Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)
… Meth … dieses Dreckszeug.« Sie sah mich an. »Wann kommt er zurück?«
»Keine Ahnung. Lauf weiter.«
Anfangs war sie ziemlich wackelig auf den Beinen gewesen und ich hatte sie stützen und festhalten müssen, wenn sie stolperte –, doch mit der Zeit bekam sie ein bisschen mehr Zutrauen, und als wir jetzt eine neue Runde durch den Wohnwagen anfingen, schlurfte sie ganz ohne Hilfe herum. Trotzdem redete ich immer noch auf sie ein – quatschte einfach drauflos, meistens über nichts – und sorgte dafür, dass sie nicht wieder einnickte.
»Wie lange kennst du ihn schon?«
»Wen?«
»Stevie?«
»Keine Ahnung … schon ewig, Mann.«
Ich probierte noch mal mein Handy aus – immer noch kein Signal.
»Wie heiße ich?«
»John.«
»John und wie weiter?«
»Weiß ich nicht …«
»Doch, das weißt du.«
»Gib mir ’ne Zigarette.«
»John wie?«
»Jetzt gib mir einfach ’ne scheiß Zigarette.«
Ich gab ihr eine Zigarette und zündete mir auch eine an. Ich hatte Kopfschmerzen … der prasselnde Regen auf dem Wohnwagendach hämmerte in meinen Ohren … mein Mund war ausgetrocknet. Ich brauchte einen Whisky.
»Craine«, sagte Robyn und stieß den Rauch aus. »John Craine.«
»Erinnerst du dich an mich?«
»Nein … ja, du warst im Pub. Stevie hat gesagt, du wärst …«
»Ich wär was?«
»Weiß ich nicht mehr.«
Wir kamen wieder am Fenster vorbei … ich schaute von Neuem hinaus, schaute nach Stevie …
»Wo ist mein Handy?«, fragte Robyn, blieb plötzlich stehen und wühlte in ihren Taschen.
»Weiß ich nicht.«
»Ich will ihn anrufen, hören, wo er ist – «
»Nein, willst du nicht.«
»Hast du mein Handy?«
»Nein.«
»Scheiße, wo ist es?«
»Keine Ahnung.«
»Gib’s mir.«
»Ich hab dein Handy nicht, Robyn. Hier …« Ich fasste in die Tasche und reichte ihr meins. »Nimm das.«
Sie sah mich an, nahm das Handy und schaute aufs Display. »Kein Signal.«
Ich zuckte die Schultern.
Sie gab es mir zurück.
Ich fragte: »Wie geht es dir jetzt?«
»Scheiße, verdammt.«
»Du fluchst zu viel.«
»Verpiss dich.«
Ich lächelte sie an.
Nach kurzem Zögern lächelte sie zurück.
»Du siehst schön aus, wenn du lachst«, sagte ich.
»Ja?«, sagte sie und schniefte verlegen. Sie putzte sich die Nase und wischte gleichzeitig das Lächeln aus ihrem Gesicht. »Was geht dich das an, wie ich aussehe?«
»Ich wollte bloß sagen – «
»Und was machst du hier überhaupt, verdammte Scheiße?«
»Ich pass auf dich auf«, antwortete ich. »Versuch dir zu helfen.«
»Ich brauch keine Hilfe.«
Ich sah sie an. »Weiß Stevie über Linda und dich Bescheid?«
Sie erstarrte. »Was?«
»Wenn er weiß, dass du mit Linda Kontakt hast – «
»Wer ist Linda, verflucht?«
»Ist gut, Robyn«, sagte ich leise und schaute ihr in die Augen. »Ich weiß alles. Deshalb bin ich hier. Du musst mir nichts vorspielen.«
»Ich spiel nichts – «
»Hör zu«, sagte ich bestimmt und fasste sie an den Schultern. »Das ist jetzt sehr wichtig.«
»Ich muss nichts – «
»Scheiße, hör einfach zu , ja?«
Sie starrte mich an und ihr stieg Wut in die Augen, aber sie sagte nichts.
»Schau«, sagte ich, »ich weiß, was läuft, hast du verstanden? Ich weiß alles über die Drogen, die reinkommen, ich weiß, wer daran beteiligt ist, ich weiß von der Zollfahndung und ich weiß, dass du Lindas Informantin bist.«
Robyn sagte nichts, sondern starrte mich nur weiter an. Sie bemühte sich, trotzig zu wirken, aber ich konnte sehen, wie ihr die pure Angst in die Augen stieg.
»Ist alles gut«, versicherte ich ihr. »Wegen mir musst du dir keine Sorgen machen. Ich gehöre nicht zum Zoll, ich gehöre nicht zu Garrow oder Tait, ich gehöre zu niemandem. Ich bin nur …«
»Was?«, fragte sie leise. »Du bist nur was?«
Ich seufzte. »Wieso setzen wir uns nicht?«
Sie sah mich einen Augenblick an, wollte etwas sagen, ließ es dann aber bleiben und nickte nur. Während sie zum Bett ging und sich auf die Kante setzte, schaute ich wieder aus dem Fenster, sah aber nichts als eine schwarze Regenwand.
»Warte einen Moment«, sagte ich zu Robyn, ging in die Küchenecke, steuerte auf die Toilette zu, schob die Falttür zurück und schnappte mir eine Flasche Johnny Walker Black Label aus einer der Holzkisten, die an der Wand gestapelt standen. Ich riss das Siegel auf und schraubte den Deckel ab, fand ein relativ sauberes Glas, wischte es mit demJackenärmel kurz aus und füllte es halb voll mit Whisky. Als ich
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