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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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hohe Herr mir gegenüber noch voriges Jahr ganz anders.«
    Der Prinz lächelte etwas verlegen. »Eigentlich dürfte ich Ihnen nicht danken, denn im System stehe ich ja auf Englands Seite. Doch Sie haben recht, durch Drohungen uns übertölpeln wollen, das muß abgelehnt werden, und die Versprechungen schmecken auch manchmal zu gesalzen. Kennen Sie die Affäre Bunsen?«
    »Oberflächlich«, bekannte Otto vorsichtig. »Er ist erledigt, nicht wahr? Auf Reisen verschickt, und sein Urlaub dürfte ein dauernder sein.«
    »So ist's. So sehr der König Bunsen liebt, dies ging ihm doch wider den Strich, daß ein Gesandter, auf die Gnade seines Herrn pochend, selbständige Abmachungen trifft. Die Sache spielt ja lange zurück ins vorige Jahr hinüber, und es wuchs das nötige Gras, doch der Vorschlag könnte sich wiederholen. Man bietet uns die Elbherzogtümer, die wir natürlich erst erobern müßten und wozu die andern wohl auch nicht ohne weiteres Ja und Amen sagen würden.«
    »Sehr verfrüht!« entschlüpfte es Otto. Der Prinz sah ihn bedenklich an, nicht mit Mißtrauen, sondern mit einem gewissen Ahnungsgefühl:
    »Verfrüht? Also Sie denken auch daran? Nun, wie dem sei, die Bedingungen, die Bunsens Denkschrift übermittelte, waren unannehmbar, unsinnig. Herstellung Polens, Österreichs Expansion bis in die Krim, endlich – last, not least – Einsetzung der koburgischen Linie ins sächsische Königtum, was doch auch nur mit Waffengewalt und nicht ohne Einspruch des Bundestags geschehen könnte. Wie nennen Sie das?«
    »Mischung von Unverschämtheit mit Unwissenheit und Phantasterei«, erwiderte Otto kühl. »Und das schönste ist, daß Bunsen nicht mal amtlich von England und erst recht nicht von unserer Regierung ermächtigt war, sich wechselseitig mit diesem Handel einverstanden zu erklären. Die englischen Staatsmänner erklären nachher jede mündliche Abmachung für ein Mißverständnis, sobald der Hase anders läuft, und haben wahrscheinlich den armen Bunsen gründlich hineingelegt. Ich fürchte, in London werden noch andere deutsche Gesandte das nämliche erleben bis ans Ende aller Tage, falls nicht mal England selber einen gründlichen Klaps erhält.«
    »Sie sind ein Englandhasser.« Der Prinz runzelte die Stirn. »Das ist eben die Differenz, weshalb meine Gemahlin gegen Sie eingenommen ist. Sie kennen meine Freundschaft für den Zarewitsch, aber Sie sind uns eben zu russisch.«
    »Ich erlaubte mir schon mehrmals zu betonen,« erwiderte Otto mit ehrerbietiger Festigkeit, »daß ich höchstens zu deutsch bin. Früher hieß ich der Wiener, der landesverräterisch paprizierte Backhändl liebt, heut soll ich nach Juchten riechen als Spreekosake. Nächstens wird man verbreiten, daß ich nach dem neuesten Pariser Parfüm der Rue de Rivoli dufte. Ich habe aber nicht das geringste Talent für Thuguts und Cobenzls der alten Schule, die von einer Zehe auf die andere hüpften und sich dabei die Beine brachen. Nur mag ich nicht bloß auf einem Beine stehen wie ein stelzbeiniger Marabustorch, sondern mir freie Bewegung beider Füße vorbehalten. Ich bin kein Englandhasser und Rußlandliebhaber, und eine Buhlschaft mit Frankreich möchte ich auch nicht treiben, falls es nicht notwendig wird.«
    »Ah, ah!« Der Prinz horchte hoch auf. »Also grundsätzliche Abneigung gegen die Westmächte liegt Ihnen fern? Nun, Sie werden beim König als Schiedsmann fungieren zwischen zwei widerstreitenden Parteien. Ich beschwöre Sie, lassen Sie ein wohlverstandenes Wohlwollen für Rußland den Ausschlag geben.«
    »Was sollte ich denn tun?«
    »Rußland Frieden aufnötigen, sonst geht es zugrunde. All seine magnifiquen Truppen würden nicht die Walstatt bedecken, darunter Freunde von uns, wenn wir rechtzeitig durch unsern Beitritt zum übrigen Europa den Zaren zum Beigeben forciert hätten. Wir müssen ihn salvieren auch gegen sa propre volonté . Gott selber weist uns diese schöne Aufgabe zu.«
    »Ich zweifle, daß unser Herrgott mit günstigem Auge auf Kriegschaut, für die man nicht mal einen Vorwand hat. Welchen Kriegsgrund haben wir? Liebedienerei für Österreich und die Westmächte, gemischt mit Furcht. Wenn wir ohne jede Provozierung unsern alten Freund und Nachbar anfallen, so wird er ewig an Revanche denken, und die falschen Freunde ließen uns dann im Stich. Ferner: wie denkt man die polnische Frage zu lesen ohne Benachteiligung Preußens? Die edeln Polen sollte man doch kennen, die verlangen Posen und womöglich noch Danzig

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