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Bis ich bei dir bin

Bis ich bei dir bin

Titel: Bis ich bei dir bin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Hainsworth
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nicht so sehr um mich gekümmert hat. Achselzuckend schließe ich sie in die Arme und atme die Mischung aus Shampooduft, Zigarettenqualm und ihrem Mom-Parfum ein. Ich habe mich immer noch nicht so richtig daran gewöhnt, mich beim Umarmen zu ihr herunterbeugen zu müssen, und fürchte sogar in diesem Moment, sie aus Versehen zu erdrücken. Als ich sie loslasse, kneift sie mich in die Wange, wie sie es nicht mehr getan hat, seit ich sechs war.
    »Au!« Ich reibe mir die Stelle.
    »Du bist dran mit Abwaschen.«

DREISSIG
    L ass mich doch rein, sie hören uns bestimmt nicht«, bettele ich.
    Viv lehnt sich aus dem Fenster und bringt mich mit ihrem vollen, köstlichen Mund zum Schweigen. Spielerisch knabbert sie an meiner Unterlippe, bevor sie mich sacht wegschiebt.
    »Wie gesagt, sie haben heute Abend ihren Anwalt zum Essen da. Er bleibt immer lange.« Sie verdreht die Augen, wirft aber einen Blick über die Schulter zur Tür. »Ich muss die brave Tochter spielen.«
    Ich ziehe spöttisch eine Augenbraue hoch. »Seid wann bist du denn brav?«
    Sie lacht, hält sich jedoch schnell den Mund zu und bedeutet mir, still zu sein.
    »Morgen haben wir das Haus die ganze Nacht für uns. Mr Winters sieht am Samstagmorgen nach mir, aber dann kannst du dich ja verstecken. Sie kommen erst nachmittags wieder.«
    »Ihr Rechtsanwalt sieht nach dir? Seit wann sind sie so besorgt um dich?«
    »Seit … du tot bist.« Sie blickt zu Boden. »Ist jedenfalls nicht weiter wild. Er ist praktisch so etwas wie ein Onkel.«
    Seufzend lasse ich mich von den Zehenspitzen herabsinken.
    Sie küsst mich noch einmal, und ihr Dekolleté ist aus meiner Warte eine Verheißung in rosa Satin. Ich stöhne an ihrem Hals.
    »Ich muss mich jetzt kalt abduschen.«
    Mit einem sinnlichen Lächeln schließt sie das Fenster. »Das Warten wird sich lohnen, das verspreche ich dir.«
    Ich gehe mitten auf einer dunklen, verlassenen Straße und versuche, meine Erregung loszuwerden. Mein ganzer Körper brennt vor Verlangen nach Viv, zittert vor Erwartung. Freitagnacht scheint noch eine Ewigkeit hin zu sein, aber dann wird alles wunderbar, das weiß ich.
    Zurück beim Strommast lasse ich meine Finger prickeln und leuchten, während die Schule – meine Schule – von dem grünen Filter vor Vivs Schule illuminiert wird. Ich bedanke mich stumm für die Existenz dieses Fensters in diese seltsame Parallelwelt. Dann steige ich hinüber, nach Hause.
    Ich bin etwa halb durch das Licht hindurch, als ich stecken bleibe. Die unter meiner Haut sirrende Elektrizität ist so desorientierend; ich taste nach den Rändern des Durchgangs und merke, dass sie viel enger beieinanderliegen, als ich mich erinnere, geradezu klaustrophobisch eng. Ich drehe mich seitlich, finde eine Stelle, an der ich die Hand durchstecken kann, und ducke und winde mich, bis ich den Weg hinaus finde. Stolpernd lande ich auf der anderen Seite und knie hustend auf dem Gehweg. Sich länger da drinnen aufzuhalten kann nicht gut für die Gesundheit sein.
    »Probleme, durchzupassen diesmal?«
    Ich schnelle hoch und zwinge meine Augen, sich schleunigst von dem grünen Schimmer auf das Nachtdunkel einzustellen. Nina sitzt einen Meter von mir entfernt auf einem Stein, in eine Kapuzenjacke eingemummelt, als würde sie dort schon länger warten.
    »Bleib von mir weg«, sage ich und mache mich auf den Heimweg.
    »Es wird enger, Cam. Ich glaube, es wird sich schließen.«
    Ich bleibe wie angewurzelt stehen, und Panik wallt in mir auf, bis ich durchschaue, was sie vorhat.
    »Das funktioniert nicht, Nina. Das ist doch nur ein Verzweiflungstrick von dir.«
    Ohne Lächeln kommt sie auf mich zu. »Vielleicht bin ich verzweifelt.«
    Ich weiche langsam zurück.
    Nina lacht unfroh.
    »Zuerst dachte ich, dass ich vielleicht nicht mehr weiß, wie man hindurchschlüpft, doch heute Abend habe ich es wieder versucht, und dieses Ding wird eindeutig kleiner.«
    »Du lügst doch«, erwidere ich, aber etwas an ihrer Stimme verunsichert mich.
    Sie ist jetzt nahe genug, dass sie zu mir aufsehen muss und ihre Kapuze dabei herunterrutscht. Ich hatte erwartet, ein verweintes Gesicht oder einen irren Ausdruck zu sehen, aber ihr Teint ist hell und klar und ihr Haar glatt und hübsch.
    »Du glaubst mir nicht? Dabei bist du viel öfter als ich hin- und hergewechselt, aber vielleicht warst du zu sehr in Gedanken, um es zu merken.«
    Zweifelnd blicke ich zu dem Strommast hin. Ich habe es immer eilig, wenn ich hier bin. Es kommt mir wie Jahre vor, seit ich

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