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Bis Zum Letzten Tropfen

Bis Zum Letzten Tropfen

Titel: Bis Zum Letzten Tropfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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Du weißt schon, die Sache mit dem Wald und den Bäumen. Trotzdem, das ist selbst für mich nur schwer zu schlucken, Mann. Erzähl mir, wieso ich dir vertrauen sollte. Jetzt mal rein hypothetisch, nur zum Spaß. Du weißt, ich bin ein großer Freund theoretischer Diskussionen.
    Ich grinse.
    – Scheiße, Terry. Wer hat was von Vertrauen gesagt?
    Er streckt den Zeigefinger aus, als wäre er ein Kavalleriesäbel.
    – Touché.
    Ich höre auf zu grinsen.
    – Aber du hast was ziemlich Wichtiges übersehen, Mann. Für jemanden, der immer das Gesamtbild im Auge behält, hast du was ganz Zentrales nicht mitbekommen.
    – Bitte, Joe. Klär mich auf.
    Ich deute auf die Tür.
    – Terry, was zur Hölle hab ich wohl hier zu suchen?
    Er legt den Kopf schief.
    Ich deute auf ihn.
    – Komisch, oder? Warum sollte ich ausgerechnet in dieser Gegend auftauchen? Hältst du mich wirklich für so blöd? Glaubst du, ich hab Selbstmordabsichten?
    Er legt die Fingerspitzen erst an die Schläfen und dann an die Lippen.
    – Okay, ja, ich kann dir folgen. Weiter.
    – Es gibt nur einen einzigen Grund, aus dem ich hier bin, Terry.
    Ich deute nach Norden.
    – Die Bronx ist beschissen. Da gibt’s keine Infrastruktur für Leute wie uns. Himmel, da gibt’s überhaupt keine Struktur. Nur Rumtreiber, die höchstens ein paar Monate durchhalten, bevor sie draufgehen. Sie nehmen alles, was sie kriegen können, bevor sie ausbrennen. Da drüben sterben sie wie die Fliegen. Klar, ich hab immer drauf geachtet, so unabhängig wie möglich zu bleiben. Wie es aussieht, hatte ich keine Ahnung, wie sehr die Clans ein Leben wie meines überhaupt erst ermöglicht haben. Offensichtlich wusste ich nicht, wie gut ich’s hier hatte.
    Ich erhebe mich.
    – Ich will zurück. Zurück in die Scheißzivilisation, Mann. Du fragst dich, wieso ich das Mädchen überzeugen will, dass sie dir haufenweise Kohle rüberschiebt? Wieso ich mich freiwillig stelle? Genau deshalb, Mann. Ich hab’s satt, bei den Wilden zu leben. Okay, es wird nicht einfach werden, meinen Ruf wieder einigermaßen herzustellen, aber alles ist besser, als da oben festzusitzen.
    Ich baue mich mitten im Zimmer auf.
    – Ich will nach Hause, Mann. So wie früher wird’s nicht mehr werden, das ist mir klar. Das geht nicht. Trotzdem will ich wieder nach Manhattan. Steck mich in irgendeine finstere Ecke, weitab vom Schuss, mir egal. Ich will zurück, Mann. Mehr nicht. Das ist alles.
    Ich atme tief aus, lasse alle Luft aus den Lungen.
    Terry sieht mich vom Boden aus an und berührt die Nasenspitze.
    – Joe, ich will nicht leugnen, dass ich eine kleine Schwäche für anrührende Geschichten habe. Der verlorene Sohn und so weiter.
    Er zieht die Beine an, richtet sich auf und stellt sich vor mich.
    – Aber deshalb bin ich noch lange nicht schwachsinnig.
    Ich schaue ihm in die Augen.
    – Das weiß ich.
    – Natürlich. Also, Karten auf den Tisch.
    Er tut so, als hielte er ein Pokerblatt in der Hand.
    – Wir brauchen das Geld. Aber Verhandlungen mit dem Mädchen wären schlecht fürs Image. Du könntest das Geld besorgen.
    Er tut so, als würde er die Karten auf den Tisch legen.
    – Und du willst wieder zurück.
    Er schiebt sich eine Haarsträhne hinters Ohr.
    – Ich kauf dir dein Gejammer nicht ab, von wegen nach Hause kommen und so. Aber ich glaub dir, dass du wieder zurück willst.
    Er mustert mich durchdringend.
    – Aber weshalb, hä? Was gibt’s hier, das dich so interessiert? Deine alte Nachbarschaft wird’s kaum sein. Hast du noch eine Rechnung offen? Diese eine alte Geschichte?
    Ich halte seinem Blick stand.
    – Wie gesagt, Terry. Ich will nur aus diesem Dschungel raus.
    – Okay, okay, cool. Dann eben auf die Tour. Aber ich sag dir eins: Wenn’s dir um Rache geht, dann sei vorsichtig, mit wem du dich anlegst. Du hast deinen Kredit hier verspielt. Geh und hol das Geld, dann sehen wir weiter. Dann such ich ein Plätzchen für dich. Aber das wird eine sehr finstere und sehr ruhige Ecke sein und auch bleiben, verstanden?
    – Ich will nur eine zweite Chance.
    Plötzlich wirkt er müde.
    – Hmm, wenn du irgendwo eine kriegst, sag mir Bescheid. Dann besorg ich mir auch eine.
    Ich lächle.
    – Okay, wenn sie irgendwo ein paar im Angebot haben, bring ich dir eine mit.
    Dann höre ich wieder auf zu lächeln.
    – Bei zweiter Chance fällt mir zweite Geige ein, Terry. Wie kommt’s, dass du plötzlich politische Entscheidungen triffst, ohne vorher Lydia zu fragen?
    Jetzt sieht er noch müder

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