Bis ich dir verfalle: Erotische Vampirstorys (German Edition)
glaube«, gab sie zu. »Ich weiß nur«, fuhr sie fort, »dass du die schwarze Göttin bist, auf die ich so lange gewartet habe. Ich habe dich ausgewählt, weil ich dich als Frau mit großem, sexuellem Appetit erkannt habe. Du bist wie ich.«
Sara dachte kurz etwas schuldbewusst an Neil, der in ihrem Zimmer schlief. Neil, den sie einst geliebt hatte und der einst dieselben Worte benutzt hatte, um sie zu beschreiben. Aber dann blickte sie wieder Banhi an, und ihre Reue schwand wie Rauch, der im Sonnenlicht verfliegt.
Ein Klopfen an der Zimmertür ließ beide Frauen aufblicken.
»Neil«, sagte Sara tonlos. Es kam ihr vor, als steige er direkt aus ihren Gedanken auf.
»Es ist Zeit«, antwortete Banhi. Ihre Stimme klang ebenso ruhig. Sie streckte die Hand nach ihrer Freundin aus.
Neil stand zum zweiten Mal am Ufer des Ganges und beobachtete, wie die Leichname langsam auf den kleinen Scheiterhaufen am Flussufer verbrannten, ehe die Asche im Wasser verstreut wurde. In manchen Fällen wurden die Leichen so ins Wasser geworfen, wie sie waren, in traditionelle Kleidung gehüllt und mit Girlanden aus Ringelblumen geschmückt. In die Gewänder genähte Steine zogen sie in die Tiefe. Jetzt sah er deutlich, wie schön der Tod sein konnte. Ja, der Tod war sogar erstrebenswert. Und Varanasi war vermutlich der beste Ort, um zu sterben, denn dann wurde man aus dem ewigen Kreis von Geburt und Wiedergeburt erlöst.
Wie die Hindus, die zu Tausenden an das Ufer des Ganges kamen, akzeptierte er sein Schicksal. Er hieß es sogar willkommen. Er war so schrecklich müde. Sara hatte ihm allen Lebenssaft ausgesaugt. Er verstand jetzt ihre neu erwachten Lebensgeister. Es hatte nichts mit Sex zu tun, sondern mit einem kunstvollen Tanz mit dem Tode selbst.
Sie hatte ihn ausgesaugt und nur einen Schatten von Mann zurückgelassen. Ein blutleeres Wesen. Er drehte sich zu ihr um. Sie stand hinter ihm. Ihre Hand ruhte in Banhis. Ihre Augen funkelten ihn an. In der blauen Stunde des heraufdämmernden Morgens strahlten ihre Augen. In ihren Augen glaubte er einen Hauch von Ewigkeit zu erkennen.
Aus der Hosentasche zog er eine Schachtel Streichhölzer, die Banhi ihm auf dem Weg von der Pension an den Strand gegeben hatte. Er entzündete ein Streichholz und hielt es an seine blasse, papierne Haut.
Banhi wandte sich bereits ab. Ihre Augen strahlten heller, als würden sie von der aufgehenden Sonne befeuert. Sie drückte Saras Hand, als sie die Stufen zur Stadt wieder hinaufstiegen. Beide Frauen verschlossen die Ohren vor Neils Schreien. Banhi lächelte Sara an.
»Und wer ist der Nächste?«, fragte sie.
El Alquimista
Madelynne Ellis
Ein billiges Hotel. Strukturtapeten, die sich von den Wänden schälen; der stechende Geruch von Pisse hängt in den schäbigen Fluren. Nur wenig Licht dringt durch die kaputten Latten der Jalousien. Der richtige Ort, um niedere Kreaturen zu jagen, weil es hier von ihnen wimmelt. Sie liegen auf dem Teppichboden oder lehnen selbstsicher, temperamentvoll und frisch rasiert in den Türrahmen. Das ist nicht ganz klar. Aber ich bin nicht hergekommen, weil ich einen gewöhnlichen Handtaschenräuber oder einen Drogendealer suche. Mein Ziel ist die Spitze der Nahrungskette. Die Nummer eins. Ich mache mir nichts vor: Er ist nur deshalb hier, weil er sich diesen Ort ausgesucht hat.
Ich hatte gedacht, mit seinem Geld könnte er sich die Sicherheit eines Anwesens mit patrouillierenden Wachen und Maschendrahtzäunen leisten. Mein Fehler. Großer Fehler. Warum sollte er unnötig Ressourcen verschwenden? Warum sollte er sich von seiner Nahrungsquelle fernhalten, wenn es doch viel praktischer ist, mitten unter ihnen zu leben? Besonders dann, wenn man, wie dieser Typ, einen besonderen Kick daraus zieht, Giftstoffe zu sich zu nehmen. Die meisten Bewohner dieses Lochs müssten ihren eigenen Biostoffe-Warnaufkleber tragen. Ich will diese Typen nicht mal berühren. Aber anscheinend mag er es schmutzig und derb. Vielleicht gibt die richtige Dosis Barbiturate und Amyl einem Schluck Null negativ erst die richtige Würze.
El Alquimista – der Alchimist. So nennen sie ihn. Seine Fingerspitzen sind goldbraun, die Nägel an den Spitzen geschwärzt. Er riecht nach Kampfer und Leinöl, und als Haustiere hält er sich dicke, saftige Blutegel. Zuerst habe ich geglaubt, sie seien für ihn eine Art Filter. Aber inzwischen weiß ich, wie er sie einsetzt: als sinnlose und brutale Foltermethode. Und vielleicht auch mal als schnellen Mittagssnack.
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