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Bis dass der Tod uns scheidet

Bis dass der Tod uns scheidet

Titel: Bis dass der Tod uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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demselben Ton zurück.
    »Liebst du mich denn gar nicht mehr?«
    »Doch, tu ich«, antwortete er, sah aber noch immer den Tiger an.
    »Na, dann komm her und gib mir einen Schmatz.«
    Der Junge lachte und rannte zu der Meute zurück.
    Nach einer ganzen Weile voller Spiele und Wiedersehensfreude brachte Theda die Kinder auf ihr Zimmer, um dort das Burgspiel zu spielen, das sie so gern mochten. Aura, Chrystal und ich setzten uns an einen ovalen Tisch mit Blick auf den Gramercy Park, um Wein zu trinken und über Mord zu reden.
    »Du weißt also nicht, wovon deine Schwester gesprochen hat, als sie in mein Büro kam?«, fragte ich Chrystal.
    »Nein«, antwortete sie, »überhaupt nicht. Ich meine, ich kam mir tatsächlich von Cyril beiseitegeschoben vor, und ich machte mir Sorgen wegen der Geschichte mit den toten Frauen, aber er wollte mich nicht umbringen. Und selbst wenn, wäre ich damit nicht zu Shawnie gegangen. Sie hatte ja nicht mal ihr eigenes Leben im Griff.«
    »Aber du hast ihr das Geld gegeben, mit dem sie mich bezahlt hat.«
    »Ich habe ihr fünfzigtausend gegeben. Ein Teil war für sie, der andere für Tally, falls er was brauchte. Sie sagte, sie wolle aus der Kommune ausziehen und sich einen Job in einem Schönheitssalon suchen.«
    »Und du hast ihr einfach so viel Geld gegeben?«, fragte ich.
    »Ja. Warum?«
    »Das ist eine Menge Geld.«
    »Na und? Mein Mann besitzt in Brasilien eine Farm, und man braucht drei Wochen, um sie zu Fuß zu durchqueren. Ein Flur in seinem Haus ist auf dem freien Markt eine Million Dollar wert. Und außerdem interessiere ich mich nicht sonderlich für Geld.«
    Aura schwieg und lauschte einem Gespräch, das mit Worten und ohne geführt wurde.
    »Fatima hat mir erzählt, dass sie ihre Mutter in einem Garten in der Nähe ihres Wohnhauses begraben haben«, sagte Chrystal.
    »Ich habe die Polizei gerufen. Falls sie sie gefunden haben, dann hätte das in der Zeitung gestanden.«
    »Hat es«, erklärte Aura. »Heute Morgen. Die Polizei hat sie gestern gefunden.«
    Ohne weitere Aufforderung ging Aura in die Küche und kehrte mit der Post zurück. Die Story kam erst auf Seite acht, wegen eines abgehalfterten Hollywood-Stars, der es ein letztes Mal in die Schlagzeilen gebracht hatte – Überdosis.
    Wir schwiegen, während Chrystal die Todesnachricht las.
    Kinderlachen drang durch die Tür.
    Chrystal legte die Zeitung weg und sah mich an.
    »Ich habe keine Ahnung, was hier los ist«, sagte sie. »Aber ich möchte, dass du herausfindest, wer das getan hat.«
    »Sie hat mich engagiert, um dich zu beschützen«, erwiderte ich.
    »Sie kann hierbleiben, Leonid«, erklärte Aura. »Keiner weiß davon, und die Kinder brauchen sie.«
    »Danke«, sagte Chrystal, und damit war die Angelegenheit erledigt.
    »Ich bin nicht die Polizei«, sagte ich zu allen, die es hören wollten. »Ich verhafte niemanden, ich kläre auch keine Verbrechen auf. Ich schaue mir die Sache ganz genau an, um sicher zu sein, dass Shawnas Kinder und du in Sicherheit seid. Aber wenn ich auch nur in die Nähe der Wahrheit komme, übergebe ich die Sache den Cops. Leute verhaften und sie vor Gericht zu bringen, dafür zahlst du Steuern.«
    »In Ordnung. Ich muss es nur wissen.«
    Das war das Ende unseres kleinen Tête-à-tête-à-tête. Zeit für mich, zu verschwinden und die Straßen für Künstlerinnen und Waisenkinder sicherer zu machen. Doch hier am Tisch zwischen diesen beiden Frauen (die ich beide mehr liebte als die mir seit über zwanzig Jahren angetraute) war ich wie versteinert.
    Chrystal streckte eine Hand über den Tisch und berührte mich am linken Handgelenk.
    »Danke.«
    Aura nahm diese intime Geste wahr. Ich schaute sie an, und sie erkannte diesen Blick in meinen Augen. So musste Escher wohl die Welt gesehen haben: eine endlose Reflexion wachsender und schwindender Erkenntnis.
    »Aura«, sagte ich.
    »Ja, Leonid?«
    »Ich brauche vielleicht einen Raum, um die Sache zu Ende zu bringen.«
    »Büro oder Wohnung?«
    »Eine Wohnung wäre toll.«
    Ohne ein weiteres Wort stand sie auf und ging zur Schlafzimmertür.
    Als sie gegangen war, merkte Chrystal an: »Mach dir keine Sorgen. Ich werde keine Schwierigkeiten machen.«
    Ein weiterer Blickwinkel im undurchdringlichen Knoten des Verlangens.
    Aura kam mit zwei Schlüsselbunden mit jeweils drei Schlüsseln zurück.
    »East 31st Street, gleich bei der Madison Avenue«, sagte sie. »Adresse und Wohnungsnummern stehen auf den Anhängern.«
    »Behalte den hier und deponiere

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