Bis euch der Pfähler holt!
weiter.
Das Schloß war dunkel und trotzdem hell. Seine Mauern zeigten einen bestimmten Glanz, als hätte sich in dem Gestein das geheimnisvolle Licht eingenistet.
Ich war dermaßen überrascht, daß ich nur den Kopf schütteln konnte, denn für mich war das Schloß aufgetaucht wie aus dem Märchen.
»Was sagst du nun?« fragte Suko.
»Nichts.«
»Warum nicht?«
Ich schüttelte den Kopf. »Warum, warum? Mir hat es einfach die Sprache verschlagen.«
»Mir ebenfalls«, gab Suko zu und hielt an.
Es war wichtig, daß wir einen längeren Eindruck von diesem Bauwerk in uns aufnahmen. Wenn das Schloß aus dem Märchen stammte, wie ich verglichen hatte, dann war es kein Märchen, in dem es ein Happy-End gab, sondern eines mit bösem Ausgang.
Dieses Schloß, es war ja ziemlich alt, strömte etwas ab, das mir nicht gefiel. Vielleicht war ich auch zu sensibel, aber Marek und Suko gefiel das Bauwerk mit den unterschiedlich hohen und breiten Türmen ebenfalls nicht, denn auch sie schauten ziemlich gespannt.
»Das ist es, John.«
»Du bist ja nicht überrascht.«
»Stimmt, ich war schon hier.« Marek holte tief Luft. »Ich will dich ja nicht unbedingt ablenken, aber wenn du willst, kannst du mal nach rechts schauen.«
Das tat ich auch. Suko hatte die Scheinwerfer ausgestellt. Wir lauerten am Waldrand wie ein gefährliches Raubtier, das darauf wartete, sich weiter vorschieben zu können, um lautlos in die Nähe der Beute zu gelangen. Ich hatte mich an die Dunkelheit gewöhnt, meine Augen starrten gegen die dunkle Waldwand, die nicht mehr so dunkel war, denn der Schnee hatte sie heller gemacht.
Und erließ mich auch den Gegenstand erkennen, der wuchtig in das Unterholz gefahren und von einem dicken Baumstamm gestoppt worden war. Es war ein Lastwagen, und es mußte genau das Fahrzeug gewesen sein, mit dem die Vampir-Familie hergebracht worden war.
»Kannst du dir nun vorstellen, welches Glück ich gehabt habe, John, daß ich gegen dieses Monstrum als alter Mann noch ankam?«
»Ja, das kann ich.«
»Dann bin ich aber froh.« Marek wischte über seine Stirn. »Horak wollte mich zermalmen.«
Wir schwiegen, bis Suko schließlich fragte: »Sollen wir näher an das Schloß heranfahren? Natürlich ohne Licht.«
»Aber immer«, sagte Marek.
Ich hatte noch einen Einwurf. »Und was ist mit den Wölfen? Wir haben uns das Geheul schließlich nicht eingebildet.«
»Sie sind in der Nähe«, antwortete Marek. Zuckend deutete er mit dem ausgestreckten Zeigefinger der rechten Hand nach vorn. »Daran gibt es nichts zu rütteln. Um das Schloß herum ist es düster. Die Mauern werfen Schatten, die lang genug sind, um sich dort zu verstecken, wenn es nicht eben ein ganzes Rudel ist. Wir könnten damit rechnen, daß sie sich aus ihren Verstecken lösen und auf uns zukommen. Für sie ist das Fremde immer ein Feind, davon müssen wir ausgehen.«
»Dann fahr los.«
Suko startete. Der Wagen zitterte etwas, als wollte er sich vor einer Weiterfahrt schütteln. Die Spannung hatte natürlich zugenommen, sie hielt uns umfaßt wie ein Netz.
Jeder schaute nach vorn, keiner wollte einen eventuellen Angriff verpassen, Der harte Schnee knirschte unter den dicken Reifen. Eis spritzte weg, wenn wir darüber fuhren. Ich spürte die Kälte in mir hochsteigen, obwohl es im Wagen warm war. Unsere Blicke waren jetzt überall. Die Körper saßen still, die Köpfe bewegten sich, und so schauten wir über die kalte, glatte Landschaft hinweg, die vor dem Schloß lag. Strauch- und baumlos, keine Deckung, auch nicht für unsere Feinde, die sich deshalb innerhalb der Mauern aufhielten.
Am Himmel stand der kalte Glanz der Sterne. Es gab kein Licht, nur einen blassen Schein, der auch den Schnee erreichte. Ich drehte mich um, denn es war durchaus damit zu rechnen, daß die Wölfe plötzlich den Schutz des Waldes verließen.
Ein Schatten war da.
Ein Vierbeiner, der aus dem Unterholz hervorgeschossen war und über die freie Fläche hetzte. Beim ersten Hinsehen sah er aus wie ein Schäferhund, aber ich wußte genau, daß es keiner war. Ich hatte den ersten Wolf gesehen, und auch Suko, der zufällig in den Rückspiegel geschaut hatte, war das Tier aufgefallen.
»Der erste…?«
»Bisher ja.«
Wir fuhren weiter. Noch immer schleichend und langsam. Kein künstliches Licht strahlte seinen Schein in die kalte Nacht, denn auch am Schloß schimmerte keine Leuchte.
Der zweite Schatten.
Von der rechten Seite her hetzte er auf uns zu. Wir sahen ihn. Der Wolf bewegte
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