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Bis Zum Letzten Tropfen

Bis Zum Letzten Tropfen

Titel: Bis Zum Letzten Tropfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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Zellen haben keinen Plan mehr und ticken völlig aus.
    Sie lässt Wasser über ihre Hände laufen, um das Blut aus dem Handtuch zu waschen.
    – Alle diese Zellen waren mal kleine Babystammzellen . Ohne Ausnahme. Sie hatten das Potenzial, sich zu allem Möglichen zu entwickeln.
    Sie stellt das Wasser ab.
    – Wie die Babys, die du in den Brutkästen gesehen hast.
    Sie blinzelt.
    – Ich will ja nicht behaupten, dass sie genau wissen, was sie da tun. Aber wenn die großen Tiere in der Koalition ganz wild auf Nabelschnurblut sind, dann muss es auch richtig, richtig gut sein. Oder?
    Sie leckt sich über die Lippen und runzelt die Stirn.
    – Die Reichen haben nämlich die Angewohnheit, das Beste für sich zu behalten. Glaub mir, ich weiß das.
    Sie schluckt.
    – Wenn ihnen dieses Blut also so gut schmeckt, wenn es ihnen so guttut, hat es möglicherweise was mit den vielen Stammzellen zu tun.
    Sie versucht zu lächeln und versagt jämmerlich.
    – So viele Babys.
    Sie hebt eine Hand.
    – Entschuldigung.
    Dann übergibt sie sich ins Waschbecken.
     
    Ich beobachte, wie sie sich den Mund ausspült und ausspuckt.
    – Sorry. Das ist alles so eklig, oder?
    Sie spritzt sich Wasser ins Gesicht und wischt es mit einem Hemdzipfel ab.
    – Oder...
    Sie hält sich weiter das Hemd vors Gesicht.
    – ... oder...
    Als sie es wieder wegnimmt, lächelt sie gequält und weint.
    – ... oder ich bin doch nicht so hart, wie ich dachte.
    Ich nehme einen Schluck.
    – Hier.
    Ich halte ihr die Flasche hin.
    – Dann musst du eben härter werden.
     
    Ich stehe hinter ihr und starre auf einen der Monitore.
    Sie tippt auf der Tastatur. Ihre Tränen sind getrocknet.
    – Ist das angemessen?
    Ich zucke mit den Achseln.
    – Angemessen ist es wohl nicht. Aber genug.
    Sie drückt auf die Enter-Taste.
    – Soll ich’s dir aufschreiben?
    – Ich kann’s mir merken.
    Sie blickt zu mir auf.
    – Natürlich. Wie könntest du das auch vergessen?
    – Genau. Wie könnte ich das vergessen.
    Sie starrt auf ihren Schreibtisch und schiebt ein paar Blätter hin und her.
    – Scheiße.
    Ich schaue auf die Uhr.
    – Ja, Scheiße.
    Dann hole ich meine Jacke.
    – Schätze, du hast noch viel zu tun.
    Sie hebt ein paar Papierbögen auf, blättert sie durch, wirft sie in den Aktenvernichter und lauscht seinem Brummen.
    – Klar, ich hab ganz neue Prioritäten. Auch wenn ich das Heilmittel noch nicht aufgegeben habe.
    Sie sieht zu Boden und denkt an die Leute, die in den Stockwerken darunter hausen.
    – Jedenfalls müssen wir jetzt ziemlich aufpassen, wen wir aufnehmen.
    Ich schlüpfe in meine Jacke.
    – Ihr solltet euch Waffen zulegen.
    Sie sieht mich an.
    – Ja. Wir brauchen jede Menge davon.
    Sie umrundet den Schreibtisch und begleitet mich zur Tür.
    – Danke, dass du Sela hier rausgeschafft hast, bevor du’s mir erzählt hast. Du hattest Recht. Sie wäre ausgeflippt. Sela ist voll moralisch. Und da kommst ausgerechnet du mit so einer Geschichte an. Sie hätte, na ja, sie hätte einen Sündenbock gebraucht. Wahrscheinlich hätte sie dich kaltgemacht, weil du nicht versucht hast, diese ganzen Leute zu retten oder so. Und das wäre echt Scheiße gewesen.
    Ich öffne die Tür und verlasse den Raum.
    Sie packt mich am Jackenzipfel.
    – Es ist nicht deine Schuld, Joe. Wie hättest du sie denn ganz alleine befreien sollen?
    Ich reiße mich los.
    – Ich hab nicht mal im Traum dran gedacht, es zu versuchen.
     
    Spekulation.
    Alles reine Spekulation. Wo es angefangen hat und wann. Wahrscheinlich geht es schon ewig so. Auf jeden Fall ziemlich lange, da braucht man sich nichts vorzumachen. Du weißt, wo sie herkommen, hat Menace gesagt. Und er hat Recht. Ich weiß, wo sie herkommen. Aus diesem Loch im Boden. Wahrscheinlich hat ihnen niemand Nadeln ins Hirn stechen brauchen, um sie stumpfsinnig und folgsam zu machen. Wahrscheinlich wurden sie so geboren. Sie wurden in einem Loch geboren, leben in einem Loch, lassen ihr Blut in einem Loch, sterben in einem Loch. Und wenn sie tot sind, werden ihre Knochen wahrscheinlich zusammen mit dem Kies zerkleinert und zu Zement verarbeitet.
    Sieh dir diese Stadt an. Sieh dir deine Stadt an. Der Gehweg unter deinen Füßen. Die Fundamente der Gebäude.
    Du gehst auf ihren Knochen. Du lebst in ihren Skeletten.
    Und das ist die ganze Geschichte.
    Wahrscheinlich ist es nicht zu ändern.
    Das Leben geht weiter und kümmert sich nicht groß drum.
    So stelle ich mir das jedenfalls vor. Ich verlasse Amandas Haus durch den

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