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Bis ich dich finde

Bis ich dich finde

Titel: Bis ich dich finde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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in
Jubelgesänge und in die Leidenschaft einer bleibenden Liebe zu Gott, aber auch
eines bleibenden Verlustes gehüllt«, fuhr Dr. von Rohr fort.
    Dr. Horvath zog Jacks Vater weiter an, als wäre dieser ein Kind.
Jack merkte, daß William sich vollständig gefügt hatte: er ließ nicht nur zu,
daß Dr. Horvath ihn anzog, sondern er ließ auch die Litanei Dr. von Rohrs – die
er selbst ihr zweifellos mehr als einmal vorgebetet hatte – geduldig über sich
ergehen.
    »Sie tragen Ihren Kummer, William«, fuhr Dr. von Rohr fort, »und Ihr
gebrochenes Herz ist dankbar – nur warm halten kann es Sie nicht, jedenfalls
nicht mehr. Und die Musik – nun ja, einiges davon ist triumphierend,
jubilierend, würden Sie vielleicht sagen. Aber vieles ist auch traurig, nicht
wahr, William? Traurig wie ein Grabgesang, traurig wie ein Klagelied, wie ich
Sie wiederholt habe sagen hören.«
    »Das wiederholt war sarkastisch, Ruth«,
sagte Jacks Vater. »Bis dahin haben Sie es prima gemacht.«
    Dr. von Rohr seufzte erneut. »Mir geht es lediglich darum, daß wir
rechtzeitig zum Essen kommen, William. Verzeihen Sie mir, wenn ich Jack nur die
gekürzte Fassung vorführe.«
    [1097]  »Ich glaube, ich habe verstanden«, sagte Jack zu Dr. von Rohr.
(Er fand, sie hatte unter den gegebenen Umständen gute Arbeit geleistet.) »Ich
hab’s kapiert, Pop, wirklich.«
    »Pop? Was heißt ›Pop‹?« fragte Dr. Horvath.
    »Amerikanische Umgangssprache für Vater«, sagte Professor Ritter zu
ihm.
    »Er braucht keine Krawatte, Klaus«, sagte Dr. von Rohr zu Dr.
Horvath, der sich damit abmühte, William eine Krawatte umzubinden. »Jack trägt
auch keine, und er sieht gut aus.«
    »Aber sie gehen in die Kronenhalle!« Jack war sich sicher, daß Dr.
Horvath gleich laut werden würde, doch dieser legte die Krawatte weg und blieb
stumm.
    »Das Leben hat mehr zu bieten als trauern und Gott lobpreisen,
William«, tönte Dr. Berger. »Ich meine, rein faktisch gesehen.«
    »Ich werde das Wort, das ich eben benutzt habe, nicht wieder
benutzen, William«, sagte Dr. von Rohr mit Bedacht, »aber erlauben Sie mir zu
sagen, daß Sie in der Kronenhalle nicht nur Ihre Tätowierungen tragen können,
denn die sind – und ich weiß, Sie wissen das auch – nicht gesellschaftsfähig.«
    »Nicht gesellschaftsfähig«, wiederholte Jacks Vater lächelnd. Jack
erkannte, daß es William gefiel, nicht gesellschaftsfähig zu sein, und daß Dr.
von Rohr das wußte.
    »Ich möchte Ihnen sagen, daß mir durchaus bewußt ist, wie gut Sie
sich um meinen Vater kümmern«, wandte sich Jack an sie alle. »Meine Schwester
und ich wissen das zu schätzen – und mein Vater auch.« Alle schienen peinlich
berührt, bis auf William, der ein gereiztes Gesicht machte.
    »Du mußt hier keine Rede schwingen, Jack. Du bist kein Kanadier
mehr«, sagte sein Vater. »Wenn es sein muß, können wir alle gesellschaftsfähig
sein. Na ja, Hugo vielleicht nicht«, fügte sein Vater mit dem boshaften kleinen
Lächeln hinzu, an das sich Jack allmählich gewöhnte. »Hast du Hugo schon
kennengelernt?«
    [1098]  »Noch nicht.«
    »Aber ich nehme an, sie haben dir schon erzählt, was es mit den
kleinen Ausflügen auf sich hat, die ich gelegentlich mit Hugo unternehme«,
sagte sein Vater, wobei die Boshaftigkeit und das Lächeln aus seinem Gesicht
verschwanden, als könnte ein einziges Wort – nicht unbedingt Hugo, sondern das falsche Wort – ihn von einer Sekunde auf
die andere in einen anderen Menschen verwandeln. »Das haben sie dir doch
erzählt, oder?« Er scherzte nicht.
    »Ich weiß ein bißchen was darüber«, antwortete Jack ihm ausweichend.
Aber sein Vater hatte sich bereits an Professor Ritter und die anderen gewandt.
    »Finden Sie nicht, daß ein Vater und ein Sohn solche peinlichen,
aber notwendigen Gespräche über Sex unter vier Augen führen sollten?« fragte
William seine Ärzte.
    »Bitte, William –«, hob Professor Ritter an.
    »Aber gehört sich das nicht so für einen verantwortungsbewußten
Vater?« fuhr Jacks Vater fort. »Ist das nicht meine Aufgabe? Mit meinem Sohn
über Sex zu sprechen – ist das nicht meine Aufgabe? Wieso ist das Ihre
Aufgabe?«
    »Wir fanden, daß Jack über die Sache mit Hugo informiert sein
sollte, William«, sagte Dr. Berger. »Wir haben nicht gewußt, daß Sie das ihm
gegenüber ansprechen würden.«
    »Rein faktisch gesehen«, sagte William, der sich ein wenig
beruhigte.
    »Wir können später darüber reden, Pop.«
    »Vielleicht beim

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