschnitts und lag in einem netteren Teil der Stadt. Auf dem Weg dorthin erklärte uns Chrystal, was dort vor sich ging.
»Sie bieten den Menschen Zuflucht für Leib und Seele«, erläuterte sie. »Sie geben Kurse, kochen und bieten für besondere Fälle kleine Zimmer mit Schlafgelegenheit.«
»Und woher weißt du so viel darüber?«, fragte ich sie.
»Ich helfe dort als Freiwillige mit und spende Geld.«
»Brody wird mich da finden«, fürchtete Seema.
»Das glaube ich nicht«, versicherte ihr Chrystal. »Der Tempel läuft unterhalb des Radars, und sie nehmen nicht viele Mitbewohner auf. Fürs Erste zumindest wirst du im
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