Bis zum bitteren Ende
angrenzenden Korridor einzutreten, ohne die Gestalt verändern zu müssen. Die Decks und Hosts rings um Janes Konsole ruhten auf einem niedrigen Steinpodest gegenüber dem Haupteingang.
Die Höhle wurde von Leuchtröhren erhellt, die an den Steinwänden und der hohen Decke befestigt waren. Verglichen mit der Matrix sah ihre Höhle langweilig aus. Vielleicht würde Jane ein paar Kunstgegenstände besorgen und Nadja fragen, ob sie die Kosten für eine Umgestaltung genehmigte.
Sie sah, daß Enrico, der Troll-Küchenchef des Baus, ihr ein Sojafleischsandwich au jus auf den kleinen Tisch neben ihrer Konsole gestellt hatte. Mittlerweile war es mit Sicherheit kalt, aber der Geruch hing im Raum und ließ ihren Magen knurren. Sie vergaß viel zu oft, etwas zu essen.
Sie setzte sich und biß in das Sandwich, als ihr Deck mit einem Summton einen eingehenden Telekomanruf meldete. Sie schaute zum Terminalbildschirm und sah, daß der Anruf vom Assets-System kam und Axlers Verschlüsselungscode zeigte. Endlich, dachte sie. Das wird aber auch Zeit.
Jane nahm noch einen raschen Bissen und erhob sich. Sie ging wieder zu ihrer Konsole, ließ sich auf dem Sessel nieder und stöpselte den Sechsfach-Multistecker in ihre Datenbuchsen ein. Die Höhle löste sich auf, und der virtuelle Raum ihrer Kommandozentrale nahm in ihrem Bewußtsein Gestalt an.
Ein quadratischer Raum mit Wänden aus rostfreiem Stahl umgab sie. Sechs Seiten computergenerierter Realität, wobei jede Seite eine ihrer Datenbuchsen repräsentierte. Ein Zugangskanal zu einer anderen Welt, zu der sie von einem Augenblick auf den anderen wechseln konnte. Ein würfelförmiges virtuelles Tor, erschaffen von ihrem Netzwerk aus Cyberdecks und Hosts.
Das Gefühl in ihrem Körper wich den Signalen aus ihrem Würfel, die ihr MPCP, ihr Master Persona Kontrollprogramm bereitstellte.
Bei Runs zeigten fünf der Stahlwände Cyberkamerabilder und statistische Daten, vier davon Direktübertragungen der Mitglieder von Assets Incorporated - Axler, Dhin, Grind und Ryan Mercury. Von Ryan kamen keine Kamerabilder, aber Jane erhielt seine medizinischen Werte über sein Armbandkom. Die fünfte Wand unter ihr nahm die Gestalt einer glänzenden goldenen Tür an, die Verbindung zwischen ihrem privaten virtuellen Raum und der Matrix - dem elektronischen Universum des weltumspannenden Computernetzes.
Jane aktivierte ihre blonde Persona, stürzte sich durch das Tor in die Matrix und aktivierte ein Routine-Aufspürprogramm, während sie den eingehenden Anruf beantwortete, nur um sich noch einmal zu vergewissern, daß die Anti-Aufspür-Utility von Assets einwandfrei funktionierte.
Axlers blasses Gesicht schwebte im Cyberspace, eingerahmt von ihren dünnen blonden Haaren. Die braunen Augen, die so weich blicken konnten, wenn Axler es zuließ, starrten sie wie immer absichtlich kalt und hart an.
»Ich bin da«, sagte Jane.
Axler betrachtete Janes lächerliche Persona ohne jede Gefühlsregung. »Der neue Magier, dieser Talon, ist eingetroffen«, sagte sie. »Wir erwarten deine Anweisungen.«
Jane nickte. »Sehr gut.«
Mit einer raschen Bewegung aktivierte Jane die Verbindung zur Assets-Kommandozentrale, die ein Hochsicherheits-Kommunikationsprotokoll zwischen ihnen einrichtete. Sie manifestierte sich in ihrer virtuellen Realität als eine Matrix-Nachbildung der tatsächlichen Kommandozentrale.
Das Gelände von Assets befand sich am Ostrand des Hells Canyon, aber die holographischen Kameras in der Kommandozentrale fütterten Janes Hosts mit Daten und gaben ihr ein fast vollständiges Bild. Es handelte sich um einen großen Raum mit einem gewaltigen ovalen Tisch für fünfzig Personen in der Mitte. Nur zwei Stühle waren besetzt, einer von Axler, die sehr aufrecht und sprungbereit dasaß. Sie war eine Kampfexpertin, ein Söldner der höchsten Kategorie.
Auf dem anderen Stuhl saß ein junger Mensch mit schulterlangen braunen Haaren und heller Haut. Er war mittelgroß und von durchschnittlicher Statur, aber in seinen braunen Augen funkelte Intelligenz. Das war Talon, seinem Ruf nach ein Mann mit überdurchschnittlichen magischen Fähigkeiten.
Ohne Talons Wissen hatte Jane ihn für mehrere Runs angeworben. Sie hatte seine Fortschritte verfolgt, und er hatte sich auf allen Runs ausgezeichnet gehalten. Er war sehr professionell, wenn auch manchmal ein Klugscheißer. Gut genug, um nun schon eine ganze Weile in den Schatten überlebt zu haben. Er war mindestens so qualifiziert für den Einstieg bei
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