Bis euch der Pfähler holt!
letztes Zischen noch, als Dampf durch irgendwelche Ventile strömte.
Metall bewegte sich. Es ächzte schwer. Die Glut schimmerte wie ein höllisches Auge, und die Dunkelheit der Nacht war voll mit fremden Geräuschen.
Nichts geschah.
Sekunden vergingen.
Der Zug blieb stehen.
Und Marek wurde mutiger, je mehr Zeit verstrich. Er wußte, daß der Zug hier nicht zum Spaß gehalten hatte. Er dachte auch an Horak. Dieser Mann war gekommen, um diejenigen abzuholen, die sich im Wagen versteckt hielten. Endlich hatten sie ihr Ziel erreicht. Sie würden aussteigen und dorthin gehen, wo ihre eigentliche Heimat lag.
Noch war es nicht soweit. Die beiden Männer verließen ihren Platz an der Lok. Marek sah sie zu Boden springen, dann hörte er plötzlich Stimmen.
Eine kam ihm bekannt vor. Es war Horak, der sich mit den beiden unterhielt. Was sie sagten, konnte der Pfähler nicht verstehen. Er ging davon aus, daß sie sich darüber Gedanken machten, wie es letztendlich weitergehen würde.
Und darauf war auch Frantisek gespannt.
Wenn er sich selbst beschreiben sollte, dann benutzte er stets den Begriff alter Wolf oder zäher Hund. Dem machte er in dieser Nacht wieder alle Ehre.
Der Tritt hatte ihn hart und unvorbereitet getroffen, er schmerzte noch jetzt, aber er hinderte den Pfähler nicht daran, das zu tun, was getan werden mußte.
So nah wie möglich wollte er an den Wagen heran und zuschauen, wenn die Tür aufgeschoben würde. Er wollte sehen, ob tatsächlich fünf Ravensteins den Waggon verließen. Wenn ja, stoppen konnte er den Vorgang nicht. Da waren nicht nur fünf Blutsauger seine Feinde, er mußte die drei anderen auch noch hinzuzählen.
Ihre Stimmen waren lauter geworden. Ein Zeichen, daß sie sich dem Ziel näherten, und da ging ein Mann wie Marek kein Risiko ein. Trotz des Flockenwirbels und der Dunkelheit gefiel es ihm überhaupt nicht, daß er auf seinen eigenen Beinen stand und zu sehen war. Deshalb duckte er sich und ging langsam in die Knie, um ein so kleines Ziel wie möglich zu bieten.
Das war auch gut so. Bevor sich die drei Männer an die Arbeit machten, blieben sie vor dem Wagen stehen und schauten sich um. Horak flüsterte den beiden etwas zu. Wahrscheinlich berichtete er von Marek.
Der Lokführer und der Heizer nickten, bevor sie ihre Stablampen waagerecht hielten und die Umgebung ableuchteten.
Auch wenn die Lichtarme aufgrund der tanzenden Flocken an Intensität verloren hatten, Marek duckte sich sicherheitshalber tiefer gegen die Schneedecke, als wollte er in sie hineinkriechen. Die Lichtfinger streiften ihn nicht einmal. Zudem kamen die Männer nicht näher, sie blieben auf dem Gelände, so war eine Entdeckung schon mehr als zufällig.
»Fangt einfach an!«
Horak hatte den Befehl gegeben, und die beiden Lichtarme verschwanden. Im Dunkeln würden sie arbeiten. Marek hörte, wie die Tür aufgerissen wurde. Ein hartes Geräusch erklang, als sie sich feststellte. Für Marek war es so etwas wie ein Startzeichen. Das Gesicht voll mit klebrigem Schnee richtete er sich auf und schaute nach vorn, wo sich drei Männer schattenhaft bewegten.
Die Flocken behinderten doch stark die Sicht, worüber sich Marek ärgerte. Ihm wäre es lieber gewesen, eine klare Nacht zu haben, aber er war kein Wettermacher und mußte mit den Bedingungen klarkommen.
Der Mann mit dem Namen Horak stieg in den Waggon. Er war gut zu erkennen, eine derartige Gestalt fiel eben immer auf. Er tauchte in das Dunkel, und Marek hörte sein Lachen. Dann sah er auch das Licht einer Lampe tanzen, und schließlich meldete Horak, daß der Inhalt vollzählig wäre.
»Können wir anfassen?«
»Ja.«
Die drei Männer redeten nicht mehr. Marek, der immer Schnee von seinen Augen wischen mußte, um wenigstens einigermaßen klar sehen zu können, bekam die folgenden Ereignisse nur schemenhaft mit. Er sah wohl, daß kantige Gegenstände aus dem Waggon geladen wurden.
Wenn er eins und eins zusammenzählte, blieb nur noch eine Möglichkeit: Die drei Männer luden Särge aus.
Mareks Herz schlug schneller. Trotz der Kälte bildete sich Schweiß auf seinem Gesicht. Er spürte so etwas wie Furcht in ihm hochkriechen, und in der Nähe des Magens drückte sich einiges zusammen. Seine Hände zitterten leicht, die rechte schob er unter den Mantel, wo er den Eichenpflock umfaßte. Die Berührung gab ihm etwas von der alten Sicherheit zurück, weil er daran dachte, wie oft er schon mit dieser Waffe gefährliche Blutsauger vernichtet hatte. Sollte es
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