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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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arrogante Freiherr v. Holzhausen, der ein halbdutzend winziger Kleinstaaten vertrat, unverschämt werden wollte. Er äußerte sich zum Württemberger Reinhard: »Diese halbwendischen Junker von jenseits der Elbe müssen geduckt werden. Ich betrachte diesen Adel als apokryph. Unsereins hat anderen Stammbaum.« Von uraltem Frankfurter Patriziergeschlecht, sehr begütert, schwelgte der gute Mann in verblichenen Traditionen des Heiligen Römischen Reiches und fühlte sich als »reichsunmittelbar«. Österreich hatte ihm den Titel eines »Geheimrats« zu verschaffen gewußt und ihn dekoriert, hing aber den Brotkorb hoher Orden etwas höher mit der Aussicht einer weiteren Erhöhung zu österreichischem Grafentitel, wenn er sich besonders willfährig und preußenfeindlich erweise. Was er denn auch tat, und zwar skrupellos auf eigene Faust, ohne Instruktionen der Höfe abzuwarten, für die man ihn akkreditiert hatte.
    »Aber der Bismarck soll doch so scharf auf Adelsrechte sein,bei unserer eigenen Sache gegen renitente Landstände hat er in Preußen gebremst«, wandte der Vertreter Kurhessens ein, Herr v. Trodt, der äußerlich mehr einen derben Nimrod als einen Diplomaten herausbiß. Er kam so selten als möglich zu Sitzungen, wo er die einfachste Aufgabe hatte: immer für Österreich zu stimmen, das seine »Instruktionen« in Kassel diktierte. »Und persönlich mag ich ihn wohl leiden, ist ein flotter, netter Kerl, der von der Jagd viel versteht.«
    »Ach, lassen Sie mich mit dieser Flottheit zufrieden! Sind das die Manieren eines Staatsvertreters? Doch wie der Herr, so der Knecht. Das ganze Preußen ist nur revolutinäre Usurpation. Hat man je gehört, daß im glorreichen Heiligen Römischen Reich der Markgraf von Brandenburg eine Hauptperson spielte? Wem als der Gnade unserer erhabenen Habsburger Kaiser verdankt denn Preußen den Königstitel? Zum Dank wofür der böse Fritz den Landfrieden brach und tückisches Faustrecht gegen seine gnädigste Kaiserin Maria Theresia brauchte.«
    »Nur zu wahr«, stimmte der Württemberger bei. Denn daß die süddeutschen Könige und Großherzöge aus Napoleons Rheinbund stammten, war natürlich eine gesündere Titelherkunft. »Ich wittere in diesem Bismarck den Geist der Usurpation und etwas entschieden Revolutionäres. Ich höre immer ›konservativ‹, doch jede Äußerung des Mannes hat für mich einen geradezu demokratischen Beigeschmack.«
    »Daß er selbst bei sich zu Hause nichts gilt,« betonte Holzhausen gewichtig, »dafür haben wir den Beweis vor Augen. Ich wollte meinen Augen nicht trauen, als ich ihn in Staatsuniform sah. Keine Orden oder so gut wie keine. Es ist ein Affront, solche verdienstlosen Leute in unsere illustre Versammlung zu schicken.« Er blies sich auf. »Ein hoher Orden gehört zur Anstandstoilette eines Gesandten. Ich käme mir vor, als ob ich nackt in einem Salon spazierte.«
    Das nächste Mal, als Otto das diplomatische Nuditätenkabinett mit geziemender Ordensbebeckung vor sich hatte, raunte Holzhausen seiner Clique zu: »Jetzt werd' ich die Großmacht koramieren.« Indem er die Rettungsmedaille auf Ottos breiter Brust süffisant anstarrte, fragte er näselnd: »Pardon, was tragen Sie denn da für eine extraordinäre Dekoration? Die hab' ich noch nie gesehen.«
    »Das glaub' ich gern. Ich habe manchmal die Gewohnheit, einen Menschen zu retten!« erläuterte jener mit liebenswürdigem Lächeln, doch einem so kalten Blitz der Augen, daß Holzhausen zusammenknickte und verstummte. Als er nachher spottete: »Dekoriert wie ein Feuerwehrmann!« fand er wenig Beifall. Im allgemeinen überwog das Urteil, der Preuße sei eine brave, ehrliche Haut, obschon kein großes Licht. – –
    »Nicht wahr, der hohe Bundestag gleicht unserem Londoner Kanzleigerichtshof?« fragte Lady Cowley mit feinem Lächeln.
    »Inwiefern? Verstehe ich die liebenswürdige Malice? Sie meinen Aufschub, Verschleppung, Zeitverlust! Die Welt ist schlecht und liebt das Strahlende zu schwärzen.« Bismarck zuckte gleichmütig die Achseln. »Zu guter Letzt haben wir doch Delegierte zur Londoner Konferenz ernannt, um zu zeigen, daß wir existieren.«
    »Nicht wahr, den Grafen Beust und Baron v. d. Pforten? Aber Lord Cowley sagt,« sie sprach nach englischer Sitte von ihrem Mann in der dritten Person, »die Großstaaten Österreich und Preußen würden allein ihre Wege gehen und auf eigene Faust Verträge schließen, ohne sie dem Bundestag zu unterbreiten. Wird das nicht böses Blut

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