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Bis die Daemmerung uns scheidet

Bis die Daemmerung uns scheidet

Titel: Bis die Daemmerung uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Caine
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schnell. Kim geflohen, Shane, Michael … Bishop und Gloriana, die Kämpfe, Wassily … das alles war ein riesengroßer, unordentlicher, blutiger Haufen Chaos und jetzt wollte auch noch Oliver losziehen und alles vernichten.
    Amelie hätte Nein sagen sollen. Stattdessen sah sie Oliver ruhig an, faltete förmlich die Hände vor ihrem Körper und sagte: »So sei es. Krieg. Bring mir ihre Köpfe.«
    »Warten Sie«, sagte Claire und rappelte sich auf. »Warten Sie, das können Sie nicht tun. Sie können nicht alle umbringen. Ich habe Ihnen doch gesagt, Gloriana benutzt eine Art von …«
    »Blendung, ja, das hast du schon erwähnt«, unterbrach Amelie. »Aber weißt du, das ist mir jetzt gleichgültig. Sie haben versucht, mich umzubringen, sie haben mich angegriffen und meine Leute getötet. Es gibt Zeiten, in denen Gnade und wohlüberlegte Gerechtigkeit nicht mehr angemessen sind. Und dies ist eine solche Zeit.«
    Oliver neigte den Kopf, drehte sich auf dem Absatz um und stolzierte davon. Er ging rasch wegen der Sonne, denn er bekam schon Sonnenbrand, aber er grinste bösartig.
    Mr Martin. Claire blickte nach unten und sah, dass auch er von der Sonne verbrannt war und gerade die alarmierende Farbe eines Hummers annahm. Sie fand ein Stück Blech, das noch intakt war, und schleppte es zu ihm als Sonnenschutz. Er lächelte sie dankbar und ein wenig schmerzverzerrt an. »Ich bin gleich wieder auf den Beinen«, sagte er. »Amelie, es tut mir leid. Ich hätte sie aufhalten sollen.«
    Amelie sah ihn geistesabwesend an. »Ja«, sagte sie. »Aber ich werde darüber hinwegsehen. Sie sind ein wertvoller Agent.« Olivers schwarzer Mantel flatterte im Wind, als sie davonging. Sie sah aus wie ein Kind, das sich wie ein Detektiv aus einem alten Film verkleidet hatte, aber sie hatte nichts Sanftes an sich. Sie war klein, aber tödlich wie eine Schlange. Sie drehte sich noch einmal um und rief ihnen zu: »Komm, weg hier, Claire. Es gibt nichts mehr zu tun. Ich brauche dich woanders.«
    Claire blickte auf Mr Martin hinunter. Er erwiderte ihren Blick und zuckte ein wenig mit den Schultern. »Sie ist sehr zornig«, sagte er. »Du tust gut daran, sofort zu gehorchen.«
    »Werden Sie zurechtkommen?«
    Sein Lächeln verblasste. Er schien ehrlich verwirrt. »Warum kümmert dich das?«
    »Ich weiß nicht«, sagte sie. »Es kümmert mich eben.« Claire ignorierte Amelie, drehte sich langsam zu der brennenden Ruine um und bewegte sich darauf zu. Im Moment war sie weit genug von Oliver und Amelie entfernt, sodass sie ihr keine Aufmerksamkeit schenkten.
    Shane.
    Claire fing an zu rennen. Sie hörte hinter sich jemanden brüllen, aber sie blieb nicht stehen. Sie lief noch schneller, sprang über ein verbogenes Metallstück und duckte sich unter einem brennenden Balken hindurch.
    »Ach, lass sie einfach gehen«, hörte sie Oliver rufen. Claire hatte befürchtet, dass er ihr folgen würde, aber tatsächlich war er Amelie nicht von der Seite gewichen. »Sie hat das Recht, selbst nachzuschauen.«
    Allein kam sie vor der Metallruine an. Dort, wo die Explosion das Gebäude nicht völlig in Stücke gerissen hatte, war es in sich zusammengestürzt. Dort, wo die Pfeiler noch standen, ragte ein Teil davon in einem schiefen, sonderbaren Winkel in den Himmel. Claire rannte zu dieser Stelle, während sie hörte, wie die Ruine im peitschenden Wind knarrte und bebte.
    Erst als sie drinnen war, dachte sie daran, dass das ächzende Metall ihr gefährlich werden könnte. Es würde alles einstürzen.
    Aber vorher musste sie es herausfinden. Sie musste ihn finden.
    »Shane!«, schrie sie, doch in ihren Ohren klingelte noch immer die Explosion, weshalb ihr der Schrei seltsam gedämpft vorkam. Vielleicht konnte auch er sie nicht hören. Vielleicht gab er deshalb keine Antwort. »Shane, antworte mir!«
    Fast wäre sie die Treppe hinuntergefallen, die von dem rissigen Betonboden nach unten führte. Wahrscheinlich war sie einmal abgedeckt oder mit einem Geländer versehen gewesen, doch jetzt war da nur noch ein schwarzes Loch im Boden. Ein Sonnenstrahl fiel durch das kaputte Dach und beleuchtete die Stufen bis ganz an ihr Ende.
    Sie stieg hinunter.
    Unten reichte das Licht nicht mehr weit, aber war doch genug, um ein paar Dinge erkennen zu können. Die Metallstäbe des riesigen Käfigs. Und die Bestuhlung. Sie hatte diesen Raum schon auf dem Video gesehen. Shane war hier gewesen, zum Kämpfen.
    Claire ging langsam vorwärts und versuchte zu erkennen, ob irgendjemand da war.

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