Bis zum letzten Atemzug
Lautsprecher. »Ich habe es versucht, aber auf den Straßen herrscht das reinste Chaos. Lassen Sie uns jetzt anfangen.« Ich schlucke schwer, habe Angst vor dem, was als Nächstes kommt. »Vor ungefähr vierzig Minuten sind wir darüber informiert worden, dass Ihr Exmann Tim Barrett von seiner Mutter als vermisst gemeldet wurde. Er hat ihr gesagt, er wäre heute Morgen unerwartet zum Dienst gerufen worden, doch als sie nach mehreren Stunden nichts von ihm gehört hatte, rief sie bei seiner Arbeitsstelle an.«
Chief McKinney beugt sich vor und stützt sich mit den Ellbogen auf den Knien ab. »Meg, Tim ist heute nicht zum Dienst gerufen worden.«
Ich versuche, einen neutralen Ton anzuschlagen. »Ich bin mir nicht sicher, was ich damit zu tun habe, dass mein Exmann seine Mutter angeschwindelt hat.«
»Nun, Meg.« Ich merke dem Chief an, wie unangenehm ihm die Situation ist. »Ich weiß, dass deine Scheidung von Tim nicht einfach war und es einige Streitereien ums Sorgerecht gab.«
»Die meisten Scheidungen sind nicht leicht, Chief«, sage ich, irritiert darüber, dass meine persönliche Geschichte in diese Unterhaltung einbezogen wird. Ich verschränke meine Arme vor der Brust. »Und bei den meisten Scheidungen, bei denen Kinder betroffen sind, gibt es Streitereien ums Sorgerecht. Wir haben schon vor langer Zeit eine Lösung gefunden.«
»Officer Barrett«, schaltet sich Terry Swain, der Vermittler, ein. »Lassen Sie uns Tacheles reden. Sie hatten eine nicht einvernehmliche Scheidung mit Sorgerechtsstreitigkeiten, Ihr Exmann hat über seinen Verbleib gelogen, seit mehreren Stunden hat ihn niemand mehr gesehen, und wir haben eine Geiselnahme an der Schule, auf die Ihre Tochter geht – die heute zufällig aber nicht anwesend ist.«
»Sie ist nicht da, weil sie die Frühjahrsferien mit ihrem Vater verbringt. Es ist überhaupt nicht logisch, dass Tim sich in dem Gebäude befindet!« Meine Stimme wird lauter, und ich bemühe mich, sie zu dämpfen. »Es muss eine andere Erklärung geben.«
Swain starrt mich einen Moment intensiv an, als suche er in meinem Gesicht nach verborgenen Informationen. Anthony Samora schaltet sich über das Telefon ein. »Sie haben recht. Das ist noch nicht alles, was uns zu unserer Schlussfolgerung führt.«
Ich hebe verzweifelt die Hände. »Was denn dann? Was könnte Sie dazu veranlassen, zu glauben, dass mein Exmann, dass Tim irgendetwas hiermit zu tun hat?«
»Vor fünfzehn Minuten hat Terry erneut versucht, Kontakt mit dem Geiselnehmer aufzunehmen«, erklärt der Chief. »Er hat sich das Megafon genommen und den Mann gefragt, was er will, welche Forderungen er stellt.«
Mein Mund ist ganz trocken. Ich schaue durch das Fenster des Wohnmobils, und mein Blick bleibt an dem Schulgebäude hängen.
»Ein paar Minuten später haben wir einen Anruf von einem Handy bekommen, dass einer …« Swain wirft einen Blick auf seine Notizen, »einer Sadie Webster gehört.«
»Sadie Webster?«, frage ich verwirrt. »Doug und Caroline Websters Tochter?«
Swain nickt. »Ja. Der Anruf kam von Sadies Handy, aber bei dem Anrufer handelte es sich definitiv nicht um ein zwölfjähriges Mädchen.«
»Um wen dann?«, will ich wissen.
»Das wissen wir nicht«, gibt Swain zu, und sofort entspanne ich mich.
»Also sind das alles nur Vermutungen? Sie haben keinerlei Beweise, dass Tim der Bewaffnete in der Schule ist?« Ich lache erleichtert auf. »Mein Gott, Chief, du hast mir einen Heidenschrecken eingejagt.«
»Meg«, sagt Chief McKinney ernst. »Wir wissen nicht, wer der Anrufer war, aber wir wissen, dass überall in den Nachrichten darüber berichtet wird, dass dein Exmann nicht aufzufinden ist.« Verdammt, denke ich. Stuart hatte recht. »Wir wissen außerdem«, fährt McKinney fort, »dass der Mann in der Schule derzeit nur eine Forderung stellt.«
»Und die wäre?«
»Er hat ausdrücklich nach dir verlangt.«
»Nach mir?«, frage ich ungläubig. »Warum sollte er nach mir fragen?«
»Hattest du in letzter Zeit irgendwelche Differenzen mit Tim?« Der Chief beugt sich näher zu mir. Er versucht, nett zu sein, väterlich.
»Nein, Norman, ich habe dir bereits gesagt, dass zwischen Tim und mir alles in Ordnung ist.« Ich verschränke die Arme und schüttele den Kopf. »Ehrlich gesagt hat er mich sogar eingeladen, die Frühjahrsferien gemeinsam mit ihnen zu verbringen.«
»Und Sie haben abgelehnt«, sagt Swain. Es ist keine Frage.
»Ich habe abgelehnt«, erwidere ich.
»War er darüber wütend?«,
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