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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
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schleppte sich zu ihrem Zimmer, ihr fielen die Augen zu. Subow versprach, sie zum Frühstück zu wecken. Sie glaubte, sie müsse nur mit dem Kopf aufs Kissen sinken und würde sofort einschlafen. Sie nahm ihren Pyjama aus dem Koffer, stellte sich unter die heiße Dusche und bedauerte plötzlich, dass sie den alten Agapkin nie gebeten hatte, seine Mütze abzunehmen. Vielleicht war das ja gar keine Freimaurermütze, vielleicht trug er sie nur deshalb ständig, weil sein Kopf von Trepanationsnarben entstellt war?
    Als sie endlich in dem breiten Hotelbett lag, unter dem warmen und leichten Federbett, merkte sie erstaunt, dass sie nicht einschlafen konnte.
    Bim war tatsächlich besessen von Sweschnikow. Das hatte sie schon früher geahnt, aber nie wahrhaben wollen. Ganz offensichtlich versuchte er ständig, eine unbekannte fremde Entdeckung schlechtzumachen, nach der er selbst fieberhaft suchte. Mehr noch – als er erfahren hatte, dass Sofja sich für Sweschnikow interessierte, war er fuchsteufelswild geworden und hatte dauernd wiederholt: Quatsch, Unsinn! Hast du nichts anderes zu tun?
    Sie hatte bei ihm zu Hause im Regal mehrere Bücher gesehen, in denen Sweschnikow erwähnt wurde. Es gab nur wenige, aber Bim besaß sie alle, sogar die Memoiren von Ljubow Sharskaja. Einmal hatte Sofja auf seinem Schreibtisch eine sorgfältig gebundene Sammlung alter Zeitungen von 1916 entdeckt, darin geblättert und war sofort auf einen Artikel eines gewissen B. Vivarium über ein Jugendelixier gestoßen, das Professor Sweschnikow erfunden habe. Der Text war vollkommen verrückt, im Stil der Boulevardpresse.
    »Boris Iwanowitsch, wollen Sie etwa, dass man über Sie das Gleiche schreibt?«, hatte sie gefragt.
    »Warum liest du solchen Quatsch? Was hast du nur mit diesem Sweschnikow?«, hatte er böse gerufen und ihr die Zeitungen weggenommen. »Es gab keinen Sweschnikow! Gar nichts hat er erfunden!«
    Um sich abzulenken, versuchte Sofja zu lesen, dachte aber trotzdem an Bim, an ihren Vater und an Sweschnikow. Schließlich fiel ihr ihr kleiner Player ein. Sie musste Kopfhörer aufsetzen und ruhige Musik hören, dann würde sie unversehens einschlafen. Sie kroch unter dem Federbett hervor, schaltete die Stehlampe ein, kramte lange suchend herum, durchwühlte den ganzen Koffer, dann die Aktentasche. In einem Fach fand sie eine entwertete Zugfahrkarte Sylt-Ost – Hamburg Hauptbahnhof, im zweiten eine Moskauer Metrofahrkarte, im dritten einen zerknüllten Fünfzig-Euro-Schein. Der Player lag im Außenfach.
    »Du hast bestimmt gedacht, du hättest das Geld verloren, Papa. Aber hier liegt es und sagt keinen Ton. Warum hat deine Tasche auch so viele Fächer?«, murmelte sie.
    Eine Weile saß sie unter der Stehlampe auf dem Teppich, die Augen geschlossen, die Zähne zusammengebissen und die Fäuste geballt, und hielt mühsam die Tränen zurück. Schließlich öffnete sie die Hand und erblickte eine große Gelatinekapsel. Vaters Vitamine. Sie waren ihm aus der Hand und in die Aktentasche gefallen. Kein Wunder. In der letzten Woche hatten ihm merklich die Hände gezittert.
    Sofja stand auf, ging ins Bad, nahm eine kleine Plastiktüte von der Ablage, zog die Zahnseide heraus und verstaute die Kapsel sorgfältig darin.
Moskau 1917
    Der Chauffeur half Agapkin, die Lebensmittel hinaufzutragen, stellte sie vor die Tür und ging sofort. Andrej empfing Agapkin. Er hatte eine Kerze in der Hand und schirmte die Flamme mit der Hand ab.
    »Na, wie steht’s?«, fragte Fjodor.
    »Papa ist aufgewacht, hat heißes Wasser mit Awdotjas Moosbeeren getrunken und versucht jetzt, im Schein der Petroleumlampe zu lesen. Tanja ist in ihr Zimmer gegangen, sie wollte ein bisschen schlafen. Die Dienstmädchen sind auch weggegangen, sie haben versprochen, morgen früh wiederzukommen. Awdotja sitzt bei Papa und strickt. Oh, Birnen!« Andrej hockte sich hin und beleuchtete den Korb und die Tüten. »Wo kommt das her? Wo haben Sie das beschafft?«
    »Hol Tanja, wir werden essen. Dann erzähle ich alles.«
    Der Professor empfing ihn mit einem schwachen Lächeln und drehte sich unbeholfen auf dem Sofa herum.
    »Tja, Fjodor, der Mensch braucht so wenig. Es ist kalt und dunkel, draußen wird geschossen, überall herrscht der Tod, aber ich wache auf, die Schmerzen haben ein wenig nachgelassen, und schon bin ich glücklich.«
    Agapkin stellte die Tüten auf den Tisch, nahm die Petroleumlampe in die Hand und untersuchte das verbundene Bein. Der Verband war nicht durchnässt, es

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