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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
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eigentlich zur Tante nach Jalta geschickt werden, doch die Züge fuhren unregelmäßig, und er blieb in Moskau.
    Im Juni beendete Tanja erfolgreich das Gymnasium und bereitete sich auf die Aufnahmeprüfungen vor. Agapkin half ihr in Chemie.
    Wenn sie über das Lehrbuch gebeugt nebeneinander saßen und sich ihre Wangen und Knie fast berührten, glaubte er, sein Herz müsste vor Glück platzen. Mit dem Recht des Lehrers legte er seine Hand auf ihre, schob ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie tat, als bemerkte sie das alles nicht. Nur einmal, als er mit den Lippen beinahe ihren Hals berührte, drehte sie sich abrupt um und sagte: »Fjodor Fjodorowitsch, Sie atmen so schwer, Sie rauchen zu viel.«
    Dann begann ein schwüler, staubiger Juli.
    An einem klaren Sonntagmorgen kam Tanja in einem leichten Rock und einer Batistbluse zum Frühstück. Die Sonne schien zum offenen Fenster herein, Tanja blieb stehen, um den Vorhang zuzuziehen, und plötzlich entdeckte Agapkin, der sie unverwandt ansah, deutlich den runden kleinen Bauch. Fünfter Monat, dachte er mit kalter Verzweiflung, es kommt im November.
    Nach dem Frühstück ging er hinauf ins Labor, und wieder empfing ihn der starre rubinrote Blick. Er musste alles vergessen und die Versuche fortsetzen. Jetzt ging es nicht nur um eine große Entdeckung, die die Welt verändern würde, sondernauch um sein eigenes Leben. Zwischen ihm, Fjodor Agapkin, und den Laborratten in den Glaskäfigen existierte eine geheime Verbindung. Er war genau so ein Versuchsobjekt wie sie. Auch in seinem Gehirn ruhten in winzigen Kalkkapseln Zysten eines noch unerforschten Parasiten.
    Nach dem überstandenen Fieber hatte er keine weiteren Symptome gespürt. Ihm waren neue Haare gewachsen, dichter und weicher als früher. Seine Haut war glatter geworden. Die leichte Kurzsichtigkeit war verschwunden. Aber diese Veränderungen waren so geringfügig, dass sie niemandem außer ihm selbst auffielen.
    Manchmal überlegte er, ob er das alles vielleicht geträumt hatte. Die Spritze, den Abbindegummi, die Nadel, die in die Vene seiner Armbeuge drang.
    In seinen Armen war Wolodja gestorben. Vor Erschütterung, vor Übermüdung nach den vielen schlaflosen Nächten hatte er das Bewusstsein verloren, war in ein kurzes Vergessen gesunken und konnte sich nicht mehr genau erinnern, was geschehen war. Er hätte gern geglaubt, dass er sich das Präparat nicht gespritzt hatte. Dass es ein Traum war, ein Hirngespinst. Aber er schaffte es nicht.
    Er ging ins Labor, und unter Grigoris durchdringendem Blick überkam ihn ein Frösteln.
Moskau 2006
    Pjotr Colt frühstückte frischen Bauernquark mit Schmand und Honig, trank koffeinfreien Kaffee und nahm seine morgendliche Dosis Multivitamintabletten. Jeanna schlief in seinem Bett, auf der türkisfarbenen Seidenwäsche ausgestreckt. Das Schlafzimmer war voller Blumen, auf einem niedrigen kleinen Tischmit Löwenklauenfüßen stand eine riesige Schale mit Obst. Das Ganze erinnerte an ein Rubens-Gemälde. Colt küsste Jeanna aufrichtig dankbar auf die runde rosa Wange, zog sich an und brach auf ins Büro.
    Sein Kontor befand sich in der obersten, siebenundzwanzigsten Etage eines zylinderförmigen Wolkenkratzers aus Spiegelglas, des Hauptgebäudes eines Bürokomplexes im Südwesten von Moskau. Der gesamte Komplex gehörte Colts Firma. Neben Büros gab es eine Sport- und eine Konzerthalle, eine Schwimmhalle, ein Restaurant, ein kleines Hotel der Luxusklasse und ein riesiges unterirdisches Parkdeck mit eigener Autowerkstatt.
    Der gepanzerte Jeep jagte über die Brücken und durch die Tunnel des Dritten Rings. Am Steuer saß ein Chauffeur, Colt saß hinten, schaute Papiere durch und telefonierte. Nach mehreren geschäftlichen Anrufen war Subow am Apparat.
    »Wir haben ein Problem«, sagte Colts Sicherheitschef, »der Alte ist nervös, verlangt sein Telefon und seinen Computer.«
    »Wozu?«
    »Das sagt er nicht, aber ich glaube, er will sich mit Deutschland in Verbindung setzen und die traurige Nachricht mitteilen.«
    »Na, soll er doch. Das lässt sich sowieso nicht verbergen. Er wird es erfahren, ob früher oder später, was macht das für einen Unterschied?«
    »Einen großen. Er muss es von ihr erfahren, bei der Begegnung mit ihr, keinen Tag und keine Stunde eher.«
    Colt lachte kurz auf und schüttelte den Kopf. Subow war normalerweise unglaublich kaltblütig, manchmal kam er Colt vor wie eine Maschine, nicht wie ein lebendiger Mensch. Nun aber war er sichtlich nervös, hob

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