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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
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sogenannte biologische Uhr ist, von der Altern, Leben und Tod abhängen. In den USA kam es sogar zu einem Melatonin-Boom. Das Hormon wurde künstlich hergestellt, industriell produziert, in Apotheken verkauft und in großen Mengen eingenommen, die Presse verkündete, das Jugendelixier sei endlich gefunden. Aber es kam nichts Gutes dabei heraus. Mit Hormonen sollte man eben nicht scherzen.«
    »Augenblick, Sofja Dmitrijewna, ist denn etwas dran an der Theorie, dass die Epiphyse die biologische Uhr ist?«
    »Nun, hundertprozentig richtig ist sie natürlich nicht. Ein lebendiger Organismus ist zu kompliziert, das ist kein Computer. Die Epiphyse ist verantwortlich für den Schlaf-Wach-Rhythmus, sie sagt zum Beispiel den Bären, wann sie in Winterschlaf fallen sollen. Ihre Funktion hat mit dem Wechsel zwischen Tag und Nacht zu tun, mit dem Ablauf der Zeit. Vor kurzem wurde bewiesen, dass von ihr das Funktionieren desImmunsystems abhängt. Früher dachte man, das Hormonsystem würde von der Hypophyse und dem Hypothalamus gesteuert. Aber dafür ist die Epiphyse zuständig. Ja, es ist sehr wahrscheinlich, dass eben diese kleine Drüse entscheidet, wie lange ein Mensch lebt.«
    »Und Professor Sweschnikow hat also bereits vor neunzig Jahren entdeckt, dass das Altern mit der Epiphyse zu tun hat?«
    »Möglicherweise hat er irgendeine Gesetzmäßigkeit erkannt, aber er hat daraus keine voreiligen Schlüsse gezogen. Im Grunde wussten das bereits die alten Ägypter und die mittelalterlichen Alchemisten. Im neunzehnten Jahrhundert aber und zu Beginn des zwanzigsten hielt man die Epiphyse für ein rudimentäres Organ. Die positivistische Wissenschaft lehnte alles ab, was sie nicht erklären konnte.«
    Der Tee wurde gebracht. Das englische Ehepaar war gegangen. Der Pianist hatte den Flügel zugeklappt, saß in einer Ecke, trank Kaffee und rauchte. Das Restaurant war fast leer. Sofja fielen die Augen zu.
    »Boris Iwanowitsch hat mir gegenüber mehrfach den Namen Sweschnikow erwähnt, mir aber versichert, es gebe keine Methode, das sei ein Mythos, der endlich entlarvt und widerlegt werden müsse.« Subow zündete sich eine weitere Zigarette an und bestellte, statt zu zahlen, noch einmal Tee.
    »Ja.« Sofja seufzte und unterdrückte ein Gähnen. »Das sagt er zu allen. Aber er sucht und sucht.«
    »Wonach genau, was meinen Sie? Nach Aufzeichnungen, Beschreibungen der Methode, einer Art Rezept oder nach dem geheimnisvollen Stoff selbst?«
    »Möglicherweise sowohl als auch. Es ist jedenfalls bekannt, dass es Sweschnikow gelungen ist, die Epiphyse auf irgendeine Weise zu manipulieren.«
    »Ist das denn so schwierig?«
    »Überlegen Sie doch, sie befindet sich mitten im Gehirn. Sweschnikow war natürlich ein hervorragender Chirurg, aber die Technik für derartig komplizierte Eingriffe war damals noch auf einem recht niedrigen Stand.«
    »Muss man denn unbedingt den Schädel öffnen?«
    »Ja. Man muss die Hirnrinden durchdringen, ohne sie zu beschädigen, und dabei Infektionen vermeiden. Antibiotika waren damals noch unbekannt, die Desinfektionsmethoden waren primitiv und unzuverlässig. Wundoberflächen wurden nach der Carrel-Dakin-Methode mit Karbolsäure behandelt. Aber Karbolsäure zerstört die Leukozyten, also den natürlichen Schutz des Organismus. Übrigens hat Sweschnikow das als Erster festgestellt und ist bei seinen Patienten deshalb nach der bewährten alten Methode von Pirogow vorgegangen. Er hat Chlorwasser, Höllenstein, Jod, Alkohol und Teer benutzt. Sweschnikow hat Verwundete gerettet, die andere bereits aufgegeben hatten. Er war ein begnadeter Arzt, barmherzig und grundanständig. Er mag die Schädel von Ratten geöffnet haben, aber nie hätte er das Leben eines Menschen für ein wissenschaftliches Experiment aufs Spiel gesetzt.«
    »Sind auch andere Wege denkbar als ein chirurgischer Eingriff?«
    »Ich habe darüber nachgedacht.« Sofja konnte sich nicht mehr beherrschen und gähnte herzhaft. »Angenommen, es ist ihm gelungen, einen bestimmten Stoff zu injizieren, der über die Blutbahn in die Epiphyse gelangte. Etwas Anorganisches, auf Mineralbasis? Oder ein Pflanzenpräparat? Ausgeschlossen. Bakterien? Wohl kaum. Sie breiten sich sofort im gesamten Organismus aus. Bleibt nur eines. Aber das sage ich Ihnen nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Erstens ist das grässlich, unappetitlich und widerlich, und wir sind zwar fertig mit dem Essen, sitzen aber immer noch in einem Restaurant. Und zweitens bin ich furchtbar müde.«
    Sofja

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