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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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derjenigen seines angeblichen Onkels, mit dessen wunderbarem Antlitz er auch nicht die entfernteste Ähnlichkeit aufwies, nur daß bei Louis ein schmutziges Gelb den gelblichen Marmor der korsischen Cäsarenbüste ersetzte.
    Als er Otto huldvoll anlächelte, schoß dabei unvermutet ein kurzer Blick zwischen seinen verschleierten Lidern hervor, forschend, prüfend und gleichsam stechend, so daß es den Germanen kalt überrieselte, als trete er unversehens auf eine Klapperschlange. Doch die Lider schlossen sich wieder, und der schon mächtigste Mann in Europa lispelte mit sanfter, obschon etwas belegter Stimme:
    »Seien Sie uns willkommen in Paris, Monsieur de Bismarck. Schon oft hörten wir von Ihnen durch unsere Gesandten. Sie bilden einen bedeutenden Faktor in den Angelegenheiten Ihres so interessanten Staates. Ein Mann von Ihrem Verdienst sollte einen weiteren Spielraum haben.«
    »Eure Kaiserliche Majestät sind zu gnädig. Doch mir scheint, jeder hat nur einen ihm passenden Raum: den Punkt, wo sein Vaterland ihn hinstellt.«
    »Gut gesagt! Und welch glänzendes Französisch! Man könnte Sie einen Pariser nennen, gar kein fremder Akzent. Ah, Sie müssen sich tief in französisches Wesen versenkt haben.«
    »Soweit dies einem Deutschen möglich ist.« Wenn du wüßtest, wie tief, Monseigneur le Diable! »Wie ich höre, beherrschen Sie, Sire, wunderbar die deutsche Sprache. In meiner beschränkten Sphäre ist gutes Französisch de rigeur , für einen großen Monarchen aber die volle Kenntnis einer Fremdsprache ein seltenes Gut von höchster Bedeutung.«
    »Wieder gut gesagt!« Louis lächelte geschmeichelt, bei ehrlichem Lächeln oder Schwermut bekam sein wenig anziehendes Gesicht, das seine Feinde sonst wohl spitzbubenhaft nannten, einen merkwürdig gutmütigen Ausdruck, der gar nicht zu seiner Art paßte. »Mein Gott, ich bin in Arenenberg erzogen, ein halberDeutschschweizer. Von jeher bewunderte ich die Tiefe des deutschen Geistes. Ein biederes hochbegabtes Volk, nur etwas träumerisch.«
    »Ach, Sie machen so gute Musik!« flocht die Kaiserin ein, um etwas zu sagen. Ihr holdseliges Lächeln verriet, daß ihr Sultan ihr befahl, äußerst gnädig zu sein. »Wir hatten hier neulich eine Oper von Mozart, dem Berliner Hofkomponisten unter Friedrich dem Großen. Himmlisch! Und welch große Musik, die von Meyerbeer, der hier unter uns lebt! Kennen Sie die Libretti von Monsieur Scribe dazu?«
    »Gewiß, Majestät. Dieser Herr ist wirklich ein geborener Berliner, und man gibt seine Opern viel bei uns.«
    »Wie interessant! Die Deutschen sind so unterrichtete Leute. Man sagt, sie wissen alles.« Diese gutmütige Herablassung sollte natürlich bedeuten, sie sind große Kindsköpfe, die nur das Nötige nicht wissen, nämlich, wie man in der Welt fortkommt. »Ihre Frau Königin bezieht sicher ihre Toiletten aus Paris?«
    »Zu Befehl, Majestät. Welche deutsche Frau täte das nicht!«
    »Das ist hübsch. Ja. der Pariser Geschmack!«
    Der Kaiser zupfte sie am Arm, das Gespräch überstieg schon die herkömmliche Dauer. »Darf ich mich nach dem Befinden Seiner Majestät, Ihres erlauchten Souveräns, erkundigen? Er ist oft unpäßlich, nicht?« Wieder ein leichter Schlangenblick. Er hatte offenbar von allerlei Gerüchten gehört. »Übermitteln Sie meinem Herrn Bruder die herzlichsten Wünsche für seine Gesundheit und die ganze königliche Familie! Mein Herr Gesandter, wir hoffen Sie bei uns wiederzusehen, sobald Sie Paris ein andermal mit Ihrer Gegenwart beehren. Ich fühle, Sie werden als Staatsmann uns Franzosen ein teurer Freund werden.«
    O ich wünschte, euch verdammt teuer zu werden! dachte Otto, indem er sich tief verneigte, da im Französischen und Englischen genau wie im Deutschen der Doppelsinn des Wortes besteht, Hatzfeld strahlte nachher vor Vergnügen: »Das war ein überaus gnädiger Empfang. Welch ein großer genialer Herrscher! Er hat seinesgleichen nicht. Und uns Preußen so wohlgesinnt! Ich werde nach Berlin berichten über dies Zeichen kaiserlicher Freundschaft.«
    Otto sah ihn mitleidig über die Schulter an. Offenbar glaubte Louis, der lange Preuße sei in irgendeiner besonderen Mission hier. Und solange Sebastopol soviel Geld und Menschen fraß, mußte man Preußen kajolieren. Die wahre französische Liebe würde man wohl später beim Frieden schmecken, eine Liebe zum Auffressen.
    Bei dem folgenden riesigen Souper ging es merkwürdig zu. Schon unter dem sogenannten Bürgerkönig Louis Philipp bürgerte

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