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Bis zum bitteren Ende

Bis zum bitteren Ende

Titel: Bis zum bitteren Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jak Koke
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wird der heikle Teil«, erklärte Harlekin. »Während die physikalischen Komponenten von Ihnen und mir hier in der physikalischen Welt bleiben, muß das Drachenherz in seiner Gesamtheit in den Astralraum und auf die Metaebenen geschafft werden.«
    Ryan verstand die Schwierigkeit und nickte.
    Harlekin ließ Orichalkumwachs von der rauchenden Kerze in seiner Hand auf das Drachenherz tropfen, bis das gesamte Artefakt damit bedeckt war. »Wir sind fast fertig«, sagte er, indem er heißes Wachs auf die Innenseite seiner freien Hand tropfen ließ. Er strich damit zunächst über Ryans Stirn, dann über seine eigene.
    »Noch etwas, Ryan Mercury.«
    »Ja?«
    »Die Metaebenen sind ein Spiegel der Seele. Jenseits der Schwelle zeigt sich Wahrheit immer in Metaphern - nichts ist, wie es scheint. Alles ist sowohl verborgen als auch offen dargelegt.«
    »Ich habe Geschichten gehört.«
    Harlekin ergriff Ryan bei den Schultern, eisenhart und unerschütterlich. Seine durchdringenden grünen Augen blitzten vor Ungeduld. »Ich weiß nicht, was Dunkelzahn mit Ihnen gemacht hat, aber Sie sind mehr, als Sie zu sein scheinen.«
    Ryan zuckte nicht mit der Wimper. Er hielt Harlekins durchdringendem Blick stand. »In aller Aufrichtigkeit, ich weiß nicht, was Sie meinen.«
    »Dann sind Sie mehr, als Sie ahnen«, sagte Harlekin. »Ich glaube, Sie sollten darauf vorbereitet sein, denn auf den Metaebenen könnten Sie die Wahrheit erfahren. Und meiner Erfahrung nach hat die Wahrheit die häßliche Angewohnheit, wunderbare Illusionen zu zerstören.«
    Ryan hielt den Atem an. Er wußte nicht, wovon Harlekin redete, und wollte nur seine Mission fortsetzen.
    Harlekin ließ Ryan los. »Ich sage Ihnen das nur, weil Sie noch nie in den Niederwelten waren. Wenn Sie die Wahrheit erkennen, was früher oder später geschehen wird, will ich nicht, daß Sie die Erkenntnis lähmt. Im falschen Augenblick könnte das den Tod bedeuten.«
    »Ich glaube nicht, daß ich irgendwelche Geheimnisse habe«, erwiderte Ryan.
    Harlekin lächelte. »Jeder hat Geheimnisse.«
    Ryan grinste. »Sogar Sie?«
    »Ich habe mehr als die meisten. Vielleicht sogar mehr als Sie.«
    Ryan dachte darüber nach. Welche Geheimnisse hatte er? Seitdem er die Folgen von Roxboroughs Persönlichkeitstransfer überwunden und das Drachenherz zurückgewonnen hatte, wußte Ryan, was er zu tun hatte. Er wußte, wer er war. Oder zumindest glaubte er das zu wissen.
    »Wir sind bereit.« Harlekin marschierte den inneren Wachskreis entlang und bedeutete Ryan, ihm zu folgen.
    Ryan setzte sich hinter ihn, und kurz darauf veränderte sich die Welt rings um sie.

16
     
    Señor Oscuros Worte hallten in Luceros Ohren, während sie wie erstarrt vor der dunklen Barriere zum reinigenden Weiß stand und am Rande der Erlösung balancierte.
    »Was tust du, mein Kind?«
    Lucero drehte sich nicht zu ihm um. Sie konnte sich jetzt keine Zweifel leisten, konnte sich kein Zögern gestatten, sonst würde Oscuro wieder die Kontrolle über sie übernehmen. Er würde sie daran hindern, sich in dem wunderbaren Lied zu reinigen.
    Lucero hörte die staunenswerte Stimme jetzt am Rande der sich ausbreitenden Dunkelheit deutlicher, und die erlesene Lieblichkeit ihrer Harmonie und Kraft weckte in ihrem Herzen die Sehnsucht nach mehr. Das Lied war ihre Erlösung. Ihre Chance auf neuerliche Reinheit.
    Ich darf jetzt nicht innehalten.
    »Sei nicht so vorschnell«, holten Oscuros Worte sie aus der Dunkelheit hinter ihr ein wie gezischte Geister. »Du hast später noch genug Zeit für Frivolitäten.«
    Unter großer Anstrengung bewahrte Lucero sich ihre Konzentration. Die Zeit schien sich zu dehnen, als sie sich dem leuchtenden Rand der Dunkelheit entgegenreckte. Ihr Vorankommen verlangsamte sich. Es war so, als habe sich die Atmosphäre um sie verdichtet.
    Ein Schritt.
    Ein weiterer Angriff von Oscuros Kreaturen traf die Barriere, bevor Lucero sie durchbrechen konnte. Leichen und Krötenwesen, abscheuliche Kriecher, alle im Blut eines neuen Opfers gebadet, warfen sich ins Licht. Überall rings um Lucero kreischten sie vor Schmerzen und gingen in Flammen auf, als sie sich in das sengende Weiß warfen. Das Lied trieb ihnen jeglichen Makel aus, bis nur noch blubbernde schwarze Flecken von ihnen übrig waren.
    Schwarzer Rauch verpestete die Luft, als die Kreaturen verdampften. Aber das Blut, welches an ihnen klebte, verschmolz mit dem Boden und trieb die Linie der Dunkelheit weiter voran. Und da verlor Lucero ihre Konzentration. Rauch

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