Bis euch der Pfähler holt!
brauchten sie einfach, um weiterhin existieren zu können. Wenn er daran dachte, daß fünf Vampire durch die Gegend schlichen und sich Opfer holen wollten, wurde ihm ganz anders. Er konnte den Schauer einfach nicht vermeiden, der ihn erfaßte, aber auch die kochende Wut nicht, die in seinem Innern wie eine Glutwelle hochstieg.
Es war ein Wetter, um spazierenzugehen. Marek dachte nicht an den Wintergang. Er wollte im warmen Haus bleiben, wo das Feuer im Kamin brannte und er nicht dem kalten Ostwind ausgesetzt war. Es schneite nicht mehr. Der Himmel war klar, abgesehen von einigen langen, federigen Wolken, die als dünne Schleier auf dem blaßblauen Firmament lagen. Das Wetter konnte sich schnell ändern, dann würde wieder der Schnee in Massen fallen und die Schicht noch verdicken.
Marek hatte seinen VW vom Schnee befreit und in die ›Garage‹ gestellt. So nannte er den offenen Schuppen, der breit genug war, um Holz und andere Dinge aufzunehmen. Der Käfer störte da kaum. Vor dem Fahrzeug blieb Marek stehen. Er schaute in den Schuppen und sah auch noch das alte Fahrrad an der Wand lehnen. Es kam ihm so vor, als wäre es verrückt worden, denn das Vorderrad zeigte nicht mehr zur Wand hin, sondern in eine andere Richtung.
Der Pfähler wußte nicht, ob er das Rad so hingestellt hatte oder es von einer anderen Person berührt worden war. Normalerweise hätte er sich darüber keine Gedanken gemacht. In diesem Fall schon, denn der Name Horak stand stets wie eine mächtige Drohung über ihm.
Er wollte das Rad richten, hatte dabei zwei Schritte zurückgelegt, als ihm etwas auffiel. Es hing nicht mit dem alten Drahtesel zusammen, sondern mit seinem Wagen.
Er hatte ihn rückwärts in den Schuppen gefahren, so daß er auf die Kühlerschnauze schauen konnte. Da fiel ihm etwas auf.
Sie war zwar nach unten gedrückt, wie es sich gehörte, aber die Klemme hatte nicht richtig gefaßt. Die Haube stand etwas ab, sie war nicht richtig eingerastet.
Diesmal wußte Frantisek genau, daß er daran nicht die Schuld trug. Er hatte die Haube erst gar nicht geöffnet und war deshalb auch nicht in die Versuchung geraten, sie zu schließen.
Sie war zu und trotzdem nicht ganz geschlossen.
Er schluckte.
Dann schaute er genauer hin, umfaßte den schmalen Griff und zerrte die Haube hoch.
Mareks Augen wurden groß. Er weigerte sich im ersten Augenblick, an das zu glauben, was er sah. Das konnte nur eine Täuschung sein. Er wischte über seine Augen.
Das Bild blieb.
Mit einer Hand hielt Marek die Haube hoch. Die andere zitterte, als wäre er geschlagen worden. Schweiß drang ihm trotz der Kälte aus den Poren. Jemand hatte sich mit seinem Wagen beschäftigt und die Verkleidung zerstört. Wie mit einem Messer hineingeschnitten. Da gab es nur noch Fetzen, und die verschwammen vor seinen Augen.
Es dauerte, bis er die Haube wieder senkte. Diesmal klemmte er sie fest, und seine Gedanken wanderten dabei weiter, denn erdachte daran, daß der Käfer einen Heckmotor hatte.
Voll schlimmer Ahnungen drückte er sich seitlich am Wagen entlang und blieb hinter ihm stehen.
Er hatte sich nicht geirrt. Seine Ahnungen waren zur Gewißheit geworden. Die kleine Klappe stand offen. Um den Motor herum war alles zerstört worden, was nur zerstört werden konnte…
***
Sekundenlang hatte der Pfähler den Eindruck, nicht mehr am normalen Leben teilhaben zu können. In seinem Kopf tobten die Gedanken. Sie hämmerten, sie bohrten, und trotzdem dachte er an nichts. Auch die Bewegung des rechten Arms war wissentlich nicht vom Gehirn gesteuert. Er faßte unter seinen Mantel und berührte den Eichenpfahl, als sollte der ihm eine bestimmte Sicherheit geben, die ihm in den letzten Sekunden verlorengegangen war.
Da war nichts zu machen. Da konnte er nur noch reparieren, aber nicht fahren, wobei er sich schon jetzt fragte, ob er es überhaupt wieder schaffen würde.
Marek war stets stolz auf seinen alten Käfer gewesen. Ein Auto zu fahren war hier in Petrila ein Privileg.
Marek schluckte. Tränen schimmerten in seinen Augen. Er wischte sie mit dem Ärmel weg. Er durfte jetzt nicht durchdrehen oder in Apathie verfallen. Es war nur der Wagen, dessen Motor zerstört worden war. Er aber lebte, und allein das zählte.
In seinem Kopf aber formierten sich mehrere Buchstaben zu einem einzigen Wort.
Horak!
Es gab keinen anderen Menschen, der einen Grund gehabt hätte, den Motor zu zerstören. Das mußte Horak getan haben. Wenn er tatsächlich der Täter gewesen war,
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