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Bis unter die Haut

Bis unter die Haut

Titel: Bis unter die Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Hoban
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Willow zögert keine Sekunde und setzt ihm nach. Aber er ist schnell, zu schnell. Er rast auf das Gebäude zu, in dem die anthropologische Fakultät untergebracht ist und sprintet die Stufen hoch, während sie verzweifelt versucht, ihn einzuholen.
    Sie möchte ihm am liebsten hinterherbrüllen, dass er stehen bleiben soll, fürchtet aber, damit noch mehr Aufmerksamkeit auf sie zu ziehen. Es drehen sich bereits Leute nach ihnen um. Aber sie ist sowieso zu sehr außer Atem, um einen Ton herauszubringen, und was würde es schon nützen? Ihr Rücken ist schweißnass, und ihr Herz klopft so heftig, dass sie fast Angst hat, es könnte aussetzen, aber all das ist nichts, nichts , im Vergleich zu ihrer verzweifelten Angst vor dem, was gleich passieren wird. Sie kann nicht zulassen, dass Guy ihr Geheimnis verrät. Kann nicht zulassen, dass er ihr das Einzige nimmt, das ihr wenigstens ein bisschen Trost spendet.
    Eine Gruppe von Studenten kommt aus dem Gebäude, als er die Tür erreicht. Sie unterhalten sich lachend und versperren den Eingang. Sie kann ihr Glück kaum fassen. Er kommt nicht an ihnen vorbei und kann nichts weiter tun, als zu warten, bis sie weitergehen.
    Als die Gruppe sich schließlich zerstreut, hat sie ihn fast eingeholt. Guy reißt die Tür auf, aber jetzt ist sie ihm dicht auf den Fersen. Er rennt die Treppe hoch, immer zwei Stufen auf einmal. Sie stürzt ihm hinterher, streckt verzweifelt die Arme nach ihm aus, fest entschlossen, ihn zu packen, ihn irgendwie aufzuhalten.
    Sie bekommt einen Zipfel seines Hemds zu fassen, versucht ihn daran festzuhalten, lässt dann aber wieder los, weil sie Angst hat, es zu zerreißen. Er hält mitten im Laufen inne und dreht sich zu ihr um. Schwer atmend stehen sie sich auf der Treppe gegenüber, mustern sich wortlos. Dann dreht Guy sich wieder um. Dieses Mal ist Willow schnell genug und schafft es, ihn an der Hand festzuhalten. Doch obwohl sie sich mit ihrem ganzen Gewicht daranhängt, geht er einfach weiter. Verzweifelt hält sie sich mit der anderen Hand am Treppengeländer fest. Vergeblich. Nichts scheint ihn aufhalten zu können, und wenn sie ihn nicht loslassen will, muss sie wohl mitgehen.
    Sie hält immer noch seine Hand fest, als sie den vierten Stock erreichen. Vor Davids Büro bleibt Guy stehen und sieht Willow schweigend an.
    »Bitte sag es ihm nicht«, fleht sie, von seinem Zögern ermutigt. »Bitte.«
    Aber ihr bleibt keine Zeit, weiter in ihn zu dringen. Bevor Guy anklopfen kann, geht die Tür auf, und David steht vor ihnen und begleitet den Fakultätsleiter nach draußen.
    »Hey, hallo, ihr beiden.« David lächelt, als er sie Hand in Hand mit erhitzten Gesichtern und nach Luft schnappend vor sich stehen sieht.
    Ihm ist deutlich anzusehen, dass er die Situation völlig falsch beurteilt. »Jetzt gerade ist es ein bisschen schlecht«, sagt er nach einer kurzen Pause. »Ich muss noch ein paar Anrufe erledigen, aber wenn es euch nichts ausmacht, einen Moment hier draußen zu warten …« Trotzdem macht er keine Anstalten zu gehen. Er strahlt förmlich beim Anblick ihrer ineinanderverschränkten Hände.
    Willow bekommt kaum Luft; sie hat das Gefühl, jeden Moment zusammenzubrechen. Es geht ihr nicht nur um sich selbst – obwohl ihr die Vorstellung, dass ihr ihre Art von Betäubungsmittel weggenommen werden wird, panische Angst macht. Aber der Gedanke, dass Guy es David erzählen wird, dass sie zusehen muss, wie dieses Lächeln verschwindet, ist viel schlimmer. Ihr Bruder hat seit Monaten nicht mehr so glücklich ausgesehen.
    Und plötzlich weiß sie, wie sie sich und ihn retten kann. Die Erleichterung darüber lässt sie beinahe taumeln.
    »Okay? Bin gleich bei euch«, sagt David und verschwindet wieder in seinem Büro.
    Guy lehnt sich gegen die Wand und lässt sich langsam zu Boden rutschen. Er hält immer noch Willows Hand fest und zieht sie mit sich hinunter. Nur dass sie jetzt diejenige ist, die die Situation unter Kontrolle hat, die weiß, was zu tun ist.
    »Hast du gesehen, wie glücklich er gewirkt hat?«, flüstert sie ihm ins Ohr. »Er glaubt, wir wären … na ja … er glaubt, wir wären zusammen .«
    »Na und?«, zischt Guy zurück.
    »Verstehst du denn nicht?« Ihre Stimme überschlägt sich beinahe. »Er denkt, dass wir ein Paar sind! Dass es mir endlich besser geht! Ich hab ihn nicht mehr so glücklich gesehen seit … seit dem Unfall. Willst du wirklich derjenige sein, der ihm dieses Lächeln vom Gesicht wischt?« Sie lässt nicht locker.

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