Bis euch der Pfähler holt!
viereckigen Fenstern unterbrochen, doch dahinter schimmerte kein Licht. Vampire können sich in der absoluten Finsternis sicher bewegen, und diese Gabe würden sie auch hinter den Mauern voll ausnützen.
Als wir nahe genug herangekommen waren, fuhr Suko einen Bogen und hielt parallel zur Treppe an. »Reicht das?«
»Immer doch.« Diesmal öffnete ich als erster die Tür und war auch beim Aussteigen vorsichtiger.
Marek folgte als zweiter, den Blick mißtrauisch auf das Schloß gerichtet.
Ich sah auf seinem Gesicht die Gänsehaut und wollte wissen, was mit ihm los war.
»Ich spüre es«, sagte er knirschend. »Ich spüre es verdammt genau. Hinter den Mauern warten und lauern sie. Ich kann mir vorstellen, daß sie das Blut bereits riechen, das in unseren Adern fließt.«
»Ja, ich auch.«
Suko hämmerte die Tür so laut zu, daß es wie ein Schuß an unsere Ohren drang. Er kam um den Wagen herum, die Augen ebenfalls auf das alte Gebäude gerichtet. »Können wir?«
Marek und ich nickten, und der Pfähler fügte noch etwas hinzu. Es mußte einfach heraus. »Ich weiß, daß sie auf uns lauern, ich weiß es genau, aber ich werde sie mir holen, vor allen Dingen das Oberhaupt der Familie, diesen Waldo Ravenstein.«
»So heißt er?«
»Ja.« Frantisek nickte mir zu. »Seine Frau heißt Arlene, der Sohn Boris, die Tochter Dunja. Die zweite, Dorina, gibt es ja zum Glück nicht mehr. Mir kommt es manchmal so verdammt irrwitzig vor, daß wir gegen diese Wesen kämpfen.« Er schaute an der Fassade hoch. »Wäre es nicht toll, wenn hier normale Menschen leben würden?«
»Vielleicht wird es später so werden«, sagte ich. »Das können wir nur hoffen.«
Kein Licht warf seinen Schein auf die schneebedeckten breiten Stufen.
Auch die Gestirne schienen in der Nähe des Schlosses ihren Glanz verloren zu haben. Eine schlammige Kälte kroch durch unsere Kleidung und breitete sich auf der Haut aus.
Täuschte ich mich, oder flackerte hinter einem der düsteren Fenster ein rötlicher Schein? Ich wußte es nicht genau, ließ Marek und Suko vorgehen, drehte mich noch einmal um, aber alles war leer und glatt. Der Schein hinter der Scheibe blieb, ein sich bewegender Funke, als würde die Flamme einer Kerze tanzen.
Möglich war alles.
Im Prinzip benötigten die Blutsauger kein Licht, aber es ging auch im Schein der Kerzen. Wichtig war nur, daß sie die Strahlen der Sonne nicht trafen.
»Kommst du?« fragte Suko. Er und Marek standen bereits vor der Eingangstür und schauten mir entgegen.
»Bin schon unterwegs.« Ich stieg die glatten Schneestufen vorsichtig hoch. Ein Ausrutschen, ein falsches Fallen konnte das Ende dieses Falles für mich einläuten.
Die beiden Freunde warteten. Ihre Gesichter sahen kantig aus. Graue Schatten hatten sich auf ihre Haut gelegt, in denen nur die glänzenden Augen auffielen.
»Abgesperrt?« fragte ich.
Suko hob die Schultern. »Wir haben es noch nicht versucht.«
Ich nickte Marek zu und steckte gleichzeitig das Kreuz griffbereit in die Außentasche meiner Jacke. »Okay, Frantisek, du hast den Fall angerissen, du sollst auch öffnen.«
»Ja«, sagte er. Die linke Hand legte er auf die Klinke. Mit den Fingern der anderen umklammerte er bereits seinen Eichenpflock. Sein glattes Holz schimmerte in der Dunkelheit heller.
Es war eine schwere Klinke, die zur Tür paßte. Ein Metallgriff wuchs zusätzlich über der Klinke hoch, und den mußte Marek ebenfalls anfassen, um das schwere Portal aufzuziehen, wobei ihm Suko half.
Überraschenderweise bewegte sich die Tür lautlos, als wäre sie vorher geschmiert worden. Ich stand hinter meinen beiden Freunden und warf ebenfalls einen Blick in die große, kalte Halle, in der kein Möbelstück stand. Schon beim ersten Hinschauen war sie mir vorgekommen wie eine große Gruft, und das änderte sich auch in den folgenden Sekunden nicht. Hier konnte man sich als normaler Mensch einfach nicht wohlfühlen, aber Vampire dachten eben anders, falls sie überhaupt denken konnten und nicht nur ihrem Trieb nachgingen.
Ich hatte mich auch nicht geirrt, was das Licht anging, denn in der Halle war es nicht völlig dunkel. An den Seiten rechts und links standen Leuchter mit dunklen Kerzen. Je drei steckten in den Halterungen, und so tanzten sechs Flammen auf den Dochten.
Das Licht reichte natürlich nicht aus, um die große Halle zu erhellen, es machte sie auch nicht gerade wärmer, doch wir hatten eine gewisse Orientierungshilfe, sahen Türen, die abzweigten und ebenfalls
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