Bis euch der Pfähler holt!
schaute ihn an.
Ihre Augen waren starr, der Mund zusammengekniffen und ebenfalls so blaß, daß die Lippen kaum auffielen. Unter der Kapuze schauten einige Haarbüschel hervor wie dünnes, dunkles Gestrüpp.
»Bist du eine Ravenstein?«
Sie nickte dezent.
Somit hatte Frantisek die Gewißheit, daß vor ihm ein Mitglied dieser Vampir-Familie saß. Er schwieg in den nächsten Sekunden. Die Untote sagte ebenfalls nichts. Sie hob nur die Arme an, und Marek sah ihre Hände, deren Fingersich um die klobige Tischkante krallten. Sie wirkten dünn und bleich, als wären es einmal Spinnenbeine gewesen, die sich im Laufe der Zeit vergrößert hatten.
Marek ließ die Person nicht aus den Augen. Er wußte, daß sie etwas vorhatte, und er hatte die Nerven, um es abwarten zu können. Nicht grundlos hatte er den Namen der Pfähler erhalten. Es gehörte einfach mehr dazu, als nur einen Pflock durch den Körper eines Vampirs zu stoßen, man brauchte auch eine gewisse Nervenstärke, und sie war bei diesem Mann gegeben. Er hatte Geduld und wartete immer den Zeitpunkt ab, wo es für ihn am günstigsten war.
Auch hier brauchte er nichts zu tun, denn die Initiative übernahm die Blutfrau Sie stemmte sich hoch.
Frantisek beobachtete sie dabei sehr genau. Wie sie das tat, ließ darauf schließen, daß sie nicht eben zu den kräftigsten Gestalten gehörte. Sie bewegte sich sehr langsam, als müßte sie erst gewisse Kräfte sammeln, um überhaupt auf den eigener Beinen stehen zu können. Ihr fehlte eben das frische Blut eines Menschen.
Endlich hatte sie es geschafft.
Sie stand, aber sie mußte sich noch am Tisch abstützen. Er hörte keinen Atem, sie hatte auch nicht den Mund geöffnet, sie kämpfte mit sich selbst und auch gegen die Schwäche an. Dann schüttelte sie den Kopf so heftig, daß die Kapuze in den Nacken rutschte.
Er sah ihren Kopf.
Das schwarze Haar klebt? auf dem Schädel. Es war sehr dünn, auch struppig, ah Schönheit konnte die Frau nicht bezeichnet werden, die sich nun drehte und mit einem zittrig angesetzten Schritt zur Seite ging, als wollte sie den Tisch umrunden.
Eine Hand blieb auf der Tischplatte liegen. Die Haut war hell und zugleich spröde. Marek konnte sich vorstellen, daß sie irgendwann abplatzte, wenn es dieser Person nicht gelang, an das frische Blut eines Menschen zu kommen.
Er sprach sie wieder an. »Wie heißt du?«
Zum erstenmal erhielt Marek eine Antwort. Die Stimme klang weder weiblich noch männlich, sie war einfach neutral und schon mit einem leisen Fauchen zu vergleichen.
»Ich bin Dorina Ravenstein!«
Marek hatte sie nicht aus den Augen gelassen und hatte auch das Schimmern ihrer Zähne gesehen, aber zwei spitze Vampirhauer waren ihm noch nicht aufgefallen.
Dorina tat sich mit dem Gehen schwer. Es war nur eine kurze Strecke an der Breitseite des Tisches vorbei, aber die hatte es in sich. Sie war von ihr kaum zu schaffen. Dorina knickte einige Male ein und fing sich nur mühsam.
Marek bewegte sich nicht.
Er verspürte plötzlich die Gier nach einem Wacholderschnaps.
Der Streß nahm zu, und Dorina kam näher. Dann blieb sie stehen.
Nicht weit von ihm entfernt. Er hätte nur die Hand auszustrecken brauchen, um sie greifen zu können. Das tat er nicht. Marek wollte nicht der erste sein, der sie angriff.
Er wartete…
Sie stand neben ihm, stützte sich ab und drehte sehr langsam den Kopf nach links. Dabei öffnete sie den Mund. In ihrem aschfahlen Gesicht klaffte plötzlich ein Loch, vergleichbar mit dem Eingang in einen fauligen Tunnel.
Marek schielte in die Höhe, denn aus diesem Loch hervor schauten die beiden spitzen Zähne, die bereit waren, sich in die Haut eines Menschen zu schlagen, um das Blut aus den Adern zu saugen.
Marek blieb noch immer ruhig. Er hatte nur seine rechte Hand um den Eichenpflock gelegt. Wenn es darauf ankam, mußte er blitzschnell reagieren können.
Noch tat sich nichts. Dorina kam ihm vor wie ein künstlicher Mensch, der, durch eine Energiequelle gespeist, darauf wartete, daß jemand diese Quelle einschaltete.
Sie röchelte. So jedenfalls kam ihm das Geräusch vor.
Dann löste sie ihre rechte Haid von der Tischplatte und streckte ihren Arm vor. Marek ließ sie gewähren, er behielt nur die Hand im Auge, die gespreizt war und immer größer zu werden sehen. Die Finger zielten auf seinen Kopf, sie würden sich wahrscheinlich in sein Haar wühlen, um den Schädel zur Seite zu zerren, damit sich die Haut am Hals spannte.
So war es immer, so würde es
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