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Bis die Daemmerung uns scheidet

Bis die Daemmerung uns scheidet

Titel: Bis die Daemmerung uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Caine
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Geräusche seiner Games hören. Eve würde laut Musik hören. Wenn beide gleichzeitig zu Hause wären, würde noch Geschrei dazukommen.
    Michael war auch nicht da, sie hörte niemanden Gitarre spielen.
    »Halloooooo«, rief sie, während sie die Tür hinter sich abschloss, eine Maßnahme, die in Morganville Standard war. »Hausgeist? Sonst jemand?« Nicht dass sie noch einen Hausgeist gehabt hätten, aber sie fand es höflich zu fragen. Es waren schon seltsamere Dinge passiert.
    Stille. Claire stellte ihren Rucksack auf dem Sofa ab, auf ein Sweatshirt, das irgendjemand (Shane) dort zusammengeknüllt hatte liegen lassen. Dann ließ sie sich ebenfalls aufs Sofa fallen und streckte sich aus. Es kam selten vor, dass sie das Haus für sich allein hatte. Eigentlich war das auch mal ganz nett. Seltsam, aber nett. Jetzt, da niemand rumorte, konnte sie eine Art leises, elektrisches Vibrieren hören, das von allen Seiten kam – von Wänden, Fußböden und Decken. Das Haus lebte.
    Claire steckte die Hand nach unten und tätschelte den Holzboden. »Gutes Haus. Braves Haus. Wir sollten mal neu streichen oder so. Um dich wieder hübsch zu machen.«
    Sie hätte schwören können, dass das tiefe Summen des Hauses sich in ein leises, zustimmendes Schnurren verwandelte.
    Eine halbe Stunde später stand sie auf und sah auf dem Tisch und an anderen Stellen nach, ob jemand eine Nachricht hinterlassen hatte, aber sie fand keinerlei Hinweis darauf, wann sie damit rechnen konnte, dass wieder jemand auftauchte. Gerade wollte sie nach oben gehen, um zu lernen, als ihr der Flyer ins Auge stach. Er war vom Küchentisch gefallen und lag eingerollt am Boden. Sie hob ihn auf und glättete ihn.
    Das neue Kampfsportstudio. Eve war wahrscheinlich nicht dort, aber man konnte definitiv davon ausgehen, dass Shane dorthin gegangen war. Gedankenverloren tippte Claire auf das Papier, dann lächelte sie.
    »Warum nicht?«, fragte sie. Das Haus antwortete nicht oder es hatte keine Meinung zu diesem Thema. »Etwas Bewegung täte mir gut. Und ich muss dieses Studio einfach mal sehen.«
    Sie rannte nach oben und zog sich eine tief sitzende Jogginghose und ein verwaschenes T-Shirt mit The-Killers-Werbeaufdruck an. Im letzten Moment steckte sie sich noch die goldene Gründerinnen-Nadel an den Kragen. Sie kratzte zwar, aber besser, als ohne Schutz draußen erwischt zu werden. Noch hatte sie ja keine Kampfausbildung.
    Draußen dämmerte es bereits. Ein kalter Wind ließ das Laub in den Dachrinnen rascheln und Claire bereute, dass sie keinen Pulli mitgenommen hatte. Ein paar Autos fuhren an ihr vorbei, einige hatten verdunkelte, vampirfreundliche Fenster. Das neue Fitnessstudio lag in einem der weniger belebten Stadtviertel in der Nähe von ein paar Lagerhäusern, die schon bessere Tage gesehen hatten, und Geschäften mit bereits ausgebleichten »Geschlossen«-Schildern in den Fenstern. In dieser Industriewüste leuchtete nur noch ein einziges Neonschild, auf dem ein rot-grüner Drache abgebildet war, der seinen Schwanz durch die Luft schwang.
    Die Fassade des Studios sah neu renoviert aus und Claire hätte schwören können, dass es noch nach frischer Farbe roch. Auf dem Parkplatz und an der Straße standen viele Autos. Zu ihrer Überraschung entdeckte Claire darunter auch Eves schwarzen Leichenwagen. Sie hatte nicht erwartet, dass Eve ein Fan der Kampfkunst war. Nun ja, von ihr selbst hätten die Leute wahrscheinlich auch nicht erwartet, dass sie hier aufkreuzen würde.
    Es gab keine Fenster, durch die man hätte schauen können, deshalb zog Claire die schwere Metalltür auf und ging durch einen großen gefliesten Vorraum zu einer Holztheke. Ein aufgestylter Typ, der wahrscheinlich gerade erst das College abgeschlossen hatte, saß auf einem Hocker dahinter und las in einer Zeitschrift. Er hatte eine Menge Tattoos und extrem kurz rasiertes Haar. Als er aufblickte und sie sah, schossen seine sandfarbenen Augenbrauen nach oben.
    »Hast du jetzt Unterricht?«, fragte er.
    »Ähm, vielleicht. Ich wollte mich nur mal informieren.«
    »In Ordnung. Für die ersten paar Besuche kannst du einzeln bezahlen, danach gibt es eine Monatsgebühr, die nicht zurückerstattet werden kann.« Er schob ihr ein Klemmbrett und einen Stift hin. »Füll das Formular hier aus. Das macht dann zehn Dollar.«
    Zehn Dollar waren ganz schön viel, wenn man sich nur informieren wollte, doch Claire schrieb Name, Adresse, Telefonnummer, medizinische Vorgeschichte und all die anderen Sachen auf,

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