Bis euch der Pfähler holt!
aus.
Längst hatte uns die Einsamkeit der Karpaten verschluckt. Nur das Geräusch des fahrenden Geländewagens unterbrach die beklemmende Stille zwischen den Bäumen.
Manchmal war der Weg so eng, daß wir den Himmel kaum sahen. Es ging auch nicht immer bergauf. Auf einer Ebene ging es weiter, und immer wenn zu tief hängende Zweige oder Äste über das Blech kratzten, hatten wir den Eindruck, von starren Totenhänden gestreichelt zu werden.
Bis Suko plötzlich stoppte. Ziemlich heftig sogar, denn wir spürten alle drei den Ruck.
Der Wagen stand.
»Was ist passiert?« fragte Marek.
»Warte mal.«
»Wir sind noch nicht da.«
»Das weiß ich, aber ich möchte aussteigen.«
Der Pfähler drehte sich um. »Verstehst du das, John?«
»Noch nicht.«
»Habt ihr denn nicht das Heulen gehört?«
»Nein.«
Suko öffnete die Tür und schob sich aus dem Fahrzeug.
Daneben blieb er stehen, lauschte in die Nacht, die jetzt wieder starr und still geworden war.
Ich wollte schon aussteigen, blieb aber sitzen, weil Suko die Fahrertür nicht geschlossen hatte. Das Heulen erreichte nun meine Ohren.
»Du hast recht, Suko, das sind Wölfe.«
Er streckte den Kopf in den Wagen und schaute uns an. »Wenn ich richtig gehört habe, ist das weiter vor uns aufgeklungen. Soll ich schon sagen, oben am Schloß?«
Ich schwieg, aber Marek sagte: »Das wäre möglich.«
»Vampire und Wölfe«, sagte ich, »wobei wir wieder beim Thema wären. Beide gehören irgendwie zusammen. Sie kommen zueinander und geben sich gegenseitig Schutz.«
Suko stieg wieder in den Wagen und schlug die Tür zu. »Ich könnte mir vorstellen, daß unsere Freunde sogar als Wächter der Familie fungieren. Daß sie sich um das Schloß herum aufhalten.«
»Ja, das wäre eine Möglichkeit«, gab ich zu.
»Fahr weiter«, sagte Marek, »dann werden wir es bald genau wissen.«
Suko startete wieder. Wir hatten etwas Mühe, auf dem glatten Boden unser Fortkommen zu finden, aber es klappte nach einem leichten Gasgeben, und so ging es weiter in die Höhe.
An Entspannung oder Schlaf war nicht mehr zu denken. Den heulenden Bestien traute ich nicht über den Weg, doch Wölfe waren nicht gleich Wölfe. Diejenigen, die sich mit den blutsaugenden Vampiren zusammengetan hatten, waren gewissermaßen von ihnen infiziert worden. Zwischen dem Wolf, es mußte nicht einmal ein Werwolf sein, und einem Vampir existierte seit alters her eine gewisse Seelen verwand tschaft, und der eine sprang dabei für den anderen ein, wenn Gefahr im Verzug war.
Marek überprüfte seine Waffen. Zuerst die Pistole. Er nickte, als er sie okay fand. Dann strich er mit einer Hand über den glatten Eichenpfahl hinweg, und auch dabei huschte ein Lächeln über seine Lippen. Ich konnte es erkennen, weil er sich leicht nach links gedreht hatte.
Ich saß auf der Rückbank in der Mitte und konnte so zwischen den beiden Vorderleuten hindurchschauen. Die breiten Wischer hatten die Scheibe frei gemacht, zudem stömte warme Luft durch die Düsen und glitt über die Innenseite des Fensters hinweg.
Bisher hatten wir einen sehr dunklen Himmel erlebt, abgesehen vom Licht der Gestirne, wozu auch ein blasser, nicht ganz runder Mond gehörte.
Mir aber fiel auf, daß sich der Himmel vor uns von seinem Aussehen her etwas verändert hatte. Täuschte ich mich, oder war er heller geworden?
Ich zwinkerte einige Male mit den Augen, beugte mich noch weiter vor, und Suko fragte: »Willst du was?«
»Ist der Himmel vor uns heller?«
»Schon möglich.«
»Wir sind gleich am Ziel«, erklärte Marek. »Vor dem Schloß gibt es keinen Wald, nur eine freie, felsige, von Schnee und Eis bedeckte Fläche. Da kann es nicht so dunkel sein.«
»Wunderbar«, sagte ich.
Die Spannung stieg. Nach jeder Kurve, die wir hinter uns gelassen hatten, wurden unsere Blicke starrer, und auch Suko zeigte sich nicht mehr so locker.
Tat sich etwas?
Noch nicht.
Die nächste Kurve. Sie führte nach rechts, die folgende dann in die andere Richtung.
Und plötzlich hatten wir das Gefühl, von einer großen Leere umschlossen zu werden. Der Wald war zurückgewichen, und die freie Fläche präsentierte sich uns mit dem mächtigen Schloß darauf, als wäre sie zuvor von einem sehr breiten Vorhang verdeckt worden.
Selbst Suko und ich staunten, und wir waren schon einiges gewohnt. Für einige Sekunden hielten wir den Atem an, denn ein derartig gewaltiges Schloß hatten wir noch nicht gesehen. Mein Freund fuhr noch langsamer. Im Schrittempo rollten wir
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