Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis die Daemmerung uns scheidet

Bis die Daemmerung uns scheidet

Titel: Bis die Daemmerung uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Caine
Vom Netzwerk:
sagen. Und Sie laufen danach nicht sofort zu Amelie und erzählen ihr alles.«
    »Der letzte Teil gefällt mir nicht.«
    »Er braucht Ihnen auch nicht zu gefallen. Kommen Sie mit oder lassen Sie es, wenn es Ihnen nicht passt.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Dann komme ich mit. Wartet hier. Ich hole meine Sachen.«
    Er ging in den Raum hinter dem Labor, der auch sein Schlafzimmer war – vorausgesetzt Myrnin schlief überhaupt mal. »Sachen?«, sagte Eve. »Er hat Sachen?«
    »Wahrscheinlich eine ganze Menge«, sagte Claire. »Er erfindet sie in seiner Freizeit.«
    Und tatsächlich – als Myrnin zurückkam, trug er eine Tasche, die noch ein bisschen größer war als die beiden von Claire und Eve.
    »Was ist da drin?«, fragte Eve. »Ihre Häschenpantoffeln?«
    Myrnin warf sich die Tasche über die Schulter und sagte: »Eine Projektilwaffe, die silberzerstäubende Patronen und anderes verschießt.«
    »Wie bitte?«
    »Wie Tränengas, nur mit Silberpuder«, sagte Claire. »Das wird in der Luft zerstäubt, nicht wahr?«
    »Genau. Ich habe ein paar Dinge dabei, die ich gern ausprobieren würde.« Tatsächlich schien er von der Idee richtig begeistert zu sein. »Ich habe so selten die Gelegenheit, etwas in der Praxis auszuprobieren. Amelie ist in diesen Dingen immer so konservativ.«
    »Ohne Witz jetzt«, sagte Eve.
    Myrnins Augen weiteten sich. Fragend sah er Claire an, die mit den Schultern zuckte. »Das bedeutet, dass sie einverstanden ist«, sagte sie. Eve ging auf die Treppe zu und Myrnin wollte ihr folgen, doch Claire hielt ihn zurück. »Moment. Sie kommen jetzt aber nicht mit, um hinterher jemand anderem Bericht zu erstatten.«
    »Das würde ich nicht tun. Ich bin keine … wie nennt man das? Hetze?«
    »Petze. Oder Verräter.«
    »Ich würde es euch ganz ehrlich sagen, wenn ich vorhätte, euch an Amelie zu verraten«, sagte er und sein Blick aus den schimmernden schwarzen Augen traf ihren. »Ich hänge nicht besonders an deinem Freund Shane, aber ich werde dir helfen. Es gefällt mir nicht, dass Gloriana so viel Einfluss in der Stadt hat und dass Bishop hier sein Unwesen treibt. Das kann für niemanden gut ausgehen. Eher würde ich es mit ihnen aufnehmen, als zu riskieren, dass Amelie zu Schaden kommt.«
    Das war das erste Mal, dass sie Myrnin etwas über Amelie sagen hörte, was man als freundschaftlich interpretieren konnte. Claire runzelte die Stirn und fragte: »Weil Sie sie mögen?«
    »Na ja, das natürlich zum einen. Aber ich kann mir außerdem nicht vorstellen, dass Oliver meine Forschungen so gründlich unterstützen würde. Du? Er hat nicht so viel Respekt vor der Wissenschaft und der Alchemie.« Myrnin machte eine elegante Handbewegung in Richtung Treppe und verbeugte sich tief. »Nach dir, meine Liebe.«
    »Sie werden einen Hut und einen anderen Mantel brauchen. Es ist sonnig.«
    »Mist.« Er griff nach einem verratzten, langen alten Trenchcoat mit zerrissenem Ärmel und einem Schlapphut, der wie etwas aussah, was eine kleine alte Dame zur Gartenarbeit aufsetzen würde. Aber nur, wenn die kleine alte Dame farbenblind wäre. »Genügt das?«
    »Großartig«, sagte Claire. »Dann mal los mit dem ganzen Zirkus.«

14
    M yrnin hatte ein Auto. Das überraschte Claire. Sie hätte nicht gedacht, dass er dafür Verwendung hätte. Aber Amelie hatte zweifellos mit Notfällen gerechnet, deshalb stand ein konservativer Wagen mit dunkel getönten Scheiben in dem heruntergekommenen Schuppen hinter Gramma Days Haus. Das Auto war nicht abgeschlossen und von einer dicken Staubschicht bedeckt, weshalb sich Claire fragte, ob es überhaupt je bewegt worden war. Myrnin hatte keine Ahnung, wo der Schlüssel war. Claire fand ihn an einem Nagel hinter der durchhängenden Tür des Schuppens.
    Sie luden gerade die schwarzen Taschen in den Kofferraum, als die Schuppentür aufglitt und die Silhouette einer untersetzten, gebeugten Gestalt vor dem Sonnenlicht erschien. Claire brauchte einen Augenblick, bis sich ihre Augen daran gewöhnt hatten, aber dann erkannte sie das faltige, entschlossene Gesicht von Gramma Day unter einer weichen Wolke aus grauem Haar. Gramma trug ein geblümtes Kleid und Hausschuhe. Außerdem hatte sie ein Gewehr dabei, das so groß war, dass Claire hätte schwören können, dass Gramma Day es nicht heben konnte.
    Sie sah aber definitiv so aus, als wüsste sie, wie man damit umgeht. Mit einem schweren, metallischen tschack-tschack lud sie das Gewehr durch und brachte dadurch alle drei zum Erstarren. Sogar

Weitere Kostenlose Bücher