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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
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es vielleicht sogar gekonnt. Doch nun hatte er es zum ersten Mal getan. Hätte er ihn doch wenigstens ins Herz getroffen, dass er sich nicht quälen musste. Aber nein. Das hatte er nicht geschafft.
    Sicherheitshalber nahm er die Patronen aus dem Gewehr und schüttete sie in seine Hosentasche, schraubte das Bajonett ab und ging rasch zurück zu Sweschnikow.
    »Was ist mit ihm? Ist er tot?«, fragte der Professor leise.
    »Ja.«
    Agapkin hob den Professor behutsam an, entdeckte, dass das Hosenbein vollkommen mit Blut getränkt und die Blutlache auf dem Laub noch größer geworden war.
    »Stützen Sie sich auf meine Schulter. Vorsichtig. Ja, so. Versuchen wir es, solange nicht geschossen wird und keine Panzerwagen kommen.«
    Die Twerskaja-Jamskaja war auf einmal furchtbar breit, der Weg bis zum gegenüberliegenden Trottoir schier endlos. Vom Brester Bahnhof her näherte sich erneut Motorenlärm. Sie standen schutzlos mitten auf der Fahrbahn. Ohne nachzudenken, lud sich Agapkin den Professor auf den Rücken und lief schwankend und schweißüberströmt los. Das Gewehr fiel herunter, er konnte es nicht aufheben. Noch zehn, zwanzig Schritte, die ihm so schwer fielen, als watete er bis zur Hüfte im Sumpf. Wildes Hupen, Schreie von Soldaten auf der Ladefläche.
    Gleich drei LKW rasten vorbei und hüllten sie in heißen Benzindunst. Sie hatten nur noch ein kleines Stück zu laufen,es war nur noch ein kleiner Häuserblock bis zur Zweiten Twerskaja. Agapkin fühlte, dass er immer schwächer wurde und der Professor immer schwerer. Er verspürte ein Pochen in den Schläfen, ihm war schwindlig, Schweiß rann ihm in die Augen. Er torkelte wie ein Betrunkener, er fürchtete, er könnte stürzen und den Professor fallen lassen, er bemühte sich, nicht daran zu denken, wie er ihn die Treppe hoch in den dritten Stock tragen sollte, und nicht hinunterzuschauen, zu den Blutspuren am Boden.
    Ein nagelneues, lackglänzendes Automobil kam um die Ecke gebogen. Durch den salzigen Schleier sah Agapkin das stupsnasige Profil des Chauffeurs und zwei Personen auf dem Rücksitz: einen älteren Herrn mit Schnurrbart und eine elegante junge Dame. Das Automobil fuhr so langsam und so nah an ihnen vorbei, dass Agapkin den Sandelholzduft des Parfüms der Dame wahrnahm.
    »Halt! Zu Hilfe!« Er glaubte zu schreien, aber er flüsterte nur, so leise, dass ihn nur der Professor hörte.
    »Nicht, Fjodor. Es ist sinnlos. Lassen Sie mich herunter. Ruhen Sie sich aus, sonst brechen wir alle beide hier zusammen.«
    Das Automobil fuhr auf die Twerskaja-Jamskaja in Richtung Brester Bahnhof und verschwand wie ein Gespenst.
    Der Bahnhofsplatz ist von einer Abteilung revolutionärer Soldaten umzingelt, Aufständische aus Dwinsk, die aus dem Butyrka-Gefängnis entlassen wurden, dachte Agapkin rachsüchtig. Sie sollten sich nicht so beeilen, Herrschaften, Sie sollten nicht so hochmütig und so gleichgültig gegen fremdes Unglück sein.
    Die Wut verlieh ihm neue Kräfte, er trug den Professor bis zum Haus, setzte ihn vor dem Fahrstuhl ab und rannte die Treppen hinauf.
    Die Klingel funktionierte nicht, der Strom war abgeschaltet.Agapkin trommelte ziemlich lange gegen die Tür. Endlich fragte die verschlafene Stimme des Dienstmädchens Marina: »Wer ist da?«
    Eine Viertelstunde später hatten sie zu dritt – Agapkin, Marina und Andrej – den Professor in die Wohnung gebracht und auf das Sofa im Wohnzimmer gelegt. Tanja, blass, fast durchscheinend, aber seltsam ruhig, sah Agapkin an und fragte: »Fjodor, Sie selbst sind nicht verletzt? Ihre Hände sind ganz blutig.«
    »Nein. Das ist nicht mein Blut. Mit mir ist alles in Ordnung, ich danke Ihnen.«
    »Wofür?«
    »Dafür, dass Sie mich zum ersten Mal einfach Fjodor genannt haben.«
    »Waschen Sie sich, trinken Sie einen Schluck Wasser und ruhen Sie sich ein paar Minuten aus. Ich sehe mir inzwischen die Wunde an.«
    Mühsam trottete er ins Bad. Vor seinen Augen tanzten helle bunte Kreise und flammten diamantene Sterne auf. Das Bad hatte kein Fenster. Er fand Streichhölzer und einen Kerzenstummel und wollte den Gasofen anzünden, aber es kam kein Gas. Er setzte sich auf einen Hocker, schloss die Augen, lehnte sich mit dem Rücken an die kalten Fliesen und blieb eine Weile so sitzen. Dann wusch er sich gründlich Hände und Gesicht mit eiskaltem Wasser und ging zurück ins Wohnzimmer.
    Tanja hatte mit einer Schere das Hosenbein aufgeschnitten, den Unterschenkel mit einem Gummiband abgeschnürt und sich die Hände mit Jod

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